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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Auftraglos im Corona-Lockdown Kölner Stadtführer erinnern mit "Frustputz" an ihre prekäre Situation
Mit Humor und Ernsthaftigkeit trotzen die Kölner Stadtführer der auftragslosen Zeit im coronabedingten Lockdown: Dabei leisteten sie einen Dienst für die Stadt.
Um ihre schwierige Wirtschaftslage zu veranschaulichen und gleichzeitig das Entree zur City sauber zu halten, organisierte der Verein der Kölner Stadtführer e.V. den "1. Kölner Frustputz" als "Promenadenwischung". 25 Teilnehmende betätigten sich bei widrigen Wetterbedingungen zwischen Machabäerstraße und Zoobrücke als gemeinnützige Müllbeseitiger sowie Botschafter in eigener Sache. Der Premiere soll möglichst bald eine Fortsetzung folgen.
Vorbereitung auf die Ankunft der Gäste
"Ich denke nicht daran, mich hängen zu lassen. Gerade in diesen schwierigen Zeiten muss man aktiv bleiben. Wir alle wollen so bald wie möglich wieder unserem Beruf nachgehen und hier an den Anlegestellen die Gäste begrüßen. Also bereiten wir uns auf die Ankunft vor, indem wir sauber machen und gleichzeitig daran erinnern, dass es uns gibt", sagt Viegener selbstbewusst. Die 54-Jährige macht keinen Hehl daraus, dass ihr Job auch gleichzeitig ihr Traumberuf ist, dem sie bald wieder nachgehen möchte.
"Wir haben uns überlegt, welche Aktion zugleich sinnvoll und aufsehenerregend ist und sind schnell auf die regelmäßig mit Müll bestückten Wege sowie Uferstellen gekommen, die ja eigentlich das Entree vom Wasser in die Stadt darstellen. Die Touristen wundern sich oftmals, dass sie anstatt Sehenswürdigkeiten ein verschmutztes, schlecht riechendes Terrain vorfinden. Das kann uns natürlich nicht egal sein, und deswegen machen wir etwas dagegen. Wir mögen zwar als Fremdenführer arbeitslos sein, jedoch nicht taten- oder hoffnungslos", so die Wahlkölnerin im Gespräch mit t-online.
Sonst etwa 300 Führungen pro Jahr
Wie viele ihrer Kollegen finanziert sich die langjährige Stadtführerin zurzeit mit anderen Tätigkeiten: "Ich habe noch Glück gehabt. Nachdem die Aufträge ausblieben habe ich 300 Bewerbungen geschrieben und konnte mehrere Arbeitsangebote verzeichnen." Momentan sei sie im Bildungswesen beschäftigt und fühle sich dort auch sehr wohl. Andere hätten es schwerer: "Manche mussten bereits einen Antrag auf Hartz IV stellen, weil sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können", berichtet Viegener, die vor Corona für rund 300 Führungen pro Jahr gebucht wurde.
Auf ihren Hauptauftragsgeber, die KölnTourismus GmbH, ist sie dennoch positiv zu sprechen: "Die unterstützen uns, wo sie nur können. Die heutige Putzaktion wird beispielsweise auf der Seite '#inKöllezehus' beworben. Wir stehen in einem guten Kontakt."
Virtuelle Führungen technisch schwierig zu realisieren
Zudem erfolge ein steter Austausch mit anderen Kommunen. Dort würden vermehrt bereits virtuelle Führungen angeboten. "Das ist jedoch technisch nicht einfach zu realisieren und kann die persönlichen Begegnungen mit den Menschen nicht ersetzen", so Viegener.
Zuversichtlich über eine baldige Wiederaufnahme der Führungen zeigt sich Jürgen Amann von der KölnTourismus GmbH. "Da immer mehr Menschen geimpft sind und es vielfältige Möglichkeiten gibt, Schnelltests durchzuführen, gehen wir davon aus, ab Juni wieder Gäste in Köln begrüßen zu können – natürlich unter Corona-Bedingungen", erklärt der Geschäftsführer.
Die Gesellschaft will zudem eine Neuauflage der letztjährigen kostenlosen Stadtführungen für Kölner realisieren. Die Finanzierung des zweitägigen Projekts erfolgte seinerzeit durch das Unternehmen. "Uns ist die gute Partnerschaft mit den Stadtführern sehr wichtig", betont Amann.
Kölner Stadtführer e.V.
Dem Verein gehören circa 80 Gästeführer an, die zahlreiche Thementouren in verschiedensten Sprachen anbieten. Die Mitglieder sind in der Regel als Solo-Selbstständige tätig.
- Gespräch mit Susanne Viegener
- Auskünfte von Dr. Jürgen Amann, Geschäftsführer KölnTourismus GmbH