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Wiederholung der Berlin-Wahl: "Es wird jetzt ganz stark um Personen gehen"


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Wiederholung der Berlin-Wahl
Politik-Experte: "Es wird jetzt ganz stark um Personen gehen"

  • Claudia Zehrfeld
InterviewVon Claudia Zehrfeld

16.11.2022Lesedauer: 3 Min.
Plenarsitzung Berliner AbgeordnetenhausVergrößern des Bildes
Berliner Abgeordnetenhaus (Archivbild): Die Wahl des Abgeordnetenhauses muss noch einmal stattfinden. (Quelle: Annette Riedl/dpa/dpa)
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Die Berlin-Wahl muss wiederholt werden, urteilte der Berliner Verfassungsgerichtshof. Was das für Parteien und Wähler bedeutet, erklärt ein Politikwissenschaftler.

Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat am Mittwoch entschieden, dass Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlung neu gewählt werden müssen. Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thorsten Faas rechnet im Interview mit einem sehr knappen Rennen und wagt eine Prognose, was im Wahlkampf zu erwarten ist.

t-online: Könnte die Wahlwiederholung die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey den Job kosten?

Thorsten Faas: Könnte? Ja! Garantiert? Nein! Wenn wir eines aus den Landtagswahlen der jüngeren Vergangenheit gelernt haben, dann, dass sehr, sehr viel Dynamik zu beobachten ist, gerade auf den letzten Metern. Und häufig – zuletzt in NRW und Schleswig-Holstein – legt am Ende sogar die Partei der Regierungschef(in) zu … Also ist es sicherlich für die Regierende Bürgermeisterin kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen.

Was bedeutet die Wahlwiederholung für das Abgeordnetenhaus, ist mit einer neuen Zusammensetzung zu rechnen?

Auch da sind Prognosen gerade sehr, sehr schwierig. Wer weiß schon, wie die Situation rund um den Krieg, aber auch die Energieversorgung und die Energiekosten im Februar sein werden. Alle sind jetzt zurück auf Los, die letzten Umfragen lassen ein sehr knappes Rennen erwarten, aber alles andere ist offen.

Ist es wahrscheinlich, dass sich die Wähler anders entscheiden als beim letzten Mal?

Wir sehen, dass die Zahl der dauerhaft gebundenen Stammwähler und Stammwählerinnen geringer geworden ist. Menschen reagieren einfach stärker auf situative Elemente, gerade auch Personen. Bei Landtagswahlen hat das viel mit Sichtbarkeit und Bekanntheit zu tun. Schließlich sind die Spitzen der Regierung in der Regel viel bekannter als andere.

Also könnten Ereignisse wie etwa der Streit um die autofreie Friedrichstraße die Wahlentscheidung jetzt beeinflussen?

Die Debatten im Nachgang zu dieser Entscheidung haben damals schon gezeigt, dass es um Profilierung von Parteien geht, weniger um das gemeinsame Agieren von Koalitionsparteien. Und das wird sich jetzt natürlich intensivieren. Alle Parteien werden sich, ihre Personen, ihre Positionen in den Vordergrund rücken, sich auch von anderen Parteien – ob in Opposition oder Regierung – abgrenzen. Letztlich, so wäre meine Erwartung, wird es ganz stark um Personen gehen.

(Quelle: Bernd Wannenmacher)

Thorsten Faas, Jahrgang 1975, ist Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt "Politische Soziologie der Bundesrepublik Deutschland" am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin.

Werden die Parteien einen ähnlichen Wahlkampf wie 2021 führen?

Die Zeiten sind anders – und vor allem sind die Wahlkampfkassen leer. Insofern werden wir vielleicht eher einen Wahlkampf erleben, der auf Mitglieder setzt, Infostände, Haustürbesuche, weniger auf sehr kostenintensive Formate.

Gehen Sie davon aus, dass die Wahlwiederholung regulär abläuft?

Sie muss. Und ich bin auch optimistisch, weil allen klar ist, dass es gelingen muss. Und die Komplexität ist geringer – nicht nur wegen des Marathons, sondern gerade auch, weil "nur" Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlung neu gewählt werden.

Rechnen Sie mit einer ähnlich hohen Wahlbeteiligung wie bei der Wahl im September 2021?

Nein, definitiv nicht. Gerade die Bundestagswahl 2021 hat die Wahlbeteiligung hochgehalten – die wird aber im Februar 2023 fehlen.

Warum muss die Berlin-Wahl komplett wiederholt werden, die Bundestagswahl aber nur in einigen Wahlbezirken?

Erst einmal sind es natürlich, verschiedene Akteure und verschiedene Verfahren. Angesichts der Komplexität des Verfahrens und der vielen Facetten, die man dabei berücksichtigen kann, verwundert es nicht, dass man auch zu anderen Ergebnissen kommen kann. Auch in Berlin gab es ein Sondervotum, das belegt dies ja auch.

Hinzu kommt: Bei der Bundestagswahl ist Berlin eines von 16 Ländern. Das ist ein anderes Maß von Betroffenheit im Vergleich zur Abgeordnetenhauswahl, die einfach von den Berliner Ereignissen in Gänze betroffen ist. Auch das begründet den unterschiedlichen Umgang damit.

Vielen Dank für das Interview, Herr Faas.

Verwendete Quellen
  • Schriftliches Interview mit Thorsten Faas
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