2,2 Millimeter pro Jahr Meeresspiegel in der Arktis steigt weiter
München (dpa) - Der Meeresspiegel steigt generell mit dem Klimawandel - doch regional mit extremen Unterschieden. Ein dänisch-deutsches Forscherteam hat nun entdeckt, dass der Meeresspiegel entlang der Küste Grönlands sogar sinkt, teilweise um mehr als fünf Millimeter pro Jahr.
Nördlich von Grönland, Kanada und Alaska innerhalb des sogenannten Beaufort-Wirbels hingegen stieg das Meer in 22 Jahren um mehr als zehn Zentimeter und damit doppelt so viel wie in der Arktis insgesamt. Der durchschnittliche Anstieg in der Arktis lag bei 2,2 Millimetern jährlich und damit unter dem globalen Mittel von etwa drei Millimetern pro Jahr, wie das Team im Fachblatt "Remote Sensing" schreibt.
Die Forscher der Technischen Universität München (TUM) und der Technischen Universität Dänemark (DTU) hatten mit eigens entwickelten Algorithmen 1,5 Milliarden Radarmessungen verschiedener Satelliten ausgewertet. Die Schwierigkeit der Radarmessungen aus dem All speziell in der Arktis: "Radarsatelliten messen nur den Abstand zur Oberfläche. Weite Flächen der Arktis sind jedoch mit Eis bedeckt, welches das Meerwasser verdeckt", sagte der TUM-Forscher Marcello Passaro. Seine Algorithmen identifizierten nun Echos des Wassers, wenn es bei Rissen im Eis erkennbar wurde. Die Studie gebe den bisher vollständigsten und genauesten Überblick über Veränderungen des Meeresspiegels im Arktischen Ozean von 1996 bis 2018, hieß es.
"Die Arktis ist ein Hotspot des Klimawandels", sagte Florian Seitz vom Deutschen Geodätischen Forschungsinstitut der TUM. "Durch die steigenden Temperaturen gehen die Gletscher Grönlands zurück, gleichzeitig schmilzt das Meereis. Milliarden Liter Schmelzwasser gelangen so jedes Jahr in den Ozean." Die enormen Süßwassermengen lassen nicht nur den Meeresspiegel steigen, sondern können auch das weltweite System von Meeresströmungen und damit das Klima verändern.
Der Grund für den extremen Anstieg im Beaufort-Wirbel ist eine Kombination aus salzarmem Schmelzwasser, das sich dort sammelt, sowie einem stetem Ostwind, der eine Durchmischung mit anderen Meeresströmungen und damit einen Ausgleich des Wasserspiegels verhindert. Das Absinken bei Grönland wiederum liegt daran, dass mit dem Abschmelzen der Gletscher die Masse abnimmt - und damit die Gravitationskraft: Das Wasser wird nicht mehr so stark angezogen.