Vorwurf der Verleumdung Polizeipräsident kritisiert AfD: Fraktion fordert Rücktritt
Johann Kühme hat es wieder getan und die AfD kritisiert. Zuletzt erhielt er dafür Morddrohungen, jetzt soll er zurücktreten.
Die niedersächsische AfD-Landtagsfraktion fordert den Rücktritt des Oldenburger Polizeipräsidenten Johann Kühme, weil er die Partei in einem Interview kritisiert hat. Zudem kündigte die Fraktion an, eine Dienstaufsichtsbeschwerde einzureichen und ein rechtliches Vorgehen zu prüfen, wie es in einer Mitteilung von Montag heißt. Die AfD wirft Kühme unter anderem vor, er verletze als Beamter seine Pflicht zur Neutralität.
In einem Interview mit der "Nordwest-Zeitung" (Samstag) hatte Kühme die AfD kritisiert. "Die AfD verdreht Wahrheiten und verbreitet Lügen", sagte Kühme. Ihr Ziel sei es, Unsicherheiten und Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Das Sicherheitsgefühl der Menschen werde von der AfD manipuliert. Damit stelle sie sich gegen die Arbeit der Polizei.
AfD spricht von "Interview der Schande"
Sprecher der AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, bezeichnete Kühmes Aussagen als "Interview der Schande" und warf ihm vor, die "Partei zu beschimpfen und zu verleumden". Oldenburg sei "seit Jahren ein Brennpunkt der Clankriminalität" – die AfD würde dies "deutlich benennen und sich konsequent für Recht und Ordnung einsetzen". Mit seiner Aussage habe der Polizeipräsident "massiv seine Neutralitätspflicht" verletzt und müsse zurücktreten.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen sicherte Kühme nach dessen Interview ihre Solidarität zu. Kühmes Vorwürfe sind aus Sicht der GdP Niedersachsen zutreffend. Wörtlich teilte der Landesvorsitzende Kevin Komolka mit: „Johann Kühme hat in seinen Äußerungen eindeutig benannt, wie die AfD die Bürgerinnen und Bürger bewusst und gezielt täuscht, um ihre Ziele durchzusetzen. Er hat aufgezeigt, dass die Partei die Arbeit der Polizei, ihre Berichte und Statistiken missbraucht, wenn sie sie falsch darstellt, verdreht oder manipuliert."
Rückendeckung aus verschiedenen Lagern
Komolka machte zudem deutlich, was er selbst von der AfD hält: Die Partei werde "vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall einer extremistischen Bestrebung angesehen", zudem sei "eine ihrer zentralen Führungspersonen ein Faschist". Hinzukomme, dass "die Jugendorganisationen der AfD in mehreren Bundesländern als gesichert rechtsextremistisch gelten". Als Polizeipräsident sei es Kühmes Aufgabe, "die Bevölkerung vor dieser Gefahr zu warnen und die Polizei vor dem Missbrauch durch diese Partei zu schützen".
Unterstützung für Kühme bekundeten darüber hinaus die Fraktionen von Grünen und SPD. Es sei richtig und wichtig, dass die Polizei davor warne, dass die Demokratie von rechts angegriffen werde, hieß es von der Grünen-Fraktion. Die SPD-Fraktion teilte mit, die Polizei lasse sich von keiner Seite für politische Zwecke missbrauchen und verteidige konsequent die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Nach AfD-Kritik: Kühme erhielt 2020 Morddrohung
Johann Kühme hatte sich bereits Ende 2020 kritisch zur "Alternative für Deutschland" geäußert – und erhielt danach Morddrohungen. Er sagte damals, er schäme sich, "wenn Bundestagsabgeordnete der AfD muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger als Kopftuchmädchen und Messermänner bezeichnen oder die Nazi-Gräueltaten als Vogelschiss in der deutschen Geschichte verharmlosen".
Daraufhin hatte er eine Mail erhalten, in der geschrieben stand: "Nicht heute, nicht morgen, denk einfach an Lübcke." Der oder die Verfasser spielten damit auf den Mordfall des damaligen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke an, der im Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses vom Rechtsextremisten Stephan Ernst erschossen worden war.
- gdp.de: Mitteilung der Gewerkschaft der Polizei Niedersachsen vom 28. August 2023
- afd-landtagsfraktion-niedersachsen.de: Mitteilung der AfD vom 28. August 2023
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherche