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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trotz Altbeständen Spritpreisbremse greift in Köln – Autofahrer trotzdem enttäuscht
Seit Mitternacht greift die Spritpreisbremse des Bundes. Trotz teurer Altbestände sanken die Benzinpreise an Kölner Tankstellen tatsächlich etwas. Autofahrer zeigen sich dennoch enttäuscht.
Kurz vor 8 Uhr am Mittwochmorgen erhielt Marco Kühn, Mitarbeiter einer Kölner Aral Tankstelle, die überraschende Mail: Der Spritpreis solle gesenkt werden – trotz teurer Altbestände. "Um 5 Uhr betrugen die Preise noch zehn Cent mehr", berichtet er.
Die Preisumstellung läuft automatisch, in die Technik selbst können die Tankstellenmitarbeiter nicht eingreifen. Dies ist gängige Praxis. Vor rund fünf bis sechs Jahren wurden sie ungefähr eine halbe Stunde vorab per Mail über die Preisänderung informiert. Die Preise ändern sich täglich zwischen acht bis zehn Mal, berichtet Kühn. Seit zwanzig Jahren ist er im Tankgeschäft.
Tankstellen-Kunden in Köln: "Welcher Rabatt?"
Obwohl sich die meisten Kunden auf den Tankrabatt eingestellt hatten, muss Kühn an diesem Vormittag in enttäuschte Gesichter blicken. So bei Frau Isik: Aus beruflichen Gründen muss sie täglich rund 20 Kilometer mit dem Auto fahren. Wie die anderen Kunden ist auch sie nicht wirklich von dieser Ersparnis überzeugt: "Den Rabatt merkt man nicht so ganz, aber man muss ja tanken", ärgert sie sich. "Vorher wurde es viel teurer gemacht, jetzt wurden die Preise etwas gesenkt."
Das bestätigt auch der ADAC: "In der letzten Woche vor Beginn des Tankrabatts sind die Preise für Benzin und Diesel deutlich nach oben geklettert", heißt es in einer aktuellen Mitteilung. So habe ein Liter Super E10 am 31. Mai, dem letzten Tag vor Inkrafttreten des Tankrabatts, im Durchschnitt 2.151 Euro gekostet – 6,1 Cent mehr als noch in der Vorwoche.
Ebenso wie Isik ist auch Kenan Terzi aus beruflichen Gründen auf das Auto angewiesen. Die tägliche Strecke von 30 Kilometern kann er nicht mit der Bahn fahren. Gestern habe er nur ein wenig Super für 2,19 Euro getankt und heute für 1,95 Euro nachgetankt, sagt er.
"So macht das Autofahren keinen Spaß mehr"
"Im Vergleich zu gestern ist es natürlich etwas günstiger geworden. Ich habe gewartet und vorsichtig nachgetankt. Ich bin gespannt, wie sich das die nächsten Tage entwickelt", gibt sich Leon Haasler hoffnungsvoll.
Von dem Tankrabatt enttäuscht ist vor allem Kevin Helms, Mitarbeiter eines Sanitär- und Heizungsdienstes. "Ich habe gar nix gemerkt. So macht das Autofahren keinen Spaß mehr", sagt er. "Vorher kostete eine Tankfüllung 80 Euro, jetzt sind es um die 130 Euro." Fünf Autos müssen von dem Betrieb betankt werden.
Eigentlich wollte der Bund die Steuerzahler mit gesenkten Spritpreisen entlasten. Folgt man den Zahlen des ADAC, scheint diese Rechnung vorerst nicht aufzugehen. Für berufliche Fahrer wie Kevin Helms und Frau Isik ist das eine herbe Enttäuschung. Für private Autofahrer wie Haasler gibt es immerhin eine Alternative: Zeitgleich mit dem Tankrabatt greift ab Juni das 9-Euro-Ticket.
- Reporter vor Ort
- Mitteilung des ADAC vom 01.06.2022