"Da war sehr viel Blut" Besenstiel auf Kopf zerschlagen – Urteil nach eskaliertem Streit
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ein 26-Jähriger zerschlug auf dem Kopf seines Kontrahenten
Prunkvolle Altbauten, gepflegte Vorgärten und Familien, die lieber ihr Rad als das Auto nehmen: Normalerweise zeigt sich die Eichendorffstraße als bildungsbürgerliches Idyll in Köln-Neuehrenfeld. Doch am 12. Juli 2019 störte ein Vorfall die sommerliche Nachmittagsruhe, der nun vor dem Landgericht verhandelt wurde. Schauplatz des Geschehens war ein Restaurant, in dem zwei Männer eine so heftige Auseinandersetzung hatten, dass einer von ihnen nun wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde.
Dolmetscher sorgt für Unterbrechung
Bevor die Angelegenheit am Dienstag verhandelt werden konnte, musste der Vorsitzende Richter Dr. Achim Hengstenberg allerdings erst einmal gravierende Kommunikationsprobleme lösen. Der Dolmetscher gab die Reden zwischen dem Angeklagten und den übrigen Prozessbeteiligten nur so spärlich wieder, dass Verteidiger Dr. Mario Geuenich von einer "Katastrophe" sprach, Richter Hengstenberg fand: "Das hatte nur noch in Ansätzen Züge einer Gerichtsverhandlung."
Nach einer Unterbrechung wurde der Prozess mit einem anderen Dolmetscher erneut aufgenommen. Grundsätzlich gab der Angeklagte (26) zu, gewalttätig geworden zu sein. Er beteuerte: "Ich habe damit jetzt noch Probleme, weil ich mich zum ersten Mal in meinem Leben geschlagen habe." Wie es zu dem Vorfall kam, wurde jedoch von ihm und seinem Kontrahenten, der als Zeuge auftrat, sehr unterschiedlich geschildert.
Anklage: Lokal für Erpressungsversuch aufgesucht
Die Staatsanwaltschaft warf dem 26-Jährigen vor, dass er das Lokal aufgesucht habe, weil er dort einen Mitarbeiter um Geld erpressen wollte. So schilderte es auch der Zeuge (25). Er gab an, an jenem Nachmittag probehalber in der Küche gearbeitet zu haben. Das Restaurant war zu dieser Tageszeit für Besucher geschlossen. "Plötzlich kam er rein. Ich war erstaunt, wie er reingekommen ist. Er fragte nach meinem Portemonnaie und Handy", so der Zeuge. Beides habe er aber nicht aushändigen wollen: "Ich habe gefragt: 'Warum? Das gehört doch mir!' Da hat er mich mit der Faust auf die Lippe geschlagen."
Zeuge: Besenstiel auf Kopf zerschmettert
Der Angeklagte sei daraufhin in den Raum gegangen, in dem der Zeuge seinen Besitz verwahrte. Er habe diesen verteidigen wollen, sei aber vom Angeklagten "mindestens 30 Mal" geschlagen worden. Unter anderem soll der Eindringling einen Besenstiel ergriffen und ihn mit mehreren Schlägen auf dem Kopf seines Opfers zerschmettert haben. "Ich hatte einen Schädelbruch", übersetzte der Dolmetscher die Aussage des Zeugen, kommentierte aber zugleich: "Ich weiß nicht, ob er das wirklich so meint."
Auf Nachfrage des Vorsitzenden relativierte der Zeuge: "Ob es ein Schädelbruch war, muss ein Arzt sagen. Aber da war sehr viel Blut." Nachdem der Besenstiel zerbrochen war, habe der Angeklagte aus seinem Rucksack ein großes Küchenmesser geholt und damit auf den Bauch des Restaurantmitarbeiters gezielt. Angesichts des vielen Blutes, das bereits überall gewesen sei, habe er dann aber die Flucht ergriffen, ohne zuzustechen.
Angeklagter: Bekannter wurde zuerst handgreiflich
Der Aussage des Angeklagten zufolge stellte sich die Situation völlig anders dar. Er gab an, dass die beiden Männer sich flüchtig vom Fußballspielen kennen würden. Als er am Restaurant vorbeigekommen sei, habe ihn der andere zu einem Teller Reis eingeladen. "Er unterhielt sich mit mir und machte Späße, aber dann beleidigte er mich. Ich habe daraufhin sein Essen weggeworfen und ihn auch beleidigt."
Daraus soll ein Streit entstanden sein, in dem zuerst der Zeuge handgreiflich wurde: Angeblich attackierte er den Angeklagten mit Fäusten und einem Besen, bis dieser selbst den Besen ergriff und aggressiv gegen den Mitarbeiter des Lokals wurde. Dabei sei der Besenstiel auf dessen Kopf "gelandet".
Vor diesem Hintergrund befand die Kammer den Angeklagten am Dienstag für schuldig und verurteilte ihn wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von sechs Monaten, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wird. Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens tragen.
- Eigene Beobachtungen im Prozess