Israelischer Reservist aus Köln "Ich gehe zurück, um zu kämpfen"
Vor einem Monat kam der 25-jährige Israeli Avinoam nach Köln. Nächste Woche fliegt er zurück nach Israel – um dort gegen die Hamas zu kämpfen.
Avinoams Mundwinkel zittern, wenn er von den letzten Tagen spricht. Sein Blick ist müde, er wirkt angestrengt. t-online trifft ihn im Beisein von Felix Schotland, Vorstandsmitglied der Kölner Synagogen-Gemeinde, an einem neutralen Ort. Seinen vollen Namen dürfen wir aus Sicherheitsgründen nicht nennen.
Avinoam ist 25 Jahre alt. Er ist vor einem Monat mit der israelischen Bildungsorganisation "Lavi Olami" nach Köln gekommen, um an einem Austauschprojekt der israelischen und deutschen Regierung teilzunehmen. Nach dem Angriff auf sein Heimatland wird er in wenigen Tagen zurück nach Israel gehen, um dort gegen die Hamas zu kämpfen.
t-online: Avinoam, wie haben Sie von dem Angriff der Hamas erfahren?
Avinoam: Als der Krieg begann, war in Israel gerade jüdischer Feiertag. Da benutzen die meisten jüdischen Menschen auch hier keine Handys und schauen kein Fernsehen. Ich hatte zunächst keine Ahnung, was passiert war. Dann habe ich in der Kölner Synagoge jemanden getroffen, der an diesem Tag dort arbeitete und deshalb auch sein Handy benutzen musste. Er erzählte mir von dem Angriff.
Ganz ehrlich? Ich dachte, er macht Witze. Ich konnte es zuerst nicht glauben. In Israel war ich fünf Jahre lang in der Armee tätig, bis zuletzt als Leutnant, und konnte nicht glauben, was passiert war. Die Schwester meiner Frau lebt ganz in der Nähe der Grenze. Ich habe mir sehr große Sorgen gemacht.
Was war Ihre direkte Reaktion auf die Nachricht?
Ich bin nach Hause gegangen und habe meine Familie angerufen. Glücklicherweise konnte ich sie erreichen. Dann habe ich sofort nach Flügen nach Israel gesucht, aber es gab keine. Ich wollte direkt dort helfen. Schließlich rief ich meine Kommandeure an, und sie sagten mir, dass momentan alles unter Kontrolle sei. Da sie wissen, wie wichtig die Freiwilligenarbeit hier vor Ort ist, sagten sie mir, dass sie mich anrufen werden, wenn sie mich wirklich brauchen, und baten mich, zunächst in Köln zu bleiben.
Es hieß: "Was auch immer Sie tun müssen, machen Sie die Leute vor Ort darauf aufmerksam, was gerade in Israel passiert." Die ersten Tage kümmerte ich mich also um die israelische und jüdische Gemeinschaft in der Umgebung. Die Kölner Synagoge ist momentan voller jüdischstämmiger Menschen, die Trost suchen oder sich informieren wollen.
Jetzt ist die Situation im Land aber wieder eine andere. Israel braucht mehr Soldaten und Offiziere vor Ort. Deshalb gehe ich nächste Woche zurück. Um zu kämpfen.
Sie gehen freiwillig in den Militärdienst. Wie denken Ihre Freunde und Ihre Familie darüber?
Ich kenne mindestens zehn Menschen, die durch den Krieg gestorben sind. Darunter Soldaten, aber auch Zivilisten. Natürlich wäre es einfacher, hierzubleiben, aber ich kann nachts nicht schlafen, wenn ich daran denke, dass ich nicht da bin. Wie jede Mutter hat auch meine Mutter Angst, dass ich zurückkehre. Aber ich muss mein Land verteidigen. So bin ich aufgewachsen und erzogen worden. Alle meine Brüder, Verwandten und Freunde wurden zum Militärdienst eingezogen. Ich möchte bei ihnen sein.
Können Sie einschätzen, wie sich die Situation in Israel entwickeln wird?
Das kann niemand einschätzen. Aber ich bin bereit, alles für die Verteidigung meines Landes zu tun. Was auch immer das bedeuten mag. Aber Israel ist nicht allein. Wir sind nicht allein. Ich sehe eine solidarische Gemeinschaft um mich herum.
Auch hier in Deutschland. Menschen kommen zusammen, viele spenden Geld und Lebensmittel. Aus Israel sehe ich Fernsehinterviews mit Familien, die teilweise zwar ihre Kinder, aber niemals ihren Glauben verloren haben. Die Moral im Land ist sehr hoch. Für mich steht fest: Israel wird sich verteidigen.
- Gespräch mit Avinoam in Köln