Trotz Dauerbewachung durch die Polizei So gelang der "Letzten Generation" der Coup am Brandenburger Tor
Es war eine Schmier-Attacke mit Ankündigung – und sie gelang, obwohl die Polizei eigentlich vor Ort und wachsam war.
Die "Letzte Generation" hat es schon wieder getan: Die Klimaaktivisten haben das Brandenburger Tor in Berlin wie schon im September mit oranger Farbe beschmiert und damit die Polizei düpiert. Denn als zwei junge Aktivistinnen am Donnerstag ihre Pinsel herausholten, hätten eigentlich fünf Beamte sofort dazwischengehen sollen. Sie waren extra abgestellt, um das Wahrzeichen vor genau solchen Aktionen zu schützen.
"Egal ob mit Feuerlöschern, Farbeimern oder Pinseln – wir werden das Brandenburger Tor immer wieder orange färben", hatte die "Letzte Generation" Ende Oktober angekündigt. Das Tor bleibe ein Ziel, "bis die sozialgerechte Wende weg von der Nutzung von Öl, Gas und Kohle eingeleitet ist", schrieben die Klimaprotestler und machten damit den Ordnungshütern die Notwendigkeit einer Spezial-Bewachung deutlich.
Alarm bei Berliner Polizei – wegen "maskierter Person mit Axt"
Und genau deshalb pendelte am Donnerstag wie üblich eine Fünfergruppe Polizisten zwischen dem Platz des 18. März auf der West- und dem Pariser Platz auf der Ostseite des Brandenburger Tors hin und her. Immer in Sichtweite, immer bereit, schnell einzuschreiten.
Doch dann klingelte bei der Polizei plötzlich das Telefon: An einem nahen U-Bahnhof sei eine maskierte Person mit Axt unterwegs, hieß es. "Person mit Axt – da schrillen natürlich alle Alarmglocken", sagte eine Polizeisprecherin t-online.
In so einer Situation, wenn Menschenleben in Gefahr sind, man mit dem Schlimmsten rechnen muss und sogar Amok oder Terror nicht ausgeschlossen sind, gehe es um jede Sekunde. Der Schutz eines Wahrzeichens steht dann hinten an: Die Fünfergruppe spurtete also los.
"Letzte Generation" nutzt den Moment: War es gezielte Täuschung?
Genau diesen Moment nutzten zwei junge Frauen der "Letzten Generation" für die Farbattacke. Während die Beamten im U-Bahnhof nach dem vermeintlichen Axtmann suchten, keinen fanden und schließlich Fehlalarm meldeten, bepinselten die beiden Frauen im Alter von 21 und 23 Jahren die Westseite des Brandenburger Tores. Mehr zu ihrer Aktion lesen Sie hier.
Den Beamten stellt sich nun die Frage, ob die Kollegen vor Ort gezielt weggelockt wurden oder ob die beiden Aktivistinnen einfach geduldig auf der Lauer lagen und auf genau so eine Gelegenheit warteten. Möglich, das betont die Polizei, sei beides.
Polizei muss Erfolgsmeldung zurückziehen
Eine Antwort darauf wird sich aber wohl nicht so bald wie zunächst erhofft geben lassen. Zuerst hatte die Polizei nämlich eine Festnahme am Frankfurter Tor gemeldet, acht U5-Haltestellen vom Brandenburger Tor entfernt. Dort sei Einsatzkräften jemand in die Finger geraten, auf den die Beschreibung der am Brandenburger Tor als gefährlich wahrgenommenen Person passe. Nun könne man prüfen, ob diese Person in irgendeiner Verbindung zur "Letzten Generation" stehe, hieß es.
Aber dann stellte sich diese Erfolgsmeldung als Fehler heraus. "Da lag bei uns ein interner Übermittlungsfehler vor", erklärte eine Polizeisprecherin t-online am Freitagnachmittag. "Es gab gar keine Festnahme am Frankfurter Tor."
In Friedrichshain sei lediglich eine randalierende Person gemeldet worden, die zuvor auch schon in Mitte aufgefallen war. Aber diese Person sei erstens nicht von Einsatzkräften gestellt worden, sondern entkommen. Und zweitens sei es gut möglich, dass zwischen dem angeblichen Axtmann und dem späteren U5-Randalierer keinerlei Zusammenhang bestehe.
Der angerichtete Schaden: kein Vergleich zum letzten Mal
Am 17. September hatten 14 Klimaaktivisten der "Letzten Generation" sechs Säulen an der Ostseite des Brandenburger Tores mit Farbe aus Feuerlöschern besprüht. Die Spuren davon sind noch immer zu sehen: Eine erste Reinigung mit heißem Wasser aus Hochdruckstrahlern hatte nicht den gewünschten Erfolg gebracht, Anfang November wurde deshalb ein Gerüst für weitere Reinigungsarbeiten aufgebaut. Insgesamt wird mit Kosten von mindestens 115.000 Euro gerechnet, die Berlin von der "Letzten Generation" eintreiben will.
Dieses Mal waren einem Bericht der "Berliner Zeitung" zufolge Reinigungsexperten sehr schnell aktiv. Mit einem Hochdruckreiniger habe einer von ihnen die Farbe in wenigen Minuten fast vollständig entfernt. Hilfreich sei dafür offenbar auch der bis in eine Höhe von zwei Metern angebrachte Graffitischutz gewesen.
- Telefonate mit Sprecherinnen der Polizei
- letztegeneration.org: "Brandenburger Tor bleibt orange"
- berliner-zeitung.de: "Aktivistinnen beschmieren erneut Brandenburger Tor mit Farbe"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa