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Sachsenhausen: Verurteilter KZ-Mann stirbt mit 102 Jahren


Bis zuletzt leugnete er
Verurteilter KZ-Wachmann stirbt mit 102 Jahren

Von dpa, afp, t-online, mtt

26.04.2023Lesedauer: 2 Min.
Der KZ-Wachmann im Sommer 2022 bei der Urteilsverkündung: Er leugnete bis zum Schluss, doch das Gericht glaubte ihm nicht.Vergrößern des Bildes
Der KZ-Wachmann im Sommer 2022 bei der Urteilsverkündung: Er leugnete bis zum Schluss, doch das Gericht glaubte ihm nicht. (Quelle: Sommer/dpa)
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Der frühere KZ-Wachmann Josef S. ist im Alter von 102 Jahren gestorben. Vergangenes Jahr war er zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden.

"Sie haben drei Jahre lang täglich dabei zugesehen, wie deportierte Menschen grausam gequält und ermordet wurden", hatte der Vorsitzende Richter des Landgerichts Neuruppin im Juni 2022 gesagt. "In Beurteilungen wurde festgestellt, dass sie ein zuverlässiger Wachmann – und damit ein willfähriger Helfer der Täter waren."

Josef S. war im vergangenen Sommer zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er von 1942 bis 1945 als SS-Wachmann im KZ Sachsenhausen tätig war und Beihilfe zum Mord an mehr als 3.500 Häftlingen beging.

Richter: Fülle an Indizien führte zu Urteil

Jetzt ist der KZ-Wachmann tot. Dies berichteten am Mittwoch sowohl die Nachrichtenagentur dpa als auch die Nachrichtenagentur AFP. Er starb im Alter von 102 Jahren – in Freiheit. Da der Mann Revision gegen das Urteil einlegt hatte, war es noch nicht rechtskräftig.

S. selbst hatte im Prozess bis zuletzt behauptet, nie in dem KZ nördlich von Berlin gewesen zu sein. Das Gericht glaubte ihm nicht. Angesichts der Fülle der Indizien bestehe kein Zweifel an der Täterschaft des Mannes. Der Richter verwies auf die zahlreichen im Prozess behandelten Dokumente mit dem Namen, Geburtsort und Geburtstag des Beschuldigten und andere Hinweise.

KZ Sachsenhausen: Zehntausende Tote

Damit habe der Angeklagte den Terror und die Mordmaschinerie der Nationalsozialisten mitgetragen. "Sie haben mit Ihrer Tätigkeit diese Massenvernichtung bereitwillig unterstützt." Der Spruch auf dem Lagertor "Arbeit macht frei" sei eine zynische Umkehr der Wahrheit durch die SS gewesen, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung. "Arbeit machte dort tot. So war es von der SS auch beabsichtigt."

In dem Konzentrationslager, das im Sommer 1936 von Häftlingen aus den Emslandlagern errichtet worden war, waren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert – unter ihnen politische Gegner des NS-Regimes sowie Angehörige der von den Faschisten verfolgten Gruppen wie Juden und Sinti und Roma. Zehntausende Häftlinge kamen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen ums Leben oder wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen der SS.

Beihilfe zu Mord neu definiert

Nach dem Kriegsende hatte S. jahrzehntelang unauffällig in Brandenburg gelebt, obwohl die Staatssicherheit der DDR von seiner SS-Tätigkeit wusste, wie das Gericht darlegte. Auch in Westdeutschland seien viele ehemalige KZ-Wachleute unbehelligt geblieben, weil die Justiz untätig geblieben sei, kritisierte der Richter.

Denn der Bundesgerichtshof hatte 1969 festgelegt, dass KZ-Wächtern eine individuelle Schuld nachzuweisen ist – was schwierig ist. Erst in den Vorermittlungen zu einem Urteil von 2011 hatte die Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg die Beihilfe zum Mord neu definiert und festgelegt, dass jeder Beschäftigte in einem KZ dazu beigetragen hat, dass die Tötungsmaschinerie funktionierte – direkt oder indirekt.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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