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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Stratege wird dringend gebraucht BVB-Spiel in der Krise: Dahoud macht Mut
Vieles passt beim BVB aktuell noch nicht zusammen. Als Mutmacher taugt die Leistung von Mo Dahoud – umso größer sind die Sorgen vor einem Ausfall.
Manchmal wird der Wert eines Spielers noch deutlicher, wenn er nicht dabei ist. Mahmoud Dahoud von Borussia Dortmund ist dafür ein gutes Beispiel. Als der 26-Jährige am vergangenen Samstag gegen Werder Bremen schon nach 16 Spielminuten verletzt den Platz verlassen musste, ging mit ihm auch die Struktur und Ordnung verloren, geriet das Aufbauspiel nachhaltig ins Stocken. Die Leistung, die der BVB in der Folge gegen den Aufsteiger ablieferte, passte trotz schmeichelhafter 2:0-Führung am Ende zur verdienten 2:3-Niederlage.
Es wäre nicht fair, jetzt alle Last der Verantwortung für einen spielerisch ansprechenden Auftritt, ein gutes Arbeiten gegen und mit dem Ball, nur auf den eher schmalen Schultern von Mo Dahoud abzuladen. Der Kader der Dortmunder ist gespickt mit Nationalspielern, die jederzeit in der Lage sein müssten, besseren und erfolgreicheren Fußball zu spielen. Und doch hat die Partie gegen Bremen noch einmal unterstrichen, wie fragil diese Borussia trotz zweier Siege zum Saisonauftakt aktuell noch ist. Und wie gut es ihr tut, wenn im zentralen Mittelfeld die Nummer 8 die Fäden zieht.
Lob von Trainer Terzic für Dahoud
"In den ersten Minuten haben wir die Wege für Werder sehr weit gelassen – dafür war Mo ein wichtiger Faktor, weil er immer wieder gut die Außenverteidiger gefunden hat. Und weil er immer in der Lage ist, auch in engen Situationen sicher am Ball zu bleiben", verband Edin Terzic seine Erklärung für den Bruch im Dortmunder Spiel mit einem dicken Lob für Dahoud. In jedem der bislang vier Pflichtspiele hat der Trainer ihm das Vertrauen geschenkt und damit die erfolgreiche Zusammenarbeit fortgesetzt, die schon in seiner ersten Amtszeit beim BVB begonnen hatte.
Dabei verlief der Anfang zwischen Terzic und Dahoud damals alles andere als harmonisch. Für zwei Partien war der gebürtige Syrer, der seit 2017 das schwarz-gelbe Trikot trägt, nach einem Disput mit dem jungen Coach sogar suspendiert. Der Aussprache folgte aber der Aufschwung, Dahoud wurde unumstrittener Bestandteil der ersten Elf – gemeinsam feierte das Duo im Sommer 2021 in Berlin den Gewinn des DFB-Pokals.
Gegen Werder Schulter ausgerenkt
Auch in der vergangenen Saison ging Dahoud seinen Weg konsequent weiter und konnte auch unter Marco Rose mit seinen Stärken überzeugen: technisch versiert, laufstark mit gutem Passspiel, wendig und dynamisch, kreativ und trickreich, gerade auch in engen Räumen und in Eins-zu-eins-Situationen.
Tugenden, die dem BVB-Spiel guttun. Das unterstrichen auch die ersten Minuten gegen Werder Bremen. Dahoud ließ sich tief fallen, um das Spiel von hinten heraus zu lenken. Er entzog sich zugleich immer wieder geschickt dem mannorientierten, aggressiven Pressing des Gegners mit schnellen Drehungen und setzte dann passgenau die breit aufgestellten Außenverteidiger in Szene. Das führte zu den "weiten Wegen für Werder", die Terzic gerne über 90 Minuten gesehen hätte. Doch nachdem sich der Aufbauspieler die Schulter ausgerenkt hatte und ausgewechselt werden musste, war es mit der Spielkotrolle schnell vorbei.
Emre Can zu defensiv und inkonsequent
Emre Can, für Dahoud eingewechselt, konnte nicht ansatzweise in seine Rolle schlüpfen. Im Gegenteil: Der Ex-Nationalspieler stellte einmal mehr unter Beweis, dass bei ihm Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderliegen. Can produzierte zu viele Fehler, agierte defensiv nicht konsequent genug und sorgte mit teils wilden, ungestümen Aktionen offensiv eher für Chaos und Ballverluste als für Struktur und Tempo.
Zudem funktionierte das Zusammenspiel mit Jude Bellingham nicht gut. Der junge Engländer agiert seinerseits manchmal zu forsch im Vorwärtsgang, hatte mit Mo Dahoud aber bisher einen Spieler an seiner Seite, der im Zentrum dann die Räume schließt und absichert.
Mit Salih Özcan steht für die kommende Auswärtspartie bei Hertha BSC ein Spieler bereit, der diesen Part an Bellinghams Seite übernehmen könnte. Der Neuzugang aus Köln musste bislang passen, hat aber seinen Trainingsrückstand weitgehend aufgeholt; er stand schon zuletzt gegen Bremen im Kader. Als gelernter Sechser bringt Özcan vor allem Zweikampfstärke und -härte mit. Das kann dem Spiel des BVB helfen, wird aber vermutlich nicht die Probleme im Spielaufbau lösen.
Mo Dahoud – Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff
Gesucht wird in der Zentrale das nahezu perfekte Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff – und das ist Mo Dahoud. Er ist eben nicht mehr nur der kluge Stratege und Passgeber, als der er schon als U21-Europameister auf sich aufmerksam gemacht hatte. Der inzwischen 26-Jährige überzeugt mittlerweile auch in der Zweikampfführung und Ballbehauptung, verbindet Tempo und Spielwitz mit guter Übersicht. Dahoud verspricht genau die Struktur und Stabilität, die der BVB derzeit noch so dringend sucht.
Edin Terzic wäre daher wohl froh, wenn er auf seinen Führungsspieler in Berlin wieder zurückgreifen könnte: "Wir hoffen, dass er schnell wieder fit und einsatzbereit ist." Die ausgerenkte Schulter hatte Dahoud zwar schon am Samstagabend nach eigener Aussage keine großen Schmerzen mehr bereitet. Die ersten Trainingseinheiten in dieser Woche absolvierte er dennoch zunächst noch individuell, so dass das Fragezeichen hinter seinem Einsatz bleibt.
- Eigenen Beobachtungen