t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalBonn

Ulrike Guérot: Das wirre Twitter-Video der Professorin – und was es bedeutet


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

"Keine Versöhnung, nur Vergeltung"
Umstrittene Professorin teilt wirres Twitter-Video


Aktualisiert am 30.11.2022Lesedauer: 3 Min.
Ulrike Guérot (Symbolbild): In einem von ihr geteilten Video geht es um Verrat, Vergebung und den Kampf gegen das "wirklich Böse".Vergrößern des Bildes
Ulrike Guérot (Symbolbild): In einem von ihr geteilten Video geht es um Verrat, Vergebung und den Kampf gegen das "wirklich Böse". (Quelle: Gerhard Leber/imago-images-bilder)
News folgen

Die Bonner Professorin Ulrike Guérot hat ein Video aus zweifelhafter Quelle geteilt. Die Botschaft: Leute wie sie seien verraten worden – von "geldgeilen Schwindlern".

Es wird nicht ruhig um Ulrike Guérot. Ende Oktober hatten Kollegen das Buch "Endspiel Europa" der Professorin für Europapolitik an der Uni Bonn heftig kritisiert. Nun reagiert sie mit einem wirren Twitter-Video. In dem Buch behauptet Guérot unter anderem, die Ukraine habe den Krieg mit Russland begonnen – "stellvertretend für den Westen".

Man könne sie nicht mehr auf Studierende loslassen, schrieb damals beispielsweise der Sozialhistoriker Philipp Ther, denn: "Es fehlt (...) jede Basis für eine fundierte Einschätzung." Guérot steht schon länger in der Kritik – unter anderem wegen ihrer Haltung zur Corona-Pandemie, die Guérot "ein großes Verbrechen an der Menschheit und an der Menschlichkeit" nennt, ein "gesellschaftliches Krebsgeschwür" obendrein.

"Ihr habt dem Gehorsam gehuldigt"

Die vergangenen Wochen und Monate scheinen nicht spurlos an Guérot vorbeigegangen zu sein: Am 26. November teilte die Professorin ein Video der Schweizer Musikerin Andrea Pfeifer. Das Thema: Vergebung, mutmaßlich für die an Pfeifer und implizit wohl ebenso für die an Guérot geübte Kritik. Auch Pfeifer hatte sich in ihrer Musik kritisch mit der Pandemie auseinandergesetzt.

Doch Pfeifer, das wird in dem Video schnell deutlich, will nicht vergeben, unklar ist auch, wem. "Ihr", haucht die Schweizerin mit einem Weinglas in der Hand in die Kamera, "habt dem Gehorsam gehuldigt und uns nur widerwillig geduldet." Das sei "Verrat" – und der ließe sich "nicht einfach weglächeln".

Guérot lobt: "Ein sehr starkes Video"

Pfeifer scheint immer wieder kurz den Faden zu verlieren, trinkt Wein, wirkt verloren. Ihre Stimme bebt, während sie von einem Reim in den nächsten stolpert. Man habe "uns gejagt, bedroht und angeklagt", sagt sie, und das, obwohl sie nur hätten warnen wollen – vor "diesen geldgeilen Schwindlern", die sich "so erfinderisch als Heilsbringer tarnen".

Dass die Corona-Pandemie eine aus finanziellen Gründen von finsteren Mächten inszenierte Farce sei, ist eine weit verbreitete Verschwörungstheorie in der Szene der selbst ernannten "Querdenker" – die Pfeifer aufgreift: Es gelte nun, der "Spur des Geldes (zu) folgen, bis wir dem wirklich Bösen gegenüberstehen".

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Zum Ende des Videos scheint sich Pfeifer zu sammeln. Ihr letzter Satz hat nichts mehr von der augenscheinlichen Fahrigkeit der vergangenen drei Minuten, sie blickt direkt in die Kamera und sagt mit fester Stimme: "Das Vertrauen ist entzwei, und solang das nicht gewürdigt wird, ist's für uns noch nicht vorbei." Ulrike Guérot findet: "Ein sehr starkes Video (...) zum Thema Versöhnung."

Zuerst auf einer Verschwörungs-Plattform

Doch woher hat Guérot das Video überhaupt? Vor ihrem Twitter-Post war es für die Öffentlichkeit nur bei deutlich kleineren Twitter-Accounts zu finden. Andrea Pfeifer selbst hat eine unscheinbare Präsenz in den sozialen Medien, bei YouTube folgen ihr weniger als 2.000 Menschen. Einen Twitter-Account hat sie nicht, dafür rund 4.000 Facebook-Freunde und 959 Abonnenten bei Telegram. Am 28. November hat Pfeifer das Video zwar bei YouTube hochgeladen – damit allerdings zwei Tage nach der Twitter-Huldigung durch Guérot.

Doch es gibt eine Webseite, die Pfeifers Video vor Guérot veröffentlicht hat und wohl die Originalquelle ist: ein Schweizer Online-Fernsehsender, der sich selbst als "das Fernsehen für Weiterdenker" bezeichnet. Themen sind dort unter anderem die "Verletzungsmechanismen der Genspritze" (gemeint sind die Corona-Impfungen), die "westliche Regierungsübernahme in der Ukraine" (gemeint ist die demokratische Wahl Selenskyjs) und die "Provokation eines dritten Weltkriegs" (gemeint ist nicht Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, sondern ein inzwischen gelöschter Tweet eines Lokalpolitikers aus Basel).

Einer will Vergeltung, ein anderer "knüpft einen Knoten"

Ob Guérot das Video auf der wenig bekannten Verschwörungsseite gefunden hat, ist nicht klar – wahrscheinlicher ist als Quelle einer der kleineren Twitter-Accounts, die das Video kurz vor ihr geteilt hatten. Allerdings bereitet die Professorin auf diese Art einem Video die Bühne, das zunächst auf einer Nischenplattform für Verschwörungstheoretiker zu finden war. Guérot folgen bei Twitter 61.000 Menschen.

Eine schriftliche Anfrage von t-online an Guérot läuft ins Leere. Sie wird mit dem Hinweis beantwortet, die Professorin sei nicht zu erreichen. "Wir bitten, von weiteren Anfragen abzusehen", heißt es. Ein Pressesprecher der Universität Bonn schreibt: "Die Universität Bonn trägt für private Social-Media-Aktivitäten von Universitätsangehörigen keine Verantwortung. Zu etwaigen laufenden Personalangelegenheiten können wir Ihnen aufgrund rechtlicher Verpflichtungen keine Auskunft geben."

Unter den Anhängern der Professorin hat der Tweet seine Wirkung nicht verfehlt: Die Antworten sind voll mit wirrsten Verschwörungstheorien – und Rachefantasien. Ein Teil von ihm stimme zu, schreibt einer. "Der andere knüpft einen Knoten." Ein weiterer Nutzer schreibt: "Genozid kann man nicht verzeihen." Und wieder ein anderer droht, dass es keine Versöhnung geben werde. "Nur Vergeltung."

Verwendete Quellen
  • Webseite von Andrea Pfeifer
  • Webseite der Uni Bonn
  • Anfragen bei Ulrike Guérot und der Uni Bonn
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website