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Köln: Prozess wegen Kindesmissbrauch – Geistliche sagen aus


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Missbrauchsprozess gegen Pfarrer
Geistlicher als Zeuge: "Nicht über einen Mitbruder herziehen"


12.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Der katholische Priester (Mitte) hält sich im Gerichtssaal eine Mappe vor das Gesicht: Die Anklage wirft ihm unter anderem schweren sexuellen Kindesmissbrauch vor.Vergrößern des Bildes
Der katholische Priester (Mitte) hält sich im Gerichtssaal eine Mappe vor das Gesicht: Die Anklage wirft ihm unter anderem schweren sexuellen Kindesmissbrauch vor. (Quelle: Federico Gambarini/dpa)
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Einem katholischer Priester wird vor dem Kölner Landgericht der Prozess wegen Kindesmissbrauchs gemacht. Über Jahrzehnte soll er sich an Mädchen vergangen haben. Jetzt sagten zwei Geistliche aus – mit äußerst unterschiedlichen Ansichten.

Seit November ist ein katholischer Pfarrer vor dem Landgericht Köln angeklagt. Er soll mehrere Mädchen missbraucht haben – insgesamt listet die Staatsanwaltschaft 33 Fälle auf. Am Dienstag sagten zwei Männer als Zeugen zu den mutmaßlichen Taten im Pfarrhaus aus, die jahrelang niemand mitbekommen haben will. Einer der Geistlichen lebte zeitweise mit ihm unter einem Dach.

Zunächst sprach vor der zweiten Großen Strafkammer ein 77-jähriger Priester aus Bonn, der den Angeklagten 1979 und 1980 beherbergt hatte, während dieser in Alfter in Nordrhein-Westfalen sein Diakonat abgeleistet hatte.

Der Angeklagte habe eine Dachgeschosswohnung im Pfarrhaus gehabt, in der zeitweise auch seine beiden Pflegekinder über längere Zeiträume hinweg übernachtet hätten. Über die Zimmeraufteilung könne er aber nichts sagen, so der Zeuge, da seine Wohnung im Stockwerk darunter gelegen habe.

Darum geht es: In der Anklage wirft die Staatsanwaltschaft dem 70-jährigen Priester vor, dass er zwischen 1993 und 1999 seine damals zwischen sieben und 13 Jahre alten Nichten sexuell missbraucht haben soll, 2011 soll er ein weiteres Mädchen missbraucht haben. Insgesamt geht es um 33 Fälle, drei davon werden als schwer eingestuft, "weil es zum Beischlaf oder beischlafähnlichen Handlungen gekommen sein soll". Im Laufe des Prozesses sind inzwischen weitere Fälle möglicher Opfer bekannt geworden.

Prozess in Köln: "Man kann als Priester keine Kinder mit ins Haus nehmen"

Hinsichtlich der Vorwürfe sagte der 77-jährige Zeuge: "Es ist nicht meine Aufgabe, etwas zu beurteilen. Ich habe was dagegen, wenn ein Mitbruder über einen anderen herzieht".

Klare Position bezog hingegen der Zülpicher Kreisdechant – etwa, als der Vorsitzende Richter Christoph Kaufmann ihn darauf ansprach, ob er davon wisse, das in einer früheren Gemeinde des Angeklagten Mädchen im Pfarrhaus übernachtet haben sollen. "Ich habe nie davon gehört, aber es wäre ein absolutes No-Go. Man kann als Priester keine Kinder mit ins Haus nehmen, schon gar nicht Mädchen", so der 50-Jährige. Nach seiner Einschätzung sei das auch 1990 oder 2000 nicht anders gewesen.

Leben im Pfarrhaus: Zwei Männer, zwei Kinder

Die Vorwürfe, die im Prozess zur Rede stehen, bezogen sich zunächst überwiegend auf die 1990er Jahre. Seit Verfahrensbeginn haben sich jedoch weitere mutmaßliche Opfer gemeldet, die eventuell auch deutlich früher oder in der jüngeren Vergangenheit Opfer von Kindesmissbrauch geworden sein könnten.

Gegenstand des Verfahrens ist inzwischen unter anderem das Verhältnis des Angeklagten zu seiner Pflegetochter. Schon, dass der Priester überhaupt zwei Pflegekinder hatte, gilt als Ausnahme: Er habe niemals davor oder danach von einem vergleichbaren Fall gehört, berichtete der erste Zeuge.

Trotz der ungewöhnlichen Wohnkonstellation könne er sich aber weder an Gespräche über die Situation der Pflegekinder noch sonstige Details zum Zusammenleben im Pfarrhaus erinnern: "Dazu kann ich beim besten Willen nichts sagen", war wohl der Satz, den man an diesem Vormittag von ihm am häufigsten hörte.

Priester: "Sorgerecht für meine beiden Kinder"

Auch schriftliche Unterlagen, aus denen Richter Kaufmann zitierte, halfen seinem Gedächtnis nicht auf die Sprünge. Aus ihnen geht hervor, dass der Angeklagte offen darum kämpfte, mit den beiden Kindern zusammenleben zu können und sich unter anderem 1980 an den damaligen Kölner Erzbischof Joseph Höffner wandte: "Danke für die schnelle Antwort, die ich auf mein Ersuchen um das Sorgerecht für meine beiden Kinder erhalten habe", schrieb er 1980.

Vor dem Hintergrund der vielen Präventionskurse, die es heute zur Missbrauchsthematik gebe, würde man die Situation vielleicht anders einordnen, so der 77-jährige Bonner. Damals habe er sich allerdings nur gefragt, ob der Angeklagte zeitlich in der Lage sein würde, sich um seine Aufgabe als Priester und um die Betreuung von zwei Kindern zu kümmern. Nur deswegen habe er in die Beurteilung seines Diakons geschrieben: Auf die Einstellung einer Haushälterin "sollte unbedingt gedrängt werden", wenn dieser auch als Kaplan die Kinder im eigenen Haushalt habe.

Kreisdechant fassungslos über Informationsmangel

Mit einem zeitlichen Sprung von fast vier Jahrzehnten ging es weiter: Der Zülpicher Kreisdechant berichtete, den Angeklagten 2016 kennengelernt zu haben, als dieser ein leerstehendes Pfarrhaus in Zülpich kaufte.

Dass zu diesem Zeitpunkt bereits Missbrauchsvorwürfe laut geworden waren, nachdem es 2010 eine anonyme Anzeige gegeben hatte, sei ihm unbekannt gewesen. "Eine Antwort auf die Frage, warum man mich nicht informiert hat, habe ich noch nicht gefunden. Ich hätte ihn ja ohne Weiteres auch in der Jugendseelsorge eingesetzt", so der 50-Jährige.

"Was wäre, wenn auch in Zülpich etwas passiert wäre? Wir haben gehört, es soll auch dort Übernachtungen gegeben haben", hielt Richter Kaufmann dem Zeugen vor. "Das höre ich zum ersten Mal. Das wäre schrecklich. Das wäre schon sehr belastend", antwortete dieser – sichtlich angefasst.

Als er von den Vorwürfen erfahren habe, sei er schockiert gewesen und habe das Gespräch gesucht. Der Angeklagte habe sich als "Bauernopfer" dargestellt und gesagt, die mutmaßlichen Missbrauchsopfer verfolgten mit ihren Aussagen finanzielle Interessen. Dem Kreisdechanten zufolge soll der Angeklagte so auch noch argumentiert haben, als eine Frau aus der Gemeinde ihm in der Weihnachtzeit Plätzchen brachte. Das Verfahren lief da bereits seit Wochen und hatte mehrere Personen veranlasst, sich auch als Betroffene zu melden.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Verhandlung am 11. Januar 2021
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