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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Prozess auf der Zielgeraden Attacken auf Bushido: "Ein gnadenlos kalkulierender Mann"
Am mittlerweile 113. Verhandlungstag biegt der Prozess gegen den Ex-Manager von Rapper Bushido allmählich auf die Zielgerade ein. Die Verteidigung hält ihre Plädoyers.
Im Prozess um die Auseinandersetzung zwischen Rapper Bushido und dessen ehemaligem Gesprächspartner Arafat Abou-Chaker hat die Verteidigung gefordert, den Angeklagten Abou-Chaker in wesentlichen Punkten freizusprechen. Für die Anschuldigungen gebe es keine Beweise. Sie beruhten lediglich auf den Zeugenaussagen von Bushido, der bürgerlich Anis Ferchichi heißt, und dessen Ehefrau Anna-Maria Ferchichi.
In seinem Plädoyer zeichnete Anwalt Hansgeorg Birkhoff das Bild vom großen Show-Man Ferchichi, der es mit der Wahrheit nicht so genau nehme. "Egal, was er erzählt, es kommt immer prima rüber. Aber ist es deswegen wahr?", sagte Birkhoff. Sein Mandant sei vom Vorwurf der versuchten schweren Erpressung, Freiheitsberaubung, Nötigung sowie gefährlichen Körperverletzung und schweren Untreue freizusprechen.
Heimliche Tonaufnahmen: Angeklagter räumt Vorwürfe ein
Laut Darstellung von Bushido wurde er im Januar 2018 unter anderem in einem Büro eingesperrt, beschimpft und bedroht sowie mit einer Flasche und einem Stuhl beworfen. Arafat Abou-Chaker habe als sein langjähriger Partner in der Musikbranche unberechtigte Zahlungen verlangt. Seine Beziehung zu seinem Ex-Manager verglich der Rapper in seiner Aussage vor Gericht mit einer Zwangsehe.
Die Anklage wirft Abou-Chaker darüber hinaus vor, heimlich Tonaufnahmen von Gesprächen mit Ferchichi angefertigt zu haben. Diesen Vorwurf räumte der Angeklagte im Prozessverlauf ein. In diesem Punkt forderte Birkhoff eine "anlass- und sachgerechte" Strafe für seinen Mandanten. Seinem Mandanten stehe zudem eine Entschädigung für rund zwei Wochen zu, die er zu Unrecht wegen möglicher Straftaten gegen Bushido im Januar des Jahres 2019 in Untersuchungshaft gesessen habe.
Der 47-Jährige, der als Clan-Chef gilt, ist der Hauptangeklagte in dem seit fast dreieinhalb Jahren laufenden Prozess. Mitangeklagt sind drei seiner Brüder im Alter von 42, 46 und 53 Jahren. Bushido ist in dem Strafverfahren Zeuge und Nebenkläger. Ein Großteil der Vorwürfe basiert auf den Aussagen des Rappers, der inzwischen mit seiner Familie in Dubai lebt.
Prominenter Zuschauer sorgt für kurzes Aufsehen
Die Anwälte von den Mitangeklagten Yasser, Nasser und Rommel Abou-Chaker plädierten ebenfalls auf Freisprüche für ihre Mandanten. Sie schlossen sich in ihrer Einschätzung von Ferchichi den Arafat-Verteidigern an. Bushido sei "ein gnadenlos kalkulierender Mann", sagte Olaf Franke, der angab, den Rapper schon seit mehr als 20 Jahren zu kennen. Immer wieder betonten die Verteidiger, wie belastend der lange Prozess für ihre Mandanten sei. Außerdem kritisierten sie eine mediale Vorverurteilung der Abou-Chakers.
Der Prozesstag vor dem Landgericht Berlin verlief größtenteils ruhig. Lediglich kurz Aufsehen erregte ein prominenter Gast, der am Nachmittag plötzlich den Zuschauerraum betrat: der Rapper Fler, der auch im Prozess ausgesagt hatte. Zum Schluss des Verhandlungstages durften die Angeklagten sich nicht einmal äußern. Er schließe sich den Schilderungen seiner Anwälte an und sei froh, dass der Prozess nun zu Ende gehe, sagte Arafat Abou-Chaker.
Bushido-Prozess: Strafantrag gegen Abou-Chaker reduziert
Bevor die Verteidiger am Freitag plädierten, reduzierte die Staatsanwaltschaft ihren Strafantrag für den Hauptangeklagten leicht. Statt einer Gesamtstrafe von vier Jahren und vier Monaten Haft, beantragte sie nun vier Jahre, drei Monate und eine Woche. Hintergrund ist, dass der 47-Jährige zwischenzeitlich den noch offenen Restbetrag einer Geldstrafe bezahlt hat. Diese hatte Oberstaatsanwältin Petra Leister zunächst in ihren Strafantrag mit einbezogen. Für die Mitangeklagten hatte sie Gesamtstrafen beantragt, die von sieben Monaten auf Bewährung bis zu zwei Jahren und einem Monat Haft reichen.
Nebenkläger Ferchichi blieb der Verhandlung erneut fern. Am 5. Februar soll nun das Urteil im Mammutprozess fallen.
- Reporter vor Ort
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa