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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kontroverse um Kardinal Franz Hengsbach Statue soll verschwinden – Künstlerin ist dagegen
Momentan gibt es eine hitzige Debatte um die Hengsbach-Statue am Essener Dom. Eine Stiftung befürwortet das Entfernen der Skulptur, die Künstlerin hält dies für falsch.
Der ehemalige Kardinal Franz Hengsbach prägte die katholische Kirche im Ruhrgebiet: Er wurde Ende der 1950er-Jahre zum ersten Bischof des Bistums Essen ernannt und zeigte auch abseits der Kirche soziales Engagement. Doch nun wird dem bereits 1991 verstorbenen Kardinal sexueller Missbrauch an Minderjährigen in zwei Fällen vorgeworfen. Damit einher geht eine hitzige Debatte um die Umbenennung von Straßen und die Entfernung der Hengsbach-Skulptur vor dem Dom. Die Positionen sind kontrovers.
- Vorwürfe gegen Kardinal Hengsbach – Bistum räumt Brisantes ein
Johannes Norpoth, Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, forderte kürzlich die Entfernung der Hengsbach-Skulptur. Auf Anfrage von t-online äußert sich die Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung zur Debatte. Sie förderte die Realisierung der Statue und finanzierte sie laut eigenen Angaben mit 50.000 Euro.
Die Missbrauchsvorwürfe um Kardinal Franz Hengsbach, die im Raum stehen, seien eine sehr ernste Angelegenheit. Die Priorität müsse jetzt auf einer gründlichen und schnellen Aufarbeitung liegen, so die Stiftung. Sie befürworte die Forderung des Betroffenenbeirats vor dem Hintergrund der laufenden Untersuchungen.
Die Entfernung der Statue sei der falsche Weg
Die Künstlerin Silke Rehberg, die die Statue geschaffen hat, sieht das anders. Im Gespräch sagt die Bildhauerin, dass es für sie keine Lösung ist, diese einfach zu entfernen – es müsse eine Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit dem Thema stattfinden. Sie könne das Vorhaben nicht gutheißen: "Man würde sich in die Tradition der Vertuscher und Leugner stellen. Aus den Augen schaffen, so, als hätte es das nicht gegeben. Es wäre ein unbewältigter Raum."
Silke Rehberg macht einen Vorschlag: Die Hengsbach-Statue wortwörtlich um 180 Grad zu drehen und auf den Kopf zu stellen, sodass der Wolf zu seinen Füßen oben steht. Ihr künstlerischer Gedanke dahinter: die Darstellung der verkehrten Welt, die gekippte Stimmung und die Drehung der Einschätzung der Person um Kardinal Franz Hengsbach. "Niemand kann Hengsbach noch so huldigen wie bisher", sagt Rehberg.
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Sie bezeichnet den Kardinal als "gefallene Person", was aber nicht bedeute, dass er nicht auch Gutes getan habe. "Menschen sind Menschen. Da weiß man nicht, was übermorgen über sie gesagt wird", äußert sich Rehberg. Dennoch stehen die Missbrauchsvorwürfe im Raum. Die Lösung sei es daher nicht, das Thema mit der Entfernung der Statue unsichtbar zu machen. "Mit den Aussagen im Raum müssen wir umgehen." Die Hengsbach-Statue ist auch kein Denkmal, sondern ein Porträt einer Person, eine Momentaufnahme.
- Kirchenrechtler – Fall Hengsbach besonders dramatisch
Unabhängig davon, ob es nun ihr Kunstwerk ist oder nicht – Skulpturen zu entfernen, sei heikel und fragwürdig, sagt sie. Silke Rehberg besitzt das Urheberrecht an der Hengsbach-Statue, der Eigentümer ist aber das Domkapitel. Ihr Änderungsvorschlag an der Statue soll nach Angaben der Künstlerin heute in der Runde des Domkapitels diskutiert werden.
Ihre Position macht Silke Rehberg deutlich: Wenn die Kunst eine Aufgabe habe, dann sei es, Missstände künstlerisch sichtbar zu machen und sie so im öffentlichen Raum zu bewältigen und aufzuarbeiten.
- Anfrage bei der Stiftung Alfried Krupp von Bohlen und Halbach
- Anfrage und Gespräch mit der Künstlerin Silke Rehberg
- rheinische-geschichte.de: Franz Hengsbach
- instagram.com: @silkerehberg