Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx Bischof: Katholischer Kirche helfen nur tiefgreifende Reformen
Die katholische Kirche steckt in einer Krise: Kardinal Marx will aus Frustration zurücktreten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Bätzing sieht die Kirche an einem Scheideweg.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat nach dem Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx indirekt den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki kritisiert. Im ZDF lobte Bätzing am Freitagabend die Souveränität der Entscheidung von Marx.
"Für eine solche Entscheidung, da braucht man menschliche Stabilität, und da muss man auch geistlich offen sein", sagte Bätzing. "Ich glaube, der Punkt dieser Souveränität, der ist in Köln einfach überschritten. Dort ist jetzt eine Apostolische Visitation im Gange, das sind andere Gesetzmäßigkeiten, die dort jetzt greifen."
Bätzing schießt gegen Reformgegner
Der Papst hatte kürzlich mitgeteilt, dass der Kölner Kardinal Woelki von zwei Apostolischen Visitatoren – Bevollmächtigten – überprüft wird. Bätzing, der Bischof von Limburg ist, betonte, dass der katholischen Kirche in Deutschland nur noch tiefgreifende Reformen helfen können. Dafür hätten die Bischöfe zusammen mit den Laien – den Nicht-Klerikern – den Reformprozess Synodaler Weg initiiert.
"Aber es gibt massive Kritik an diesem Weg, und ich habe den Eindruck, manche denken, es wäre mit einigen Schönheitsreparaturen an der Kirche Genüge getan, dann wäre alles wieder gut", sagte Bätzing. Als entschiedenste Kritiker des Reformprozesses gelten Woelki und der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer.
Woelki will offenbar auf seinem Posten bleiben
Woelki selbst bekundet "großen Respekt" vor dem Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx. Er selbst will aber offenbar auf seinem Posten bleiben und teilte am Freitag mit: "Bereits im Dezember des vergangenen Jahres hatte ich den Heiligen Vater gebeten, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln sowie meine persönliche Verantwortung zu bewerten. Damit habe ich mein Schicksal damals vertrauensvoll in die Hände des Papstes gegeben."
Kardinal Marx begründete sein Rücktrittsgesuch mit dem Umgang der katholischen Kirche mit den Fällen sexuellen Missbrauchs. "Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten", schrieb Marx dem Papst in einem Brief vom 21. Mai. Die Untersuchungen und Gutachten der zurückliegenden zehn Jahre zeigten für ihn durchgängig, dass es "viel persönliches Versagen und administrative Fehler" gegeben habe, aber "eben auch institutionelles oder systemisches Versagen".
Marx wählte in dem Brief drastische Worte: Die katholische Kirche sei an einem "toten Punkt" angekommen, schrieb er. Mit seinem Amtsverzicht könne vielleicht ein persönliches Zeichen gesetzt werden für neue Anfänge, für einen neuen Aufbruch der Kirche: "Ich will zeigen, dass nicht das Amt im Vordergrund steht, sondern der Auftrag des Evangeliums."
Unterstützung aus der Reformbewegung
Das Rücktrittsangebot von Kardinal Reinhard Marx ist aus Sicht der Reformbewegung "Wir sind Kirche" "nachvollziehbar, konsequent, strategisch klug und letztlich überfällig". Dieser Schritt sei auch ein Signal an Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki und setze diesen "gewaltig unter Druck", sagte ein Sprecher.
Für einen Neuanfang in der katholischen Kirche brauche es neue Personen - vor allem solche, die nicht durch langwierige Aufarbeitungsprozesse gebremst würden. Es bleibe zu hoffen, "dass weitere Bischöfe seinem Schritt folgen und nicht nur verbal Verantwortung für Vertuschung und Hinhalte-Taktik übernehmen".
- Nachrichtenagentur dpa