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Letzte Generation auf Sylt: "Falscher Ansatz für Klimaschutz"


Pilot über "Letzte Generation"
Privatjet besprüht: "Eigentlich gibt es nur Kopfschütteln"


Aktualisiert am 08.06.2023Lesedauer: 3 Min.
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"Letzte Generation": Ein von Klimaschutz-Demonstranten der Initiative Letzte Generation mit oranger Farbe besprühter Jet steht auf einem Rollfeld.Vergrößern des Bildes
"Letzte Generation": Ein von Klimaschutz-Demonstranten der Initiative Letzte Generation mit oranger Farbe besprühter Jet steht auf einem Rollfeld. (Quelle: Julius Schreiner)

Statt sich auf Straßen festzukleben, haben Klimaaktivisten auf Sylt einen Privatjet angesprüht und flugunfähig gemacht. Für einen Piloten ist das nicht nachvollziehbar.

Trifft der Klimaprotest gegen den Privatjet der "Letzten Generation" die Richtigen? Nein, sagt Jens Denecke, langjähriger Pilot aus Rügen und Berlin. Privatjets seien nicht immer nur ein Luxusgut. Durch die Aktion hätten Menschen sterben können.

Die Fliegerei ist aus Deneckes Leben nicht wegzudenken. Zwanzig Jahre lang arbeitete er als Berufspilot und Fluglehrer. Der heute 73-Jährige flog nicht nur Firmenmitarbeiter zu ihren Terminen ins Ausland, sondern brachte auch Spenderherzen unter Hochdruck zu ihren Empfängern. Bis heute ist er privat mit seinem Leichtflugzeug unterwegs. Was er zu der Farbattacke der "Letzten Generation" auf Sylt sagt.

t-online: Herr Denecke, seit vielen Jahren sind Sie privat in der Luft unterwegs. Zeitweise auch beruflich. Was halten Sie von der Aktion der "Letzten Generation", einen Privatjet auf Sylt anzusprühen?

Jens Denecke: Das ist vollkommen undifferenziert, was die Personen dort machen. Privatjets – das ist eben nicht alles nur Luxus. Stellen Sie sich vor, der Jet sei einer der Ambulanzflieger eines Herzzentrums. Wenn die plötzlich nicht mehr fliegen können, war es das für den Empfänger des neuen Herzens.

Kann man denn nicht von außen erkennen, ob der Flieger als Shuttle für Manager oder für medizinische Ambulanzflüge eingesetzt wird?

Nein, gar nicht. Flugzeuge werden für viele Zwecke eingesetzt. Ich bin damals von Porta Westfalica in Nordrhein-Westfalen geflogen. Die dort stationierten Flieger wurden überwiegend für firmeninterne Zwecke von mittelständischen Unternehmen eingesetzt. Oft habe ich die Mitarbeiter montags zu einem Ziel nach Ungarn und Rumänien gebracht und freitags wieder abgeholt. Und zwischendurch waren wir die Flugbereitschaft für das Herzzentrum des Landes Nordrhein-Westfalen. Da kommt es auf jede Minute an.

Gibt es einen Organspender, muss das Herz innerhalb von vier Stunden nach der Entnahme zum Empfänger geflogen und bei ihm eingesetzt werden. Wenn du dann auf den Flugplatz kommst, der Flieger angesprüht ist und du nicht fliegen kannst, dann war es das mit der Organtransplantation.

Die Flugzeuge haben in der Regel also meistens eine Aufgabe und stehen nicht einfach nur herum?

Nein. Neben der Flugbereitschaft für das Herzzentrum brachten wir am Wochenende oft auch Sportler vom Spiel zum Fernseh-Interview ins Sportstudio. Was denken Sie, wie die dorthin kommen? Das ist derselbe Flieger.

Wie reagieren Sie auf die Aussage, dass man Privatjets im Sinne des Klimaschutzes abschaffen müsste?

Es bringt nichts, Verkehrsmittel generell zu verbieten. Vielmehr müssten wir uns am Ende dann fragen: Wer fährt oder fliegt weshalb wohin? Motorradfahren ist zwar deutlich klimaeffizienter als das Auto. Aber die meisten Motorradfahrten sind eben zum reinen Vergnügen. Dann müssten wir das auch verbieten. Oder Oldtimer-Rallyes, wie sie kürzlich auf Rügen stattgefunden haben. Oder sogar das Fliegen mit Linienmaschinen in den Urlaub.

Welche Sicherheitsrisiken bestehen, wenn sich Menschen mit Gewalt Zugang zum Flugplatz verschaffen?

Verkehrsflugplätze wie auf Sylt sind Sicherheitsbereiche, so wie der Berliner BER. Wer den Zaun aufschneidet, betreibt Sachbeschädigung und gefährdet vor allem die Sicherheit. Der Zutritt ist strengstens verboten. Man will verhindern, dass Menschen die Linienflugzeuge manipulieren, etwas hereinschmuggeln oder selbst zu Schaden kommen.

Dafür sind die Sicherheitskontrollen da. Wenn jemand ungestraft ein Loch in einen Zaun schneidet, kann man die Sicherheitskontrollen im Terminal auch gleich weglassen. Wenn jetzt hier wahllos "Türen" eingetreten werden, hat das mit Klimaschutz nichts mehr zu tun.

Haben sich die Aktivisten womöglich selbst in Gefahr gebracht?

Definitiv. Wenn du in die Nähe einer laufenden Propellermaschine kommst, dann bist du tot. Wenn die Motoren eines Jets an sind, wird man angesaugt und ist ebenfalls tot. Oder du erleidest zumindest diverse Knochenbrüche. Von einem startenden Flugzeug "erwischt" zu werden, ist der eigenen Gesundheit und der Gesundheit der Insassen sicherlich auch nicht förderlich.

Wie nehmen Sie die Reaktionen Ihrer Flugkollegen wahr?

Eigentlich gibt es nur Kopfschütteln. Diese Klimaaktion wird nicht wirklich diskutiert. In Summe ist es ein vollkommen falscher Ansatz, auf diese Weise etwas für den Klimaschutz zu erreichen. Zudem werden die Sicherheitsaspekte mit Füßen getreten. Die Klimaaktivisten setzen mit ihrem Protest an der falschen Stelle an und machen damit auch viel persönliche Motivation von Mitmenschen zunichte.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Jens Denecke am 8. Juni 2023
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