Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Krummer Weihnachtsbaum Ein Symbol der Vernachlässigung
Der Weihnachtsbaum in Hannover ist kahl und krumm. Besteht darin sein spezieller Charme oder ist er ein echter Fehlgriff? Ein Streitgespräch.
In Hannover sorgt der diesjährige Weihnachtsbaum an der Marktkirche für Gesprächsstoff. Statt der von vielen erwarteten festlichen Pracht steht dort ein Baum, der mit kahlen Stellen und krummen Ästen auffällt.
Die Meinungen über ihn gehen auseinander: Ist dieser ungewöhnliche Weihnachtsbaum ein Symbol dafür, dass nicht alles perfekt sein muss, um Freude zu bereiten? Oder ist er einfach nur "irgendwie räudig", wie manch ein Hannoveraner behauptet? (Mehr dazu lesen Sie hier).
Ist der Baum den Anforderungen des Weihnachtsmarkts angemessen?
Der Baum hat Charme, er ist einfach echt
In unserer Gesellschaft wird gerne optimiert, alles muss perfekt sein. Wer oder was nicht ins Raster passt, wird abgewertet. Nun hat es auch einen Weihnachtsbaum getroffen. Über die stellenweise kahle Tanne in Hannover ergießen sich Spott und Häme. Dabei sollte doch gerade bei einem solchen – im wahrsten Sinne des Wortes – Naturprodukt das Unperfekte akzeptiert, ja sogar gefeiert werden.
Sollten wir, angelehnt an Body Positivity, also die Ablehnung von unrealistischen Schönheitsidealen, nicht endlich auch mal etwas "Baum-Positivity" walten lassen? Niemand ist perfekt – warum sollte es ein Weihnachtsbaum sein?
Mit seinen kahlen Stellen, aber auch den ungleichmäßig gewachsenen Ästen hat er stattdessen Charme. Er ist einfach echt und wirkt nicht wie aus einem Hochglanzprospekt entsprungen. Der Baum erinnert uns daran, dass das Leben nun mal unvollkommen ist. Ist das nicht sogar eine wichtige Botschaft von Weihnachten? Schließlich kam auch Jesus nicht in einem perfekten Zuhause zur Welt, sondern in einem Stall.
Letztendlich ist es doch egal, wie dieser Baum aussieht. Wenn am 27. November der Weihnachtsmarkt startet und die Tanne mit Lichtern geschmückt sein wird, verbreitet sie Weihnachtsstimmung – egal, ob ihr ein paar Äste fehlen oder nicht. Sie wird ihre Aufgabe erfüllen. Auf liebenswerte, unperfekte Art und Weise.
Keine Pause von der Hässlichkeit der Welt
Der Weihnachtsbaum vor der Marktkirche in Hannover sollte ein strahlendes Symbol festlicher Freude sein. Doch leider verfehlt er in diesem Jahr seinen Zweck. Mit seinen kahlen Stellen und unregelmäßigen Ästen wirkt er eher wie ein Symbol der Vernachlässigung – ein trostloses, trauriges Exemplar mitten in der Stadt.
Ein Weihnachtsbaum ist mehr als nur ein Baum: Er ist das Sinnbild der Weihnachtszeit, ein Symbol für Leben und Freude. Doch der diesjährige Baum in Hannover strahlt eher Bedürftigkeit als Wärme und Glanz aus.
Er steht damit in krassem Gegensatz zu dem, was seine eigentliche Aufgabe ist: Unter oder neben diesem Baum mag sich niemand gern versammeln, er lockt die Menschen nicht in die Innenstadt, verbreitet keine weihnachtliche Stimmung.
Dabei wäre das gerade in diesem Jahr besonders wichtig, da Hannovers Händler und Gastronomen unter der Konjunkturkrise und der Verkehrspolitik von Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) leiden. Mit seiner Vision einer autoarmen, klimafreundlichen Innenstadt macht er ihnen das Leben durch zahlreiche Baumaßnahmen zusätzlich schwer.
Mit dem "räudigen" Baum verpasst die Verwaltungsspitze die Chance, den Weihnachtsmarktbesuchern in diesen von Kriegen und Krisen geprägten Zeiten eine Pause von der Hässlichkeit der Welt zu gönnen.
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