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Frankfurter Klimaaktivisten über "Letzte Generation": "Ich sehe keinen Sinn daran"


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Frankfurter Waldbesetzer über "Letzte Generation"
Klimaaktivisten: "Kein Sinn darin, mich auf die Straße zu kleben"


Aktualisiert am 05.12.2022Lesedauer: 4 Min.
Die Aktivisten Malek und Antonia auf einem Baumhaus: Sie wollen den Kapitalismus überwinden.Vergrößern des Bildes
Die Aktivisten Malek und Antonia auf einem Baumhaus: Sie wollen den Kapitalismus überwinden. (Quelle: Stefan Simon/t-online)
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Seit über einem Jahr besetzen Klimaaktivisten einen Wald in Frankfurt. Die "Letzte Generation" klebt sich auf die Straße. Was unterscheidet beide Gruppen?

Die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" sorgen mit ihren Protesten seit Monaten bundesweit für Gesprächsstoff. Mal kleben sie sich auf die Straße, mal werfen sie Kartoffelbrei auf Gemälde oder stürmen wie jüngst in Berlin das Rollfeld des Flughafens BER.

Die Empörung über die Gruppe ist groß: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht in der "Letzten Generation" eine "Radikalisierung der Wenigen", Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert härtere Strafen. Vertreterinnen der Bewegung werden in Polit-Talkshows eingeladen.

Doch es gibt neben der "Letzten Generation" auch andere klimaaktivistische Gruppierungen, die weniger im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Sie haben andere Arten des Protests gewählt, um auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen.

Solch eine Gruppe besetzt seit über einem Jahr ein Waldstück im Osten Frankfurts. Den Fechenheimer Wald, oder "Fechi", wie ihn die Aktivisten nennen. Sie treten nur vermummt auf, geben sich Kosenamen, nennen weder ihr Alter noch Herkunft. Sie sind überwiegend anarchistisch organisiert.

In Frankfurt soll ein Waldstück für den Autobahnausbau weichen

Das Waldstück in Frankfurt soll für den Ausbau der Autobahn 661 und dem Bau des Riederwaldtunnels gerodet werden – schlussendlich sollen damit der Stadtverkehr in Frankfurt und die Autobahnen südlich der Mainmetropole entlastet werden. Kostenpunkt: 477 Millionen Euro. In diesem Winter soll mit den Rodungen begonnen werden.

Zum Gespräch mit t-online am Freitagvormittag kommen Antonia und Malek. Sie sind beide schon länger mit dabei. Wie viele Leute zu ihrer Gruppe zählen, können sie nicht sagen. "Mal sind es 20, dann waren es mal 100 Leute. Viele kommen, viele gehen", sagt Malek.

Der Weg zu ihrem Camp führt über matschige Pfade, die sie teils mit Holzpaletten ausgelegt haben. Gut ein Dutzend Hütten sind es, die in 10 bis 15 Metern Höhe in den Bäumen hängen, dazwischen sind Kletterseile gespannt. Malek und Antonia führen in ihr Wohnzimmer, ein Baumhaus in rund fünf Metern Höhe. Über eine Leiter gelangt man dorthin, der Raum ist ausgestattet mit zwei Sofas.

Dass ihr Protest bundesweit kaum Aufmerksamkeit erhält und die "Letzte Generation" derzeit als die neue radikale Klimabewegung dargestellt wird, sieht Malek mit gemischten Gefühlen. "Wir würden uns gern mehr Aufmerksamkeit wünschen, gerade nun vor der bevorstehenden Räumung", sagt Malek. Die Aktionsformen der "Letzten Generation" seien öffentlichkeitswirksamer, gibt er zu.

"Wir sehen uns auch nicht als Konkurrenz zu ihnen, sondern wir schauen lieber, wo wir uns gegenseitig ergänzen können. Dass wir gemeinsam auf die Klimakrise aufmerksam machen." Aber: "Die Protestform der 'Letzten Generation' ist nicht meine Form von Aktivismus", ergänzt Malek.

Antonia sagt, dass es wichtig sei, sich zu solidarisieren und "dass wir versuchen, gemeinsam als Bewegung zu agieren und klar auf unseren Forderungen beharren". Den Aktivisten in Frankfurt gehe es nicht nur darum, den Wald vor der Rodung zu bewahren, sondern sie kämpfen für den Rückbau aller Autobahnen.

Der Unterschied beider Gruppen liege nicht nur in den verschiedenen Formen des Protests. Die Waldaktivisten wollen den Kapitalismus überwinden, ebenso keine Forderungen an einzelne Politiker stellen, wie es die "Letzte Generation" tut. "Ich sehe keinen Sinn daran, mich auf die Straße zu kleben, um dann Olaf Scholz zu treffen. Er ist ein Adressat und Vertreter des Staats, der letztendlich auch nichts in unserem Sinne bewirken kann. In der Zeit kann ich auch im Wald drei Traversen spannen", sagt Antonia.

Bundesweite Diskussionen um Präventivhaft gegen Klimaaktivisten

Spätestens seit Mitglieder der "Letzten Generation" den Flugbetrieb des BER lahmgelegt haben, drohen auch in anderen Bundesländern härtere Strafen. In Bayern können in Einzelfällen Personen etwa für bis zu 30 Tage in Präventivgewahrsam genommen werden. In den meisten anderen Bundesländern ist die maximale Dauer wesentlich kürzer.

Malek findet, dass es gegen Klimaaktivisten generell eine Repressionswelle gebe. "Seit einer Blockadeaktion in der Lausitz sitzen zwei Aktivisten für jeweils vier Monate in Haft. Davor waren sie zwei Monate in Untersuchungshaft."

Auch das hessische Innenministerium warnt Klimaaktivisten vor einer Eskalation ihrer Proteste. "Die hessische Polizei ist entschlossen, den Präventivgewahrsam bei angekündigten Aktionen der Protestgruppe 'Letzte Generation' oder anderer Protestgruppen konsequent anzuwenden", heißt es. Malek hält das für einen schlechten Scherz.

Ausgerechnet Hessen sei ein Bundesland, in dem in den letzten Jahren vieles schiefgelaufen sei: die schleppende Aufarbeitung der rechtsextremistischen Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU), das Auffliegen rechter Chatgruppen hessischer Polizisten, die Auflösung des Frankfurter SEK, der Mord an Walter Lübcke.

"Fridays for Future" machten die Klimabewegung global groß

Dis Diskussionen über die "Letzte Generation" werden wohl auch in den nächsten Wochen weitergehen. Schon für diesen Montag hat die Gruppe weitere Proteste angekündigt. Und seit den "Fridays for Future" ist wohl lange nicht mehr in so einem Umfang über eine klimaaktivistische Gruppe gesprochen worden.

Aber auch die Baumbesetzer in Frankfurt könnten bald bundesweit für Aufsehen sorgen. In diesem Winter steht die Rodung des Fechenheimer Waldes bevor und dann wird die Polizei spätestens im Januar beginnen, das Protestcamp zu räumen. Malek, Antonia und die weiteren Aktivisten bereiten sich darauf bereits vor. "Wir sind schon recht kreativ und wollen es der Polizei erschweren. Wir haben unsere Baumhäuser teils in 20 bis 30 Metern Höhe gebaut", sagt Antonia.

Zusätzlich wollen sie Schilder aufstellen und die Polizei davor warnen, die Seile zu kappen. "Man hat ja bei der Räumung im 'Dani' gesehen, wie gefährlich es werden kann. Da haben Polizisten Seile durchgeschnitten. Das ist lebensgefährlich", sagt Antonia. Sie spielt auf die Geschehnisse im Dannenröder Forst hin. Die Polizei räumte ab Oktober 2019 das dortige Protestcamp von rund 100 Aktivisten. Sie wollten die Rodung durch den Bau der Bundesautobahn 49 verhindern.

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