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Prozess in New York: So hat "It-Girl" Anna Sorokin die High Society geprellt


Prozess gegen Anna Sorokin
So prellte das deutsche It-Girl New Yorks High Society

Von t-online, iger

Aktualisiert am 29.03.2019Lesedauer: 3 Min.
Das falsche It-Girl Anna Sorokin: Die mutmaßliche Hochstaplerin aus Deutschland sitzt zu Prozessbeginn im Gericht zu. Sorokin, die unter dem Pseudonym Anna Delvey auftrat, soll New Yorker Hotel- und Geschäftspartner um Hunderttausende Dollar betrogen haben.Vergrößern des Bildes
Das falsche It-Girl Anna Sorokin: Die mutmaßliche Hochstaplerin aus Deutschland sitzt zu Prozessbeginn im Gericht zu. Sorokin, die unter dem Pseudonym Anna Delvey auftrat, soll New Yorker Hotel- und Geschäftspartner um Hunderttausende Dollar betrogen haben. (Quelle: Richard Drew/ap)
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Das falsche It-Girl führte ein Jetset-Leben: Anna Sorokin reiste im Privatjet, vernetzte sich mit Größen der Kunstszene. Mit krimineller Energie finanzierte sie ihr Luxusleben. Jetzt wird der Betrug vor Gericht rekonstruiert.

Seit mittlerweile fast zwei Jahren sitzt Anna Sokorin, die sich unter dem Pseudonym Anna Delvey einen Namen machte, im New Yorker Gefängnis Rikers Island. Inzwischen hat der Prozess gegen die deutsche Hochstaplerin begonnen, die sich durch Lügen und Betrug Zehntausende Dollar für ihren glamourösen Lebensstil ergaunert haben soll.

Die 28-jährige Anna Sorokin erschien vor Gericht im einfachen schwarzen Kleid mit schlichten Pumps sowie Handschellen. Wenn voraussichtlich Ende April das Urteil fällt, droht der 28-Jährigen eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren und die Abschiebung nach Deutschland.

Die Ausreden von Anna Sorokin

Die Staatsanwaltschaft wirft Sorokin vor, zwischen November 2016 und August 2017 Bekannte, Hotels und Restaurants um rund 275.000 Dollar (etwa 240.000 Euro) betrogen zu haben. Die bei Moskau geborene Deutsche, die im Alter von 16 Jahren nach Deutschland zog und in Eschweiler in der Nähe von Köln zur Schule ging, soll sich dabei unter anderem als reiche deutsche Erbin namens Anna Delvey ausgegeben haben.

"Sie bewog ihre Opfer, ihr Geld zu leihen und ihre Kredite zu verlängern", sagte Staatsanwältin Kaegan Mays-Williams in ihrem Eröffnungsplädoyer. "Sie hatte nie vor, dieses Geld jemals zurückzahlen." Bei Nachfragen habe Sorokin behauptet, Schulden schon per Überweisung beglichen zu haben und die Zeitverschiebung, deutsche Feiertage oder Bankengesetze verantwortlich gemacht, wenn Zahlungen nicht ankamen. "Die Angeklagte gab allen und allem die Schuld außer sich selbst", sagte Mays-Williams.

Partys mit Hollywood-Star Macaulay Culkin

Lange hat es Sorokin geschafft, dass andere ihre Rechnungen bezahlen, auch wenn sich der eine oder andere wunderte. Aber sie schien ja viel Geld zu haben. Mal gab sie sich als die Tochter eines deutschen Solaranlagen-Produzenten aus, die private Klubs in Los Angeles, Hongkong, Dubai oder London eröffnen möchte. Andere glaubten an eine Erbschaft oder hielten sie für die Tochter eines Erdöl- oder Antiquitätenhändlers, berichten US-Medien, die sich mit Inbrunst auf den Fall gestürzt haben.

Für ihr Umfeld war sie Anna Delvey, die selbstbewusste junge Frau, die ein kommender Star in der Kunstszene sein könnte. Sie war ständig in Gesellschaft einflussreicher Menschen aus der High Society. Zu einem von ihr veranstalteten Essen erschien dann auch Hollywood-Star Macaulay Culkin. Das machte Sorokins Geschichten glaubhaft. Prominente und Geldgeber, von denen sie Investitionen für ihre großen Visionen wollte, vertrauten der jungen Frau.

Treffen mit Star-Anwalt Joel Cohen

Als es trotzdem wieder einmal finanziell eng war, habe ihr ein "Finanzfreund" geraten, sich mit Joel Cohen zu treffen. Cohen wurde bekannt als Staatsanwalt im Prozess von Jordan Belfort, der von Leonardo DiCaprio im Hollywood-Film "Wolf of Wall Street" gespielt wird. Der wiederum habe ihr weitere Kontakte vermittelt.

Mit ihren Geschichten schaffte sie es auch, dass Kunstsammler Michael Xufu Huang mit ihr gemeinsam zur Biennale nach Venedig flog. Er fand es seltsam, dass Anna ihn bat, dass er die Flugtickets und das Hotel mit seiner Kreditkarte buchen soll. "Es war nicht viel Geld. Ungefähr 2.000 oder 3.000 Dollar." Nach einiger Zeit habe er vergessen, das Geld zurückzufordern, erzählt er dem Onlinemagazin "The Cut". So kam Sorokin mal wieder davon.

Eine Luxus-Reise im Wert von 55.000 Euro

Laut Ermittlern hat sie zwischen November 2016 und August 2017 ihre Betrugsmasche auf den Höhepunkt getrieben. Auf 55.000 Euro belief sich beispielsweise die Rechnung für eine Luxus-Reise nach Marokko. Beim Auschecken funktionierte natürlich die Kreditkarte von Sorokin nicht. Ihre Begleiterin, eine Bildredakteurin bei "Vanity Fair", musste einspringen. Eine Freundin von ihr sagte in einem Interview zu "The Cut": Sie haben jeden gekannt, aber "Bitte und Danke waren nicht in ihrem Wortschatz." Irgendwann wurden ihre Freunde weniger.

In einem Luxus-Hotel in New York war schließlich Schluss. Als die 25-Jährige sich im Februar 2017 für zunächst einen Monat ins 400-Dollar-Zimmer eingecheckt hatte, war noch niemand stutzig geworden. Doch dann belief sich die Rechnung auf 30.000 Dollar, und alle Kreditkarten wurden abgelehnt. Die Ausrede, dass eine Überweisung auf dem Weg sei, zog nicht mehr. Im Oktober 2017 wurde sie in dem Hotel verhaftet.


Verteidiger Todd Spodek sagte, dass Sorokin das Geld nie habe stehlen wollen. "Anna wollte ihre Schulden bei jedem Einzelnen begleichen." Sie sei im Alter von 25 Jahren nach New York gekommen und habe nach den Regeln einer Gesellschaft gespielt, in der Menschen sich selbst vermarkten. "Jeder lügt ein bisschen", sagte Spodek – im Lebenslauf, im Job-Interview, in sozialen Medien, beim Verkaufsgespräch. "Anna zog mit und wurde der Mensch, der sie sein wollte."

Verwendete Quellen
  • Bericht in "The Cut"
  • Eigene Recherchen
  • Nachrichtenagentur dpa
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