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Fastenmonat Ramadan in Köln: "Dieses Jahr vermisse ich die Brüderlichkeit"


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Muslime aus Köln
Ramadan-Tagebuch: "Dieses Jahr vermisse ich die Brüderlichkeit"


30.04.2021Lesedauer: 3 Min.
Der Kölner Ijaz Zafar: Er möchte während des Ramadans in diesem Jahr an seinem Geduldslevel arbeiten.Vergrößern des Bildes
Der Kölner Ijaz Zafar: Er möchte während des Ramadans in diesem Jahr an seinem Geduldslevel arbeiten. (Quelle: Privat)

Während des muslimischen Fastenmonats Ramadan geben Kölner Musliminnen und Muslime Einblick, wie sie diese Zeit erleben. Diesmal: Verwaltungsmitarbeiter Ijaz Zafar.

Einen Monat Verzicht: Bis zum 12. Mai fasten gläubige Muslime – aus Verbundenheit zu Gott, und um Körper und Seele zu reinigen. Wir haben Fastende aus Köln gebeten, uns an ihrem Ramadan teilhaben zu lassen. In Teil fünf erzählt der 31-jährige Verwaltungsmitarbeiter Ijaz Zafar.

Ijaz Zafar: "Eines der Pflichtgebete verrichte ich am Arbeitsplatz"

Mit 13 oder 14 Jahren habe ich angefangen, halbe Tage zu fasten, mit 16 dann ganze Tage, aber dabei habe ich noch Ausnahmen gemacht. Seitdem ich 18 war, habe ich dann im Ramadan regelmäßig komplett gefastet. Damals lebte ich noch an der Mosel, wo ich auch zur Schule gegangen bin.

Von meinen Mitschülern kamen damals ständig die gleichen Fragen, vor allem natürlich: Warum machst du das? Das habe ich aber nie als störend empfunden, im Gegenteil: Ich fand es eine Chance, miteinander ins Gespräch zu kommen. Einige haben sich sogar geschämt, neben mir zu essen oder zu trinken, aber ich habe ihnen gesagt, dass es für mich kein Thema sei. Das muss man als Muslim aushalten können. Es geht ja gerade darum, im Alltag zu fasten – und das gehört dazu.

Während des Fastens die erfolgreichsten Fußballspiele

Dass wir während des Fastens auch nicht trinken, erscheint vielen Außenstehenden ungesund. Aber aus meiner Zeit im Fußballverein, wo ich in meinen 20ern spielte, erinnere ich: Während des Ramadans habe ich die besten Leistungen gebracht und hatte ich die erfolgreichsten Spiele, weil ich im Kopf einfach frisch war!

Eines der Pflichtgebete verrichte ich am Arbeitsplatz während meiner Mittagspause. Das mache ich auch außerhalb des Ramadans so. Ich schließe dann meine Tür und die Zwischentür zum Büro meines Kollegen, meinen Gebetsteppich habe ich auch dabei. Diese Zeit tut mir sehr gut: Wenn ich Stress habe, hilft mir das Gebet, um runterzukommen. Mit meiner Chefin und meinen Kollegen ist das alles abgesprochen, sie gehen sehr offen damit um.

Trotz Pflichtgebeten: Schwangere Frau hat Vorrang

Zu Hause esse ich am Abend gemeinsam mit meiner Frau, die in diesem Jahr nicht fastet, weil sie schwanger ist und in einigen Wochen ein Kind erwartet. Wenn es noch während des Ramadans so weit sein sollte, würde ich natürlich nicht den üblichen Tagesablauf einhalten, sondern wäre der Erste, der sich um sie kümmert und mit ihr ins Krankenhaus fährt! Die Pflichtgebete würde ich dann nachholen.

Was mir in diesem Jahr sehr fehlt, ist das gemeinschaftliche Erleben in der Moschee. Wenn wir dort zusammenkommen, Schulter an Schulter beten und miteinander essen, entsteht eine ganz besondere, brüderliche Atmosphäre und Spiritualität. Diese Brüderlichkeit vermisse ich! Durch die Corona-Regeln fallen jetzt auch private Einladungen für das Fastenbrechen weg. Das ist schade, aber man kann es verkraften – im Ramadan geht es schließlich darum, Verzicht zu üben und andere Prioritäten zu setzen: zum Beispiel Mitgefühl zu empfinden mit denen, die weniger haben.

Schon seit einigen Monaten und auch jetzt im Ramadan unterstützen wir als Ahmadiyya Jugendorganisation mit einem Netzwerk aus mehreren Kölner Vereinen jeden Samstag eine Speisung für Obdachlose am Bahnhof. Wir kochen in unserer Moschee etwas, andere bringen auch Lebensmittel und noch mehr für den täglichen Bedarf mit, das wir dann gemeinsam verteilen.

Ziel für dieses Jahr: mehr Geduld

Ich versuche, während des Fastenmonats Gott näher zu kommen, aber auch mich selbst zu reflektieren. Der Heilige Prophet Muhammad drückt es so aus: "Was bringt das Hungern und Dursten, wenn ihr weiterhin lügt?" Die Persönlichkeitsentwicklung während des Ramadans ist ein ständiger Prozess. Dabei hat man vielleicht in jedem Jahr einen etwas anderen Fokus, aber es kann durchaus vorkommen, dass man sich trotzdem mit gleichen Themen immer wieder auseinandersetzt.

So halte ich mich zum Beispiel schon für recht geduldig, aber in letzter Zeit war ich oft gestresst und habe weniger Geduld an den Tag gelegt. Für diesen Ramadan habe ich mir vorgenommen, genau daran zu arbeiten, um im Alltag mehr Geduld zu zeigen, aber besonders gegenüber meiner Frau: Wegen der Schwangerschaft erleben wir gerade eine aufregende Zeit.

Verwendete Quellen
  • Gesprächsprotokoll: Johanna Tüntsch
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