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Berlin: Rechtsextreme Partei "Der III. Weg" wirbt Jugendliche vor Schulen an


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Schüler in Sorge
Wie eine rechtsextreme Partei Jugendliche vor Schulen anwirbt


23.04.2024Lesedauer: 3 Min.
Der III. Weg in Berlin (Archivbild): Die Kleinstpartei ist immer wieder vor Schulen aktiv.Vergrößern des Bildes
Der III. Weg in Berlin (Archivbild): Die Kleinstpartei ist immer wieder vor Schulen aktiv. (Quelle: IMAGO/JeanMW)

Die Schülervertretungen der Ostländer warnen vor Rechtsextremismus in den Schulen. In Berlin gibt es insbesondere ein Problem mit einer Kleinstpartei.

Paul Seidel ist 19 Jahre alt und besucht die Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Britz. Der Abiturient versteht sich als politisch interessierter und gebildeter Schüler. Obwohl seine Schulzeit bald vorbei ist, sorgt er sich um Rechtsextremismus, der immer wieder in der Schule auftaucht. Hakenkreuze und Hitlergrüße gebe es zwar. Das größte Problem sei jedoch ein anderes. "Die Schüler werden von den Rattenfängern des 'III. Weges' abgefangen", sagt er im Gespräch mit t-online.

Die Partei "Der III. Weg" gibt es seit 2013. Sie ist eine rechtsextreme Kleinstpartei, hat ein stark neonazistisches Profil und versteht sich als radikale Alternative zu "Die Heimat" (ehemals NPD), wie die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt. Sie ist laut "Berliner Register" derzeit die "aktivste und gefährlichste Neonazi-Organisation" der Stadt.

Und die Partei ist vor Schulen im Osten der Hauptstadt unterwegs. Dort verteilt sie in einer "Schulhofoffensive", wie es auf der rechtsextremen Plattform der Partei heißt, Flyer oder Sticker, um Schüler anzuwerben. Dabei gehen sie auch verdeckt vor.

Schüler: "Es gibt massive Einwirkung auf uns"

Auf den Flyern sei das Parteilogo etwa nicht zu sehen, sagt Seidel. Dasselbe gelte für Websites, die sich hinter QR-Codes verbergen. Man versuche die Schüler mit verschiedensten Themen zu ködern, ohne die rechte Ideologie direkt offenzulegen. Die Rechtsextremen seien dabei nicht als Nazis zu erkennen. "Das sind keine Skinheads mit Springerstiefeln oder Bomberjacken. Die sehen so aus wie ich", sagt Seidel. Ihm bereite die Entwicklung große Sorgen. "Die gehen offensiv vor. Es gibt eine massive Einwirkung auf uns", so der 19-Jährige. "Sie nutzen die fehlende politische Bildung und die nicht vorhandene Medienkompetenz der Schüler aus".

Eine Schülerin im Unterricht.
Eine Schülerin im Unterricht. (Quelle: IMAGO/Volker Herold)

Schülervertretungen der Ostländer warnen vor Rechtsextremismus

Die Schülervertretung u.a. aus Berlin machte Anfang April in einer Mitteilung darauf aufmerksam, dass sie an Schulen immer häufiger völkische Narrative, antisemitische Verschwörungstheorien und extremistisches Gedankengut feststellen. All dies treffe auf eine Schulgemeinschaft, die darauf "personell, materiell und vom Wissen her schlecht vorbereitet ist". Wichtig sei etwa, in der Schule den Umgang mit Medien und Fake News zu lehren, das Wissen über die deutsche Vergangenheit zu unterrichten und über Methoden der modernen Rechten aufzuklären. Als Unterstützung stehen dafür verschiedene Initiativen wie die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin bereit.

Dass es Probleme mit Rechtsextremismus an Berliner Schulen gibt, ist auch der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) bekannt. Anna Schmidt ist Juristin und für die MBR aktiv. "An Berliner Schulen hat man in den meisten Fällen keine überzeugten rechtsextremen Jugendlichen", sagt sie. "Wir sehen eher eine Distanzlosigkeit zu rechtsextremer Ideologie, gepaart mit dem Interesse an Provokation. Das kann – wenn man nicht dagegen vorgeht – zu einem unangenehmen bis bedrohlichen Klima in der Schule führen"

Das zeige sich etwa in vermeintlich witzigen Memes in Klassenchats, die antisemitische und rassistische Inhalte transportieren. "Viele Lehrkräfte in Berlin machen sehr schnell Erfahrungen mit Hakenkreuzschmierereien und mit rassistischen Aussagen", fügt sie hinzu.

Partei ist teils "gewaltbereit und gewalterfahren"

Parteien wie "Der III. Weg" profitieren von dieser Distanzlosigkeit, sagt Schmidt. Eine juristische Handhabe, gegen die Rechtsextremen vor der Schule vorzugehen, gebe es nicht. Verteilaktionen bedürften ihres Wissens nach keiner Genehmigung. "Die Mitglieder wissen genau, wie weit sie gehen dürfen und wo die strafrechtlich relevanten Grenzen sind". In den meisten Fällen würden sie sich genau unter dieser Schwelle bewegen.

Dennoch seien die Mitglieder der Partei zum Teil gewaltbereit und gewalterfahren, so Schmidt. Kampfsporttrainings nehmen demnach eine große Rolle innerhalb der Gruppe ein. Dem MBR sind Einschüchterungsversuche und Angriffe auf Jugendclubs, etwa auf das "Unabhängige Jugendzentrum Pankow" (JUP), bekannt.

Die Partei "Der III. Weg": Sie ist in Berlin an Schulen unterwegs.
Die Partei "Der III. Weg": Sie ist in Berlin an Schulen unterwegs. (Quelle: IMAGO/xcitepress)

Rechtsextreme Vorfälle an Berliner Schulen

Der "Berliner Register" dokumentiert u.a. rechtsextreme Vorfälle. Im Jahr 2023 hat die Beratungsstelle 41 rechte Propaganda-Vorgänge an Schulen in der Hauptstadt festgestellt, viele davon vom "III. Weg". Dazu zählen etwa rechte Plakate, Sticker oder Hakenkreuze. Die Zahl ist seit 2019 stark gestiegen.

Es könne daher sinnvoll sein, die Polizei zu rufen, sollte es im Rahmen der Verteilaktionen zu Beleidigungen oder Bedrohungen gegen Schüler kommen. "Es gibt an vielen Schulen auch politisch interessierte Jugendliche, die in die Konfrontation gehen oder ihren Standpunkt deutlich machen wollen", sagt Schmidt und weiter: "Gerade Lehrkräfte müssen die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler im Blick haben". Es könne zudem helfen, sich als Schulgemeinschaft zu positionieren.

Aus Sicht von Schüler Paul Seidel ist jeder Kontakt ins rechte Milieu gefährlich. "Wir haben Schüler, die sich von den Verteilaktionen des 'III. Weges' abholen lassen", sagt er. "Wenn sie sich erstmal auf eine zunächst so harmlos wirkende Umgebung einlassen und in der sozialen Gruppe angekommen sind, wird es sehr schwer, wieder dort herauszukommen". Der Abiturient geht noch weiter: Er möchte, dass die Politik ein Verbotsverfahren für die Partei prüft.

Der "Berliner Register" hat eine Handreiche für Lehrerinnen und Lehrer, denen Neonazis auf oder vor dem Schulhof begegnen, zusammengestellt. Diese findet sich hier.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit dem Schüler Paul Seidel
  • Gespräch mit Anna Schmidt von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin
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