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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kritik für Vorstoß Arzt in Hannover behandelt nur noch Geimpfte und Genesene

Ab Januar will das Ärztezentrum Nordstadt nur noch geimpfte und genesene Patienten behandeln. Zahlreiche Mails der Empörung gehen bei den Ärzten ein
Als erste Arztpraxis Niedersachsens will das Ärztehaus Nordstadt im kommenden Jahr nicht mehr alle Patienten behandeln. Lediglich geimpfte und genesene Personen dürfen dann das Wartezimmer in der Bodestraße 2-6 in Hannover betreten.
Das umstrittene 2G-Modell ist bereits für viele Restaurant- und Kneipenbesitzer ein Thema. Nun wird es auch in einer Arztpraxis zur Realität. Eine Entscheidung mit Folgen: Die Ankündigung habe eine Welle der Empörung ausgelöst, erzählt der Arzt Christian Albert t-online.
Er ist Geschäftsführer und Gründer des Schmerztherapeutischen Zentrums. Man wolle vorher jedoch jedem Patienten ein Impfangebot machen. Neben E-Mails in gemäßigtem Ton, sei eine Mehrzahl unangemessen gewesen. Albert berichtet von "unflätigen Worten, ohne Anstand und mit einer bemerkenswerten Unkenntnis biologischer Zusammenhänge".
Arzt in Hannover führt 2G-Regelung ein
Von dem Shitstorm will sich der Praxis-Chef aber nicht beirren lassen. Seine Strategie: Absender sperren.
Auch Querdenker hätten sein Team angerufen, und mit schlechten Bewertungen auf Google gedroht. In den Sozialen Medien habe es ebenfalls Kritik gehagelt. Auf Twitter brandmarkten Nutzer die Ankündigung als "faschistisch", auf Instagram sprachen andere von "unterlassener Hilfeleistung".
Albert und seine Kollegen behandeln in Hannover Kinder, Intensiv- und Kunstherzpatienten, aber auch, so der Mediziner, "viele Personen mit Angststörungen". Mit der 2G-Regelung wolle man diese Patienten schützen.
Der Praxisgründer sagt, dass man die Haltung der Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, respektiere. "Wir setzen deshalb voraus, dass diese Personen auch unseren Standpunkt respektieren."
Dr. Albert: "Recht auf körperliche Unversehrtheit"
Ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung hatte der "Bild" am Montag gesagt: "Unsere Ärzte haben eine Behandlungspflicht, sie dürfen keine Patienten vorausschauend ablehnen."
Vor Klagen von abgelehnten Patienten hat Albert dennoch keine Angst. Er sagt: "Alle einschlägigen Urteile, auf die die Kassenärztliche Vereinigung so gerne verweist, sind zu Zeiten gefällt worden, als Begriffe wie Pandemie, Maskenpflicht und Lockdown noch Fremdworte waren. Somit ist die Bedeutung dieser Urteile heutzutage fraglich."
Er pocht auf Artikel 2 im Grundgesetz, der jedem das Recht auf körperliche Unversehrtheit gewährt. Der Mediziner hofft aber: "Wenn ich den einen oder anderen veranlassen kann, sich impfen zu lassen, ist das natürlich umso besser."
- Schriftliches Interview mit Dr. Christian Albert
- Bericht der "Bild"-Zeitung (Bezahlpflichtiger Inhalt)