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War Corona-Impfkampagne ein Fake? Gerüchte über Schauspieler – das sagt das Ministerium


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Stimmungsmache
Wirbel um Schauspieler bei Impfkampagne


Aktualisiert am 12.11.2022Lesedauer: 3 Min.
Uwe R. in der Impfkampagne des Bundesgesundheitsministeriums: Er ist auch als Laiendarsteller aktiv.Vergrößern des Bildes
Uwe R. in der Impfkampagne des Bundesgesundheitsministeriums: Er ist auch als Laiendarsteller aktiv. (Quelle: Screenshot twitter.com/@BMG_Bund)
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Impfgegner werfen Gesundheitsminister Karl Lauterbach vor, Schauspieler für seine Impfkampagne eingesetzt zu haben. Die Belege sind dünn.

Das Bundesgesundheitsministerium wehrt sich gegen Vorwürfe, eine aktuelle Werbekampagne für die Corona-Impfung mit Schauspielern gefakt zu haben. Das behaupten Impfgegner auf Twitter unter dem Hashtag #84Schauspieler, weil sie mehrere Personen, die in der Impfkampagne auftreten, auf der Webseite einer Casting-Agentur gefunden haben wollen. Unter dem Strich bleibt allerdings nur einer, der zudem wegen seiner besonderen Lebensgeschichte angesprochen wurde.

Bei der Vorstellung der Kampagne, bei der insgesamt 84 Testimonials mitmachen, hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gesagt, dass man sich entschieden habe, "mit Echtmenschen zu arbeiten, nicht mit Schauspielern, nicht mit fiktiven Fällen".

Eines der Testimonials ist Uwe R., der im Video des Gesundheitsministeriums als Rentner vorgestellt wird. "Ich impfe mich, weil ich die Freiheit habe, es zu tun", sagt er im Video. Anschließend wird ein Text eingeblendet, dass R. den Mauerfall 1989 hautnah erlebt habe und heute seine Freiheit genieße, indem er sich und andere schütze.

Mann ist Laiendarsteller, aber auch Impfbefürworter

In der Tat wird R. in der Kartei einer Casting-Agentur als Model, Laiendarsteller und Komparse aus Berlin geführt. Auf t-online-Anfrage teilte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums mit, dass R.s Tätigkeit als Laienschauspieler "weder mit seiner Auswahl noch mit der Kampagne" etwas zu tun hätte. "Wir haben ihn vielmehr als DDR-Widerständler und Impfbefürworter für die Kampagne begeistern können." R. habe bereits seine fünfte Impfung erhalten. Für den Auftritt im Video habe R. "eine niedrige Aufwandsentschädigung, aber keine weitere Gage" bekommen.

R. habe zwei Fluchtversuche aus der DDR unternommen, so der Sprecher weiter. Er sei deshalb verhaftet und zu acht Monaten Zuchthaus verurteilt worden. Darüber hatte 2019 auch bereits die "Märkische Allgemeine Zeitung" berichtet. Er bestätigt selbst in einem Interview mit "Epoch Times", dass er wegen seines Bezug zum Mauerfalls bereits in Spots zu sehen war.

Er erklärt dort aber auch, das sei für ihn tatsächlich ein Job gewesen, er habe 100 Euro bekommen. Allerdings keiner, der gegen seine Überzeugung geht: In seinem Bekanntenkreis seien einige nur zwei Mal geimpft. "Vielleicht erreiche ich die über den Werbespot, dass die sagen, okay, ich geh doch noch mal."

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Laut seinem Profil bei der Casting-Agentur hat R. schon an vielen Produktionen mitgearbeitet. Er hat unter anderem an einer polnischen Nackt-Castingshow teilgenommen, tauchte in einem Musikvideo von Rammstein und in der Serie "Babylon Berlin" auf. Er selbst beschreibt sich auf seinem LinkedIn-Profil als "Rentner, Kleindarsteller&Komparse, Aktmodell".

Auch gegen eine weitere Protagonistin der Kampagne tauchten Fake-Vorwürfe auf: Twitter-Nutzer verbreiteten mit Fotos, dass die als Lehrerin vorgestellte Anika in Wahrheit die Schauspielerin Annika S. sei. Dazu teilt das Ministerium mit: "Die Lehrerin ist Lehrerin – und keine Schauspielerin." Das sei "schlicht eine falsche Behauptung beziehungsweise eine Verwechslung". Auch sie habe wie R. eine "niedrige Aufwandsentschädigung" bekommen, aber keine weitere Gage.

Tatsächlich zeigt das Foto der Schauspielerin Annika S. eine andere Frau, wie t-online durch Bilderkennungsprogramme mit künstlicher Intelligenz verifizieren konnte. t-online hat auch die echte Anika ("mit einem 'n'!") ausfindig gemacht und kontaktiert. Sie kann plausibel darlegen, dass sie verbeamtete Lehrerin ist und reagierte empört auf die Unterstellung gegen sie: "Ich stehe voll zu meinen Aussagen, ich bin keine Schauspielerin." Angesichts der Reaktionen im Netz möchte sie nicht, dass ihr voller Name und die Schule öffentlich werden.

Über persönliche Bekanntschaft zu einem Mitarbeiter der Agentur sei sie angesprochen worden, ob sie mitwirken wollen. "Und darauf bin ich stolz." Sie kennt auch einen der weiteren Protagonisten, "der ist auch ganz gewiss kein Schauspieler." Es bleibt Uwe R., der das Geld gerne genommen hat, sich selbst zu spielen.

Der Text wurde mit Informationen aus dem Interview mit Uwe R. und nach dem Telefonat mit Lehrerin Anika aktualisiert.

Verwendete Quellen
  • twitter.com: Tweets des Bundesgesundheitsministeriums und Reaktionen darauf
  • Anfrage an einen Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums
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