t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalAachen

Aachen: Alemanniatrainer Heiner Backhaus im Kreuzverhör – Der Fall Kevin P.


Heiner Backhaus weist Vorwürfe zurück
Alemannia Cheftrainer findet sich im Kreuzverhör wieder

t-online, Michael Klarmann

18.02.2025 - 19:38 UhrLesedauer: 4 Min.
Justizzentrum AachenVergrößern des Bildes
Das Aachener Landgericht (Archivbild): Hier tätigte im Fall Kevin P. am Dienstag auch Alemannia-Cheftrainer Heiner Backhaus eine Aussage. (Quelle: Marius Becker/dpa/dpa-bilder)
News folgen

In der Chefetage des Drittligisten Alemannia Aachen ziehen düstere Wolken auf. Trainer Heiner Backhaus verteidigt sich gegen Vorwürfe bei dem Gerichtsprozess von Kevin P., zu dem er als Zeuge geladen ist.

Das Verhältnis zwischen dem Trainer des Drittligisten Alemannia Aachen, Heiner Backhaus, und dem vor wenigen Tagen vorläufig zurückgetretenen Aufsichtsratsvorsitzenden Marcel Moberz ist derzeit mehr als angespannt. Das machte Backhaus am Dienstag (18. Februar) in einer langen Zeugenaussage im Prozess gegen den Hooligan Kevin "Chemo" P. vor der Schwurgerichtskammer des Aachener Landgerichts deutlich.

P. hatte Backhaus und Moberz an Weihnachten 2023 per Chat ein Video von einer brutalen Gewalttat geschickt. Der Alemannia-Trainer betonte, er habe das Video nie gesehen, entsprechende Textnachrichten, die die Tat angeblich lobten, hätten sich auf das damalige soziale Engagement von "Chemo" bezogen. Den Begleittext habe er so interpretiert, dass P. sich auch zu Weihnachten noch sozial für Obdachlose und Bedürftige engagiere.

Genau das habe er loben wollen, erklärte Backhaus seine Antwort via Chat. Er selbst habe dem Hooligan damals Weihnachtsgrüße und ein Foto mit Teilen der Familie unter dem Weihnachtsbaum geschickt. Niemals hätte er gedacht, dass die Videodateien von P. einen brutalen Übergriff des Angeklagten auf einen anderen Mann im Aachener Rotlichtviertel zeigen würden. Da er zu diesem Zeitpunkt unzählige Nachrichten erhalten habe, habe er sich die Videos nicht angesehen, zumal er mit der Familie Weihnachten gefeiert habe.

Backhaus: "Richtig so !!!!" habe sich allein auf Kevin P.s soziales Engagement bezogen

Wegen dieser Tat ist P. vor dem Landgericht Aachen wegen versuchten Totschlags, weiterer schwerer Körperverletzungsdelikte und Drogenhandels angeklagt. P. arbeitete seinerzeit im Rotlichtviertel als Türsteher. Auf die Worte von P., der geschrieben hatte, er "kümmere sich", hatte Backhaus geantwortet: "Richtig so!!!!" Damit, so der Cheftrainer des Fußball-Drittligisten, habe er das soziale Engagement gemeint. Hätte er das Video gesehen, hätte er den Kontakt zu P. abgebrochen und überlegt, wie er reagieren und ob er Strafanzeige erstatten würde, so Backhaus.

Vor dem Landgericht Aachen hatte am 6. Februar der Prozess gegen Kevin P. begonnen. Er muss sich unter anderem wegen versuchten Totschlags verantworten und soll ein Video seiner Gewalttat an mehrere Personen – darunter Moberz und Backhaus – verschickt haben. P. hatte zu Prozessbeginn in seinen Aussagen betont, dass er durch seinen starken Kokainkonsum enthemmt gewesen und es deswegen zu den sehr brutalen Taten gekommen sei.

Heute Vormittag hatte seine Verlobte als Zeugin ausgesagt und seinen Drogen- und Alkoholkonsum als "immens" beschrieben. Da Backhaus geladen war, waren die Zuschauerplätze im größten Sitzungssaal des Landgerichts bis auf den letzten Stuhl besetzt. Ursprünglich war auch Marcel Moberz als Zeuge geladen. Moberz wurde jedoch wieder abgeladen. Der Grund: Er beruft sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht.

Kevin P.s Verlobte beschreibt seinen Drogenkonsum als "immens"

Denn gegen Moberz wird auch ermittelt. Er soll das Gewaltvideo von P. nicht nur in einem Chat wohlwollend und lobend kommentiert haben, so der Verdacht der Staatsanwaltschaft. Möglicherweise habe er das Video auch weiterverbreitet, so der Verdacht der Ermittler. Vor wenigen Tagen fand deshalb bei ihm eine Hausdurchsuchung statt, bei der sein Handy beschlagnahmt wurde.

Vorausgegangen waren widersprüchliche Aussagen von Moberz zu dem Gewaltvideo und seinem eigenen Umgang damit. Er war dann vor wenigen Tagen als Aufsichtsratsvorsitzender vorläufig zurückgetreten. Zwischen ihm und Moberz, so Backhaus im Zeugenstand, gebe es Spannungen, unter anderem wegen der Öffentlichkeitsarbeit des Vereins. Moberz hatte sich – auch über offizielle Kanäle der Alemannia – in Stellungnahmen selbst widersprochen.

Der Vorsitzende Richter Markus Vogt und Oberstaatsanwältin Jutta Breuer befragten Backhaus heute zwischen 12.40 und 14.25 Uhr sehr ausführlich zu seinem Verhältnis zu P. Dabei ging es teilweise hitzig zu. Denn laut verlesenen Chat-Inhalten hatte Backhaus auch nach Weihnachten 2023 häufiger freundschaftlichen Kontakt per WhatsApp zu "Chemo". Er habe P. respektvoll behandelt, weil die Vereinsverantwortlichen ihm offenbar freundschaftlich verbunden gewesen seien, sagte Backhaus aus.

Backhaus soll von Kevin P.s Vergangenheit nichts gewusst haben

Erst über Umwege habe er erfahren, dass P. – der vor rund 15 Jahren zeitweise in der Neonazi-Szene engagiert war, vorbestraft ist und lange in der Hooligan-Szene führend aktiv war – eine problematische Vita habe. Der Verein habe ihn Ende 2023 nach nur wenigen Wochen als Trainer gebeten, P. in der Obdachlosenhilfe zu unterstützen. Er habe dies getan, P. als respektvollen Menschen kennengelernt, ihn als "großen, sehr breiten, aber weichen Menschen" erlebt und ihm deshalb seine Telefonnummer gegeben und ihn bei seinem Projekt unterstützen wollen.

Backhaus kritisierte nicht nur das Verhalten von Moberz in der Affäre, sondern stellte auch dem Vereinsjuristen und Aufsichtsratsmitglied Osama Momen ein schlechtes Zeugnis aus. Als er von der Zeugenladung erfahren habe, so Backhaus, habe er Momen bei einem Vereinstermin gefragt, ob er wisse, worum es gehe. Momen habe ihm von dem Gewaltvideo erzählt und auch erwähnt, dass Moberz betroffen sei. Erst daraufhin habe er sich den Chat noch einmal angeschaut und festgestellt, dass dort offenbar ein oder zwei Gewaltvideos zu finden seien. Er habe sie sich nie angeschaut, sagte Backhaus.

Verteidiger von Kevin P. ist auch Alemannia-Aufsichtsratmitglied

Alemannia-Hausjurist und Aufsichtsratsmitglied Momen ist zugleich einer der beiden Verteidiger von P. in diesem Prozess – weshalb die Befragung von Backhaus durch Oberstaatsanwältin Breuer teilweise sehr hitzig verlief. Sie wies auf Interessenskonflikte hin. Zum Beispiel bestehe der Verdacht auf Absprachen zwischen einem Anwalt des Angeklagten und geladenen Zeugen.

"Niemand im Verein hat mir vorgeschlagen, einen unabhängigen Anwalt zu suchen, der meine Interessen vertritt und meine Interessen schützt. Das habe ich dann selbst gemacht", sagte hingegen Backhaus aus. Als Zeugenbeistand begleitete ihn Rechtsanwalt Frank Neuss, von Vereinsseite wurde er von Erdal Celik, dem Technischen Direktor der Alemannia, begleitet.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



Telekom