"Bedauerliche Einzelfälle" Minderjährige durften bei Berlin-Wahl wählen – trotz Wahlalter von 18
Die Pannenserie rund um die Berlin-Wahl reißt nicht ab: Laut einem Bericht haben auch Minderjährige an der Abstimmung teilgenommen. Allein werden die Wahlämter die Panne nicht aufklären können.
In der Aufarbeitung der Berlin-Wahl ist die nächste Panne entdeckt worden: Laut einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" haben bei der Berlin-Wahl auch Minderjährige gewählt. Dabei lag das Wahlalter in Berlin für fast alle Abstimmungen bei 18 Jahren.
Der Urnengang in Berlin, bei dem die Berliner am vorvergangenen Wochenende unter anderem ihre Stimmen für die Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl abgeben konnten, hatte aufgrund der Probleme am Wahltag bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.
Laut dem Bericht wurden Jugendlichen im Stadtbezirk Neukölln demnach alle Wahlzettel ausgehändigt – obwohl sie lediglich bei der Bezirksverordnetenversammlung ihre Stimme hätten abgeben dürfen. Weiter habe ein Jugendlicher im Stadtteil Weißensee im Bezirk Pankow auch am Volksentscheid teilnehmen dürfen.
Wahl in Berlin: "Ich hab' natürlich alles ausgefüllt"
Die Welt zitiert in dem Bericht einen 17-Jährigen, der auf dem Internetportal TikTok erfahren hatte, dass auch er an der Berlin-Wahl teilnehmen dürfe. Allerdings eigentlich nur bei der Bezirksverordnetenversammlung. Im Wahllokal selbst habe man ihn darauf aber nicht aufmerksam gemacht: "Ich hab' natürlich alles ausgefüllt."
Gegenüber der Zeitung sprach der Leiter des zuständigen Bezirksamts von "bedauerlichen Einzelfällen". Die Jugendlichen seien selbst dafür verantwortlich, nur die Stimmzettel auszufüllen, für die sie auch berechtigt seien. Man habe die gemeldeten Vorfälle nicht überprüfen können, gehe jedoch nicht davon aus, dass Minderjährige in großer Zahl an der Berlin-Wahl teilgenommen hätten.
Der Leiter der Geschäftsstelle der Landeswahlleitung in Berlin, Geert Baasen, ging im Fall der Bundestagswahl am Dienstag davon aus, dass Minderjährige ihre Stimme im Wahllokal nicht ohne weiteres abgeben konnten. Anders als für die anderen beiden Wahlen gab es hier separate Wahlurnen. Für die anderen Wahlen hält Baasen Stimmabgaben von unter 18-Jährigen "für theoretisch möglich".
Selbst bei einer ausführlichen Nachzählung werden die Wahlämter aber nicht mehr nachweisen können, welche Stimmzettel von Jugendlichen stammen. Die Ämter sind nun auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.
Pannenserie in Berlin bei Bundestagswahl
Bei der Berlin-Wahl am vorvergangenen Sonntag ist es in zahlreichen Bezirken unter anderem wegen langer Wartezeiten, fehlender Stimmunterlagen und langen Transportwegen durch den Berlin-Marathon zu Chaos gekommen. Menschen sollen wegen zu langer Schlangen nach Hause geschickt worden sein, anderswo durfte man noch nach 18 Uhr wählen, während Hochrechnungen und Prognosen schon bekannt waren.
Der Sender RBB berichtete zudem am vergangenen Mittwoch, in mindestens 99 Wahllokalen seien auffällig viele Stimmzettel ungültig gewesen. Es gehe um mindestens 13.120 Stimmen bei allen Wahlgängen. Vermutlich hätten die Wähler falsche Stimmzettel aus anderen Bezirken erhalten.
Landeswahlleiterin Petra Michaelis hatte im Zusammenhang mit der Pannen-Serie am vergangenen Mittwoch ihren Rücktritt angeboten. Zunächst hatte sie die Schuld noch von sich gewiesen und sah die Verantwortung bei den Bezirksämtern. Dem Bezirkswahlleiter von Friedrichshain-Kreuzberg zufolge wurden die Wahlvorstände vor der Wahl sogar gewarnt.
- Welt.de (kostenpflichtig): "Neue Pannen-Dimension – in Berlin nahmen Minderjährige an Bundestagswahl teil"
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa