Neuer Landesverband BSW stellt Regierungsanspruch in Berlin
Nach mehreren anderen Bundesländern hat Sahra Wagenknechts Partei BSW nun auch in Berlin einen Landesverband gegründet. Und der hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) will als neue politische Kraft nun auch die Berliner Politik aufmischen. Auf der Gründungsversammlung des BSW-Landesverbands in Adlershof wurden der frühere Linken-Abgeordnete Alexander King mit 75,8 Prozent und die Krankenschwester Josephine Thyrêt mit 86,4 Prozent als Vorsitzende gewählt. Sie kandidierten für eine Doppelspitze, weitere Bewerber gab es nicht.
"Heute ist ein historischer Tag", sagte King. Der neue, aktuell 81 Mitglieder umfassende Landesverband sei mit viel Rückenwind gestartet, fügte er hinzu und verwies auf das Ergebnis der Europawahl von 8,7 Prozent und eine neue Insa-Umfrage im Auftrag von "Bild", bei der das BSW in Berlin auf 12 Prozent kommt. Das sei eine große Verantwortung, weil sich darin auch Hoffnungen vieler Menschen ausdrückten, die das BSW nicht enttäuschen dürfe.
"Friedensthema" steht weit vorn
"Wir als BSW wollen uns in der Mitte der Gesellschaft ansiedeln", sagte King. Er und die Co-Vorsitzende Thyrêt nannten "das Friedensthema" als momentan wohl wichtigsten Punkt, weshalb das BSW in der Wählergunst so gut dastehe. Viele Berlinerinnen und Berliner wünschten sich Frieden in der von Russland angegriffenen Ukraine und im Nahen Osten und mehr friedenspolitische Initiativen. Es müsse verhindert werden, dass die Konflikte weiter eskalieren und "als großer Krieg auch noch nach Deutschland kommen".
Als weitere Themen der neuen Partei, die in Berlin zwar nun eine Satzung, aber noch kein Programm hat, nannten die beiden Vorsitzenden den Bau bezahlbarer Wohnungen, die Umsetzung des Volksentscheids von 2021 zur Enteignung großer Wohnungskonzerne, bessere Rahmenbedingungen und Bürokratieabbau für den Mittelstand oder den Erhalt von Krankenhäusern.
Und: "Wir erwarten vom Bund, dass es eine regulierte Zuwanderung gibt." Diese müsse so begrenzt werden, dass auch gute Integration möglich sei, so King. Bei der Unterbringung geflüchteter Menschen in Berlin dürften nicht immer dieselben Nachbarschaften vor allem in manchen östlichen Stadtteilen herangezogen werden. Nötig sei eine gleichmäßigere Verteilung unter Berücksichtigung der sozialen Situation und der Infrastruktur vor Ort.
BSW will regieren
"Wir wollen regieren", sagte King mit Blick auf die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2026. "Ohne BSW wird es schwierig, eine Regierung zu bilden. Das ist auch unser Ziel." Das sei aber kein Selbstzweck: "Wir wollen etwas verändern." Eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss King aus. Sehr schwierig werde es wegen deren Programmatik etwa in der Verkehrspolitik mit den Grünen. Die anderen größeren Parteien kämen aus seiner Sicht grundsätzlich als mögliche Koalitionspartner infrage. "Aber das ist ja noch zwei Jahre hin."
Die Bundestagsabgeordnete und ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hatte ihre Partei im Januar gegründet. Nach und nach bilden sich BSW-Landesverbände. Der Berliner Landesverband ist nach Angaben eines Parteisprechers in dieser Reihe der fünfte. An der Gründungsversammlung nahmen 66 stimmberechtigte Mitglieder teil.
King sitzt schon im Abgeordnetenhaus
Diplom-Geograf King ist 54 Jahre alt und seit Dezember 2021 mit kurzer Unterbrechung Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Im November 2023 verließ er die Linksfraktion im Parlament, um sich dem BSW anzuschließen. Thyrêt ist 49 Jahre alt und seit fast vier Jahren Betriebsratsvorsitzende beim landeseigenen Klinikkonzern Vivantes. Seit mehr als einem Jahr fungiert sie dort auch als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende.
Die Gründungsversammlung des Berliner BSW-Landesverbands war mit Ausnahme des Beginns nicht für Medienvertreter zugänglich. Nach der Wahl der beiden Vorsitzenden stellten diese sich auf einer Pressekonferenz den Fragen von Journalisten.
- Nachrichtenagentur dpa