Tierschützer schlagen Alarm "Pflegestellen hoffnungslos überfüllt"
Eine Tierschutzorganisation aus Dortmund berichtet von alarmierenden Zuständen in Tierheimen. Es fehle an Geld, Fälle von verwahrlosten Tieren, die die Heime aufnehmen, nehmen zu.
Die Tierschutzorganisation Arche 90 e.V. schlägt Alarm: Die Situation in Dortmunder Tierschutzvereinen spitze sich immer weiter zu, schreibt sie in einem Brandbrief, den die Organisation am Dienstag auf ihrer Webseite sowie auf Social Media veröffentlichte.
Immer weniger Mitbürger seien bereit, ein krankes, altes und möglicherweise verhaltensauffälliges Tier bei sich aufzunehmen. Die wenigen Pflegestellen, die es noch gebe, seien "hoffnungslos überfüllt, das Tierheim platzt aus allen Nähten und hat viel zu wenig Mitarbeiter, um die untergebrachten Tiere tierschutzgemäß zu versorgen", schreiben die Tierschützer. Besonders zeigen sich die Tierschützer besorgt über eine Zunahme der Animal Hoarding-Fälle, bei denen Tiere unter den allerschlimmsten Bedingungen vor sich hinvegetieren.
"Es ist nicht Fünf vor zwölf, es ist schon weit nach zwölf"
aus dem Brandbrief der Tierschutzorganisation Arche 90 e.v.
Die Warnmeldung der Tierschutzorganisation in Dortmund spiegelt die Einschätzung des Deutsches Tierschutzbund wider. Der Bund sieht deutschlandweit Tierheime mangels finanzieller Sicherung in Gefahr. "Die Lage heute ist so dramatisch wie noch nie", sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbunds. Grund dafür seien etwa "leere Versprechungen" der gebrochenen Ampel-Regierung und geringe Unterstützung durch die Kommunen.
Die Ampel-Koalition habe im Koalitionsvertrag Hilfe zugesichert. Darin habe es geheißen: "Tierheime werden wir durch eine Verbrauchsstiftung unterstützen", zitiert Schröder. Eine solche Stiftung hätte Tierheime langfristig unterstützen können, indem der Bund einen festen Betrag investiert und über Jahre in Raten hätte auszahlen können, erklärt er.
"Wir brauchen keine goldenen Wasserhähne"
Laut Schröder fehlt es unter anderem an Mitteln für grundlegende Infrastruktur wie Krankenstationen oder energetische Sanierungen. "Wir brauchen keine goldenen Wasserhähne, sondern Maßnahmen, die uns handlungsfähig machen." Der Investitionsstau beläuft sich seinen Schätzungen zufolge auf rund 160 Millionen Euro - allein bei den 550 Heimen, die dem Verband in Deutschland angeschlossen sind.
Auch der Bund spricht von überfüllten Tierheimen, die sich zunehmend mit Fundtieren konfrontiert sehen. Für deren Betreuungskosten seien laut Schröder die Kommunen zuständig - doch diese würden sich der Verantwortung entziehen. "Wir fühlen uns von den Kommunen im Stich gelassen", beklagt er und spricht von "emotionaler Erpressung": "Die Kommunen wissen, dass die Heime es nicht übers Herz bringen, die Tiere nicht aufzunehmen."
Tierschützer fordert Unterstützung aus der Politik
"Kann sich auch nur ansatzweise jemand vorstellen, mit welchem Gefühl der Verzweiflung Tierschützer Tiere in solchen Umständen zurücklassen müssen? Kann sich einer der Politiker in Dortmund vorstellen, wie weh es tut, einem verletzten Tier nicht helfen zu können, weil es keine Aufnahmekapazitäten mehr gibt?", richtetet die Organisation ihre Fragen an die Öffentlichkeit.
Und weiter: "Wofür soll die Arche 90 e.V. einen 24-stündigen Notdienst aufrechterhalten, wenn es keine Möglichkeit mehr gibt, notleidende Tiere unterzubringen? Warum sollen Fälle von Tierquälerei dem Veterinäramt gemeldet werden, wenn schwerst misshandelte Tiere nicht beschlagnahmt werden können?"
Die Organisation fordert die Lokalpolitiker auf, sich gemeinsam mit ihnen an einen Tisch zu setzen, um Lösungen zu erarbeiten. "Es ist nicht Fünf vor zwölf, es ist schon weit nach zwölf", so die Tierschützer.
- arche90.de: Brandbrief vom 14. Januar 2025
- Mit Material der dpa