Berlin Politologe Knelangen erwartet Schwarz-Grün im Norden
Der Kieler Politikwissenschaftler Wilhelm Knelangen rechnet mit einem schwarz-grünen Regierungsbündnis in Schleswig-Holstein nach dem klaren Wahlsieg von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). "Ein erklecklicher Teil der Wählerschaft hat Günther eben nicht als CDU-Kandidaten gewählt, sondern als Jamaika-Kopf", sagte der Professor am Montag der Deutschen Presse-Agentur. "Er gilt als derjenige, der die konservativen Teile des Landes zusammenbringt mit der ökologischen Bewegung der Grünen." Deshalb sei die Union gut beraten, diesen wichtigen Teil des Wahlerfolges nicht infrage zu stellen.
Programmatisch seien CDU und FDP näher beieinander, deshalb unter Schwarz-Gelb unkomplizierteres Regieren möglich, sagte Knelangen. Auch würden schwarz-grüne Koalitionsverhandlungen nicht reibungslos verlaufen. Zur Dramaturgie von solchen Gesprächen gehöre es, deutlich zu machen, dass sich beide Seiten wirklich zusammenrauften. "Aber wenn man die Geschichte weitererzählen will, dass modern-konservativ und progressiv-ökologisch zusammenkommen, dann wird das die Parteien zusammenbringen." Ein Selbstläufer werde das allerdings nicht.
Für die Grünen sprächen aus Sicht Günthers und der CDU darüber hinaus strategische Überlegungen. "Wenn die Grünen trotz ihres Wahlerfolges in die Opposition geschickt werden, dann wird diese im Norden sehr stark sein", sagte Knelangen. Zudem würde dies die Partei wieder zurück in die Arme der SPD treiben. "Die CDU muss aber ein Interesse daran haben, dass die durch die Ampel im Bund engere Verbindung von SPD und Grünen wieder geknackt wird." Die Union müsse über den Wahlerfolg im Norden hinaus Interesse an Machtoptionen haben. "Eine schwarz-grüne Koalition hier im Land ist von bundespolitischem Interesse für die CDU."
Die Union werde in den kommenden Tagen natürlich auch mit der FDP sprechen, sagte Knelangen. "Vermutlich wird sie nach Gesprächen mit FDP und Grünen feststellen, dass es mit beiden aktuellen Koalitionspartnern gehen wird. Am Ende wird es Daniel Günther sein, der entscheidet." Dessen Aussagen nach der Wahl zeigten, dass er weiter bereit für eine Lager übergreifende Regierung sei. Das habe allerdings nicht nur Vorteile. "Der Preis von Jamaika war die inhaltliche Unkenntlichkeit der CDU." Sie habe mit Ausnahme der Bildungspolitik von Karin Prien keine eigenen großen Themen gesetzt. "Günther steht eindeutig im Vordergrund, gewissermaßen als Spielführer. Aber die besten Einzelspieler kamen nicht aus der CDU."