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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Zum Tod von Rolf Eden Keiner spielte die Rolle des Playboys so gut wie er
Er wollte beim Sex sterben und ging mit 50 Jahre jüngeren Frauen aus: Rolf Eden wollte als letzter deutscher Playboy in Erinnerung bleiben. Doch war er das wirklich?
Der Mann, der sich im Theater des Lebens die Rolle als Playboy ausgesucht hat, kam zu spät zum Interview. Das akademische Viertel war längst verstrichen, doch er schlurfte in aller Ruhe zur Tür herein, ohne ein Wort der Entschuldigung.
Ein kleiner Bauch wölbte sich über einer Jeans, die ihm um die dünnen Beine schlotterte. Das Haar war weizenblond, es umrahmte ein Ibiza-gebräuntes Gesicht, aus dem jedes Leben verschwunden war, nach der soundsovielten Schönheitsoperation. Der Mann sah aus wie Rolf Eden, er nannte sich Rolf Eden, und wie zum Beweis zog er ein Buch aus der Tasche. Es war die Autobiografie von Rolf Eden. "Immer nur Glück gehabt – wie ich Deutschlands bekanntester Playboy wurde."
Die Kunstfigur
Diese Begegnung mit Eden ist schon ein paar Jahre her. Aber sie fiel mir sofort wieder ein, als ich erfuhr, dass er nun gestorben ist, mit 92 Jahren. Und als ich las, dass in den Nachrufen wieder gerätselt wurde, wie viele Frauen er denn nun wirklich beglückt hat. Ob es 1.000 waren oder nicht doch ein paar weniger. Und ob sein Traum in Erfüllung gegangen ist, den er mit 72 geäußert hatte. Dass er gerne beim Sex sterben würde und der Frau 350.000 Euro anbiete, die ihn dabei so forderte, dass sein Herz stehen bleibe.
Rolf Eden war eine Kunstfigur, ein It-Boy, der dafür berühmt war, dass er berühmt war. Die Rolle des Playboys war eigentlich schon mit Gunter Sachs besetzt. Aber der Industriellenerbe war in der weiten Welt zu Hause. Er jettete zwischen Saint Tropez und Sankt Moritz hin und her.
Im Berlin der Sechzigerjahre gab es noch keinen, der die Jagd auf Frauen zum Geschäftsmodell machte. Mit Storys über Romanzen mit Barbara Valentin, Evelyn Künneke oder Kai Fischer schaffte es der Diskotheken- und Nachtclubbesitzer Eden regelmäßig in die Boulevard-Blätter, und PR konnte er gut gebrauchen für seinen Aufstieg vom Barkeeper zum Millionär. Die Masche habe nicht unwesentlich zu seinem Erfolg beigetragen, sagte Eden freimütig in einem Interview zu seiner Autobiografie.
"Ich brauch das Knackige"
Dieser Filou. Er ist damit immer gut gefahren, im weißen Anzug und im weißen Rolls-Royce. Er ist damit sogar durchgekommen, als Feministinnen dem Machismo in den Siebzigerjahren den Kampf ansagten.
Angriffsfläche bot Eden genug: Er ging schon damals mit der Geschichte hausieren, dass er einen Privatsekretär brauche, weil er keinen Überblick mehr über die Geburtstage seiner vielen Freundinnen und Ex-Freundinnen habe – nicht zu vergessen die Geburtstage seiner sieben Kinder. Gerne pflegte er auch das Mantra, dass über 30-Jährige nicht mehr als Geliebte für ihn infrage kämen: "Ich brauche das Knackige."
Kavalier alter Schule
Trotzdem landete er nie auf der To-hate-Liste der "Emma"-Leserinnen. Man wusste ja nie, ob er das ernst meinte, was er sagte. Oder ob es nur Show war. Eden war ein Kavalier alter Schule. Er half Frauen in den Mantel. Er bezahlte die Rechnungen in Restaurants und ließ auch noch einen Zwanziger als Trinkgeld da. Das half ihm, sich hinter seiner Kunstfigur zu verstecken.
Er hat den Playboy bis ins hohe Alter gespielt, als man ihm die Rolle schon nicht mehr abkaufte und ihn das Stadtmagazin "tip" wiederholt auf die Liste der 100 peinlichsten Berliner setzte. Er war zur Karikatur eines Lebemannes geworden, der noch immer im Rolls-Royce über den Ku'damm bretterte, mit wechselnden Frauen auf dem Beifahrersitz, die so jung waren, dass sie seine Enkelinnen hätten sein können. So wie Alina, seine letzte Freundin.
Ich werde gesendet, also bin ich
Andere Männer hätten beleidigt reagiert, wenn man sie darauf angesprochen hätte. Wenn Eden damit ein Problem hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Es war ja nur ein Spiel und er spielte es augenzwinkernd mit. Alina war 50 Jahre jünger als er, und 2007, so raunte man im Blätterwald, wollte er sie heiraten.
Ein TV-Sender hatte angeblich schon für 30.000 Euro die Exklusivrechte an der Hochzeitsreise in die Karibik gekauft. Der Mann, der schon in den Fünfzigerjahren erste Nebenrollen in Filmen gespielt hatte, wäre wieder in seinem Lieblingsmedium gelandet, wenn auch im Trash-TV. Für Eden war das kein Problem. Hauptsache, er war mal wieder im Gespräch. Sein Motto: Ich werde gesendet, also bin ich.
Die Freundin als Altenpflegerin
Die Frau, die von ihm angeblich "Brischid" genannt wurde, weil sie ihn an Brigitte Bardot erinnerte, die Flamme seiner Jugend, ist dann trotz alledem zu ihm in die Villa gezogen. Als Freundin und Altenpflegerin. Die Hochzeit aber soll sie in letzter Sekunde abgesagt haben. Sie habe sich nicht damit arrangieren können, dass er sein Hobby, die Jagd auf Frauen, weiter pflegte.
Ob sie ihn um seiner selbst willen lieben würde oder nicht doch eher für seine Villa in Dahlem, den Namen und die beiden Rolls-Royce, hatte ich ihn damals gefragt. Und Eden antwortete mit entwaffnender Ehrlichkeit: "Das will ich doch hoffen. Aber ohne die anderen Attribute würde es mir wohl nicht so leicht fallen, Frauen kennenzulernen. Jeder muss sich so verkaufen, wie er kann. Nehmen Sie zum Beispiel Paris Hilton. Die hat noch nie etwas geleistet in ihrem Leben. Aber alle reißen sich um sie. Sie macht das genial."
Rolf Eden, die Paris Hilton der Selbstvermarktung
Rolf Eden, die Paris Hilton der Selbstvermarktung. Er war schon 72, als er sich traute, hinter der Kunstfigur hervorzutreten und der Öffentlichkeit Einblicke in sein Leben zu gewähren. Der renommierte Dokumentarfilmer Peter Dörfler drehte einen Film über den Darsteller des letzten deutschen Playboys. Und er ermutigte ihn, seine Autobiografie als Buch zu veröffentlichen.
Rolf Eden, der am 6. Februar 1930 als Rolf Sigmund Sostheim in Berlin-Tempelhof zur Welt kam, erzählt darin, wie er, der älteste Sohn eines jüdischen Containerfabrikanten, nach der Machtergreifung der Nazis mit seiner Familie nach Palästina auswanderte. Wie er als junger Mann im israelischen Unabhängigkeitskrieg kämpfte. Von den 1.200 Soldaten seiner Einheit überlebten nur 400. Wie er in den Fünfzigerjahren zurückkehrte, erst nach Paris, dann nach Berlin. 1957 eröffnete er hier seinen ersten Nachtclub.
Das Leid des Sohnes
Es ist ein anderes Bild als das des Altherren-Vampirs, der jungen Frauen die Lebenskraft auslutscht. Man begegnet einem traumatisierten Mann, dem es schwerfällt, Beziehungen zu pflegen. In dem Buch kommt auch einer seiner Söhne zu Wort, Marco. Er schreibt, er sei schon 13 gewesen, als er den Vater kennenlernte. Der habe ihn nur ein einziges Mal besucht, zu Filmaufnahmen. Er beschreibt ihn als "rosa Elefanten", über den sich die Menschen amüsieren, weil er Porzellan zertrampele, ohne nach der Rechnung zu fragen.
Es gehört Mut dazu, sich selbst so nackend zu machen. Der letzte deutsche Playboy, ein Rabenvater. Eden zuckte die Schultern, als man ihn darauf ansprach. Das Buch ist so etwas wie sein Vermächtnis. Er sagte damals, er habe Lust auf etwas Neues gehabt. Die alten Geschichten habe doch keiner mehr hören wollen.
Mit 39 zum ersten Mal verliebt
Als "Verdrängungskünstler" beschreibt ihn in dem Buch Barbara Capbell, eine seiner Ex-Freundinnen. Sie waren bis zuletzt befreundet, doch die sechs Jahre an seiner Seite seien die Hölle gewesen. Von Detektiven ist die Rede, die er ihr auf den Hals hetzte. Und von seinem Bedürfnis nach totaler Kontrolle.
Er sei 39 und zum ersten Mal im Leben richtig verliebt gewesen, sagte er im Interview. Und er verzog das Gesicht. Es sah aus, als ob er grinste. Vielleicht war es aber auch vor Schmerz. Bei Rolf Eden wusste man das nie so genau.
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