Weltweite Pandemie im Meer Seeigel-Massensterben bedroht Korallenriffe
Seeigel sind schmerzhaft für Menschen, aber wichtig für die Unterwasserfauna. Winzige Parasiten lassen sie zu Knochen zerfallen.
Ein weltweites Massensterben von Seeigeln hat sich zu einer globalen Pandemie entwickelt und breitet sich nun auch im Indischen Ozean aus. Die tödliche Krankheit, die zuvor bereits in der Karibik, dem Mittelmeer und dem Roten Meer aufgetreten war, hat jetzt enorme Auswirkungen auf die Seeigel-Populationen. Dies wiederum bedroht die Korallenriffe weltweit: Seeigel fressen Algen, die sonst Korallen überwuchern und abtöten würden.
Die ersten Fälle des massenhaften Todes von Diadem-Seeigeln wurden im Januar 2022 auf den US-amerikanischen Virgin Islands gemeldet. Seitdem haben Wissenschaftler ähnliche Vorfälle in vielen Teilen der Karibik bemerkt. Aber auch das Mittelmeer und das Rote Meer sind stark betroffen.
Verantwortlich für das Seeigel-Sterben sind Wimperntierchen
Forschende schätzen, dass seit Dezember 2022 ein Großteil der Population betroffener Seeigel-Arten im Roten Meer sowie Hunderttausende von Seeigeln weltweit vernichtet wurden. Es wird berichtet, dass zwei früher häufig vorkommende Arten in der Nähe der israelischen Küstenstadt Eilat vollständig verschwunden sind.
Ein Forschungsteam um Omri Bronstein von der Universität Tel Aviv identifizierte einen einzelligen Parasiten als Ursache für das Massensterben verschiedener Arten von langstacheligen schwarzen Seeigeln. Der Parasit ist ein Wimpertierchen. Er soll schon vor etwa zwei Jahren für das Massensterben des Atlantischen Diadem-Seeigels in der Karibik verantwortlich gewesen sein.
Bereits 1983 hatte es einen verheerenden Kollaps der Seeigel-Population in der Karibik gegeben. Seitdem haben sich weder die Korallen- noch die Seeigel-Populationen vollständig von diesem Ereignis erholt. Es wird angenommen, dass auch damals schon der nun identifizierte Parasit die Ursache war.
Der Parasit lässt die Tiere binnen zwei Tagen zur gewebslosen Hülle werden – wenn nicht Fressfeinde die geschwächten Tiere schon vorher erbeuten. Der tödliche Erreger werde über das Wasser übertragen und könne in kürzester Zeit große Gebiete befallen, hieß es. Die Stabilität der Korallenriffe sei in einem noch nie dagewesenen Ausmaß bedroht, sagte Bronstein. Die Seuche breite sich entlang menschlicher Transportwege aus, wie Daten aus dem Roten Meer zeigten.
Korallenriffe sind bedroht, wenn Seeigel sterben
Bronstein warnte davor, dass die Stabilität der Korallenriffe in einem nie zuvor gesehenen Ausmaß bedroht ist und dass die Krankheit sich entlang menschlicher Transportwege auszubreiten scheint. "Es sei unheimlich, tausende Seeigel am Meeresboden binnen kürzester Zeit zum Skelett werden und verschwinden zu sehen", erklärte Bronstein.
Um das Überleben der Arten zu sichern, empfiehlt Bronstein die Schaffung von Brutpopulationen gefährdeter Arten in vom Meer abgetrennten Zuchtsystemen. Damit könnten später wieder gesunde Tiere in die Natur freigesetzt werden. Es müsse zudem erforscht werden, welche Umweltfaktoren zum Ausbruch der Krankheit beigetragen haben könnten.
Wimpertierchen bestehen aus nur einer Zelle und haben Härchen auf ihrer Oberfläche, mit denen sie sich bewegen können. Sie kommen häufig im Wasser vor und sind oft harmlos. Allerdings wurden Verwandte der nun gefundenen Wimpertierchen bereits für Massensterben bei anderen Meerestieren wie Haien verantwortlich gemacht.
- Nachrichtenagentur afp