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"Teufelsinsel" vor Bremerhaven: Dieses Eiland birgt ein düsteres Geheimnis


"Schreie meilenweit zu hören"
Die bewegte Geschichte der "Teufelsinsel"


Aktualisiert am 07.11.2024 - 03:48 UhrLesedauer: 3 Min.
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Luftaufnahme der künstlichen Inseln Langlütje I (unten) und Langlütje II (Archivfoto): Pläne, dort "sanften Tourismus" zu etablieren, scheiterten.Vergrößern des Bildes
Luftaufnahme der künstlichen Inseln Langlütje I (unten) und Langlütje II (Archivfoto): Pläne, dort "sanften Tourismus" zu etablieren, scheiterten. (Quelle: Screenshot/Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer)

Als Verteidigungsanlage errichtet, durchlebten die Inseln bewegte Zeiten. Erst wurden Menschen gefoltert, dann sollte dort Urlaub gemacht werden.

Beide Inseln zusammen messen gerade einmal 33.000 Quadratmeter. Nicht viel Platz für bewegte Geschichte, könnte man annehmen. Doch das stimmt nicht: In den vergangenen 150 Jahren haben die beiden Inseln Langlütjen I und II kurz vor der Küste Bremerhavens mehrere Kriege überstanden. Die Nationalsozialisten errichteten dort zwischenzeitlich ein "KZ unter dem Meer" und ein Unternehmer versuchte, das Areal für den Tourismus herzurichten.

Um die Geschichte der beiden Inseln zu verstehen, muss man viele Jahre in der Zeit zurückgehen, genauer in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die deutsch-dänischen Kriege zwischen 1848 und 1850 sowie die Fortsetzung im Jahr 1864 bildeten den gedanklichen Ursprung von Langlütjen, das einst Langlütjensand hieß.

Kriege, aber auch die Blockade der deutschen Nord- und Ostseeküste durch die französische Marine animierten den Norddeutschen Bund damals, Festungen zu errichten. Ein Eindringen des Feindes über den Seeweg sollte unter allen Umständen verhindert werden. Und so wurde zunächst zwischen 1869 und 1870 Langlütjen I errichtet. Die preußische Marine schüttete rund um die Düne Langlütjesand Erdwälle auf – fertig war ein befestigtes Küstenfort, das den Feind davon abhalten sollte, auch nur in die Nähe der deutschen Küstenstädte an der Nordsee zu gelangen.

Militärtechnik kommt nie zum Einsatz

300 Arbeiter karrten in den Sommermonaten über einen etwa 1,6 Kilometer langen Damm Baumaterialien auf die Insel, was durch die Gezeiten ausschließlich im Sommer und bei Ebbe möglich war. 1871 war das Fort fertig. Bestückt wurde die Verteidigungsanlage mit 21-Zentimeter-Geschützen.

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Nur kurze Zeit später reiften Ideen für eine weitere Anlage, Langlütjen II. Der Unterschied: Die Bauzeit betrug viele Jahre, erst 1880 wurde das Fort aus Backsteinen in den Dienst genommen. Auch Langlütjen II wurde mit Sand aufgeschüttet, doch erst 1914, zu Beginn des Ersten Weltkriegs, installierte das Militär Geschütze auf dem Areal. Die Insel war nur mit dem Boot erreichbar, zu Fuß war der Weg lediglich bei Ebbe möglich.

Trotz aller Militärtechnik, die auf der Insel verbaut wurde, kam diese nie zum Einsatz. Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurden die Geschütze demontiert, zum Teil auch gesprengt. Trümmerteile ragen bis heute aus dem Wasser.

Langlütjen wird zum Konzentrationslager

Die Wirren des Ersten Weltkrieges waren gerade überstanden, da erlangte Langlütjen II traurige Berühmtheit: Von der Gestapo errichtet und von der Sturmabteilung (SA) betrieben, wurden in den Gräben der Befestigungsanlage rund 100 Gefangene gefoltert und ermordet. Ihr Schreie, so berichtete es 2020 ein Zeitzeuge der "Nordwest-Zeitung", seien bis zum Ufer zu hören gewesen. Langlütjen erhielt deshalb auch die Namen "Teufelsinsel" und "KZ unter dem Meer".

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Die Gefangenen stammten, so belegt es unter anderem das Buch "Braunes Wasser" von Ina Ruschinski, aus dem Konzentrationslager "Mißler" in Bremen. Das KZ dort wurde den Nazis irgendwann zu klein, sie wichen auf Langlütje II aus – und setzten ihr schreckliches Treiben dort fort. Das alles geschah zwischen dem 9. September 1933 und dem 25. Januar 1934, so steht es auch auf einer Tafel, die an einer Mauer befestigt wurde. Da die Versorgung der SA-Truppen irgendwann zu umständlich geworden war, zogen sich die Nazis dort zurück.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verfielen die Inseln zusehends, immer größere Teile der Uferbefestigungen brachen ins Wasser, das Betreten der Inseln wurde verboten.

Große Pläne eines Investors

Die beiden Insel gingen in den Besitz des Bundes über und wurden zum Verkauf angeboten. Jeweils 100.000 Euro pro Grundstück veranschlagte der Verkäufer und ein Bremer Geschäftsmann schlug 2008 zu. Seine Idee: "sanfter Tourismus" samt Hotelanlage und einer Seilbahn, die Insel und Festland miteinander verbinden sollte.

Pläne, die noch immer im Netz zu finden sind, zeugen von der utopisch anmutenden Idee, die Insel zu einem Touristenhotspot zu machen. Angepriesen wurde das Projekt unter anderem mit den Worten: "Diese einzigartige, künstlich angelegte Insel aus vergangenen Zeiten, inmitten der Weite des Wattenmeers, birgt schon allein durch die besondere Lage und der Historie ein großes Potenzial."

Wanderungen zu den Inseln

Das "Kulturgut von nationaler Bedeutung" friste "ein nicht hinnehmbares Schattendasein und wird durch die Naturgewalten immer mehr zerstört". Um das Areal zu erhalten, sei "ein architektonischer Eingriff unabdingbar". Dabei sollte die Insel nicht nur gesichert, sondern "durch eine ergänzende Architektur aus der Neuzeit wieder in den Fokus der Öffentlichkeit rücken", teilte der zuständige Architekt damals mit.

Die Pläne wurden nie in die Tat umgesetzt, der Investor zog sich zurück. Die Inseln dienen heute als Lebensraum für zahlreiche Vögel und können besucht werden. Spezielle Wanderungen werden noch immer durch die Tourismuszentrale in Butjadingen angeboten.

Verwendete Quellen
  • bremerhaven.de: Forts Langlütjen I und II
  • taz.de: "KZ auf der Festungsinsel" (1989)
  • nwz-online.de: "Wattinsel mit dunkler Vergangenheit"
  • nwz-online.de: "Die Schreie von der "Teufelsinsel"
  • willkommen.butjadingen.de: Wattwanderung nach Langlütjen II
  • Eigene Recherche
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