Hannover Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Antisemitismus gestiegen
Niedersachsens Staatsanwaltschaften haben im vergangenen Jahr mehr Ermittlungsverfahren wegen judenfeindlicher Bestrebungen eingeleitet als noch ein Jahr zuvor. 2021 waren es 253 Verfahren, ein Jahr zuvor noch 179, wie Justizministerin Barbara Havliza (CDU) am heutigen Mittwoch in Hannover sagte. Im Jahr 2019 gab es demnach insgesamt 225 Ermittlungsverfahren.
Einen Grund für die recht schwankenden Zahlen sieht die Ministerin in der Bereitschaft, diese Taten anzuzeigen. "Dass die Zahlen im Hellfeld leicht schwanken, heißt ja nicht, dass das Dunkelfeld entsprechend auch runter- oder raufgeht."
Weiter sagte die Ministerin, es sei besonders wichtig, antisemitisch motivierte Straftaten als solche zu erkennen, klar zu benennen und konsequent zu verfolgen. Oft würden antisemitische Bezüge nicht offen propagiert.
Katarzyna Miszkiel-Deppe von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Niedersachsen sagte, Antisemitismus finde sich in allen gesellschaftlichen Schichten.
Bei den Tatvorwürfen im vergangenen Jahr ging es der Ministerin zufolge überwiegend um Volksverhetzung, Gewaltdarstellung oder das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. "Antisemitisch motivierte Delikte und der Umgang mit ihnen wirken sich unmittelbar auf jüdisches Leben bei uns in Niedersachsen aus."
Man könne nicht sagen, Corona habe mit dem Anstieg nichts zu tun. Die Staatsanwaltschaft Göttingen hat demnach seit Juli 2020 rund 30 Verfahren eingeleitet, weil im Internet der Davidstern mit der Aufschrift "ungeimpft" genutzt wurde.
Die Ministerin stellte zudem einen neuen Leitfaden vor, der unter anderem die Arbeit der Polizei und Justizbehörden im Zusammenhang mit antisemitischen Straftaten erleichtern soll. Ein wesentliches Element dieses Leitfadens sei eine Checkliste, mit der die Einordnung einer möglicherweise antisemitischen Motivation von Straftaten erleichtert werden soll.
Diese Checkliste ist nach verschiedenen Kategorien geordnet, etwa dem Ort einer Tat oder ob Symbole erkennbar waren. Fragen sind beispielsweise, ob sich der Vorfall in der Nähe einer Synagoge ereignete, an einem Holocaust-Gedenktag oder ob angegriffene Menschen deutlich als Jüdin oder Jude erkennbar waren, etwa durch das Tragen einer Kippa. Damit sollen die Behörden noch mehr auf das Thema sensibilisiert werden.