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Tierquälerei im Hamburger Tierpark Hagenbeck: Von wegen Bildung und Artenschutz


Meinung
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Von wegen Bildung und Artenschutz
Zoos gehören abgeschafft!

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
MeinungVon Patrick Schiller

Aktualisiert am 21.01.2023Lesedauer: 4 Min.
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Tierpark in Hamburg: Aufnahmen zeigen das gestörte Verhalten einer Elefantendame. (Quelle: t-online) (Quelle: t-online)

Der Tierpark Hagenbeck wird wegen eines verhaltensauffälligen Elefanten kritisiert. Ein weiteres Beispiel dafür, dass Zoos nicht mehr zeitgemäß sind.

Zoos zählen in Deutschland zu den beliebtesten Ausflugszielen von Familien und Schulen. Vor allem Kinder freut es: mit den Freunden Löwen bestaunen, Affen nachäffen oder Eisbären beim Schwimmen zusehen. Das ist für uns Menschen unterhaltsam. Und angeblich auch lehrreich.

Doch wie passen dazu die Aufnahmen schwerer Verhaltensstörungen bei Elefanten im Tierpark Hagenbeck in Hamburg, die die Tierrechtsorganisation Peta gerade dokumentiert hat? Es ist nicht das erste Mal, dass Peta das Leid von Tieren im Zoo nachweist. Und auch nicht, dass sie deshalb zum Boykott von Zoos aufruft. Oft wird der Tierrechtsorganisation übertriebener Aktivismus vorgeworfen.

In diesem Fall allerdings liegt Peta richtig: Zoos sind ein Relikt vergangener Jahrhunderte. Tiere leiden in ihnen, weil sie nicht artgerecht gehalten werden. Sie gehören längst hinterfragt und mit ihnen nicht nur ihr Unterhaltungs-, sondern auch ihr Bildungswert.

Der Erlebniszoo Hannover etwa geht mit Unterrichtsangeboten aktiv auf Schulen zu und schreibt auf seiner Website von "erlebnisorientiertem Unterricht, der im Gedächtnis bleibt", doch was bleibt bei Kindern wirklich hängen? Wie ein Löwe brüllt, wie ein Schimpanse sich am Rücken kratzt und auch wie viele Fische so ein Eisbär verputzen kann vielleicht. Und auch die Hinweisschilder vor den Gehegen bieten erwachsenen Besuchern einige Informationen zu den ausgestellten Tierarten – doch wer liest sich das eigentlich wirklich durch?

Und ist das wirklich Bildung?

Die Wahl zwischen Psychopharmaka oder Verhaltensauffälligkeiten

Was sollten Kinder in Zoos auch lernen, abgesehen von Fakten, die sie in jedem YouTube-Video oder auf Wikipedia anschaulicher nachsehen können? Etwa, dass Elefanten in Afrika über Stunden auf der Stelle treten, wie sie das in Gefangenschaft tun? Dass Eisbären in der Natur von Felswand zu Felswand trotten wie im Eisbärgehege? Um solche artfremden Verhaltensauffälligkeiten zu verhindern, greifen Zoos oftmals zu Psychopharmaka: Vor allem Antidepressiva kommen zum Einsatz.

So etwa beim Zoo Wuppertal, der im Jahr 2011 Eisbärendame Vilma über vier Monate Diazepam und Perphenazin verabreichte, nachdem ihr Verhalten auch den Besuchern aufgefallen war.

Zoos machen Kinder dümmer

Tatsächlich belegen Studien, dass Kinder Zoos dümmer verlassen, als sie sie betreten: so zum Beispiel die "Evaluating Children's Conservation Biology Learning at the Zoo"-Studie aus dem Jahr 2014. Dabei wurden über 2.800 Kinder nach einem Zoobesuch befragt. Es stellte sich heraus: Die meisten Kinder (62 Prozent) lernten nichts, einige sogar Falsches.

Warum ist das so? Umweltaktivist und Meeresbiologe Robert Marc Lehmann erklärte es vor einigen Jahren anhand von Meerwasseraquarien in der Talkshow "3nach9": "Wenn Sie im Meer mit Haien tauchen, sehen Sie 14–15 Haie um sich herumschwimmen, dann verschwinden die in die Weite, tauchen in die Tiefsee, pflegen Freundschaften", so Lehmann. "Im Aquarium schwimmt dann ein einzelner Hai alleine in seinem Becken. Kinder bekommen dann eine völlig falsche Vorstellung von den Tieren", so Lehmann weiter. Diese Argumentation lässt sich mühelos auf die meisten Tierarten in Zoos übertragen. Nur wer ein Wildtier in seiner artgerechten Umgebung erlebt, versteht sein wahres Wesen.

Zoo-Befürworter argumentieren zudem mit dem Artenschutz: So könnten seltene Tiere in einem geschützten Refugium nachgezüchtet und wieder ausgewildert werden, heißt es. Tatsächlich gibt es Tierarten, die durch Zoos gerettet wurden: Dazu zählen etwa die Arabische Oryxantilope oder der Schwarzfußiltis. In Europa wäre das Wisent ohne Artenschutzprogramme ausgestorben. Auch funktionieren in Zoos Arterhaltungsprojekte für Amphibien, von denen etwa ein Drittel laut der Weltnaturschutzunion IUCN vom Aussterben bedroht sind. Aber wer zahlt schon ein kleines Vermögen, um mit der ganzen Familie Frösche, Kröten und Salamander anzuschauen? Darum müssen gefährdete Säugetiere und Meeresbewohner wie Delphine weiter als Zuschauermagneten herhalten, deren Arten nachweislich nicht durch Zoos gerettet werden. Im Gegenteil.

Die Linksfraktion stellte 2021 eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag nach Exportgenehmigungen geschützter Wildtiere seit dem Jahr 2005. Die Antwort: 149 Tiere wurden für Auswilderungsprojekte in rund 16 Jahren exportiert. Im Gegensatz dazu wurden im selben Zeitraum 1.900 geschützte Tiere für Zoos eingeführt, darunter über 800, die in der Wildnis gefangen wurden.

Der Ausstieg aus den Zoos muss her

Wir täten als Gesellschaft gut daran, mittelfristig einen Ausstieg aus diesem System zu schaffen: Indem wir keine großen Säuger mehr aus der Wildnis fangen, um sie in Zoos zu sperren und stattdessen freiwillig oder per Gesetz mehr in natürliche Lebensräume und Schutzgebiete investieren.

Und wer dann noch meint, unbedingt Berggorillas, Löwen oder Giraffen sehen zu müssen, sollte auf nachhaltigen Tourismus setzen und die Tiere in freier Wildbahn oder in Schutzgebieten besuchen. Und das Beste: Von dort mitgebrachte Videos und Fotos zeigen Kindern viel besser und kostenlos, wie wilde Tiere leben.

Aber am meisten lernen Kinder dann doch von heimischen, wilden Tieren. Egal ob Wattwurm, Schmetterling, Reh oder Eichhörnchen.

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