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Eurojackpot: Wie Geld uns wirklich glücklich macht


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"Schon das Lottospielen selbst kann einen Kick geben"

Von Christina Rath, t-online.de

Aktualisiert am 02.04.2012Lesedauer: 4 Min.
Mitfiebern und vom großen Gewinn träumen: "Lotto ist ein Spiel", sagt Glücksforscher Stephan LermerVergrößern des Bildes
Mitfiebern und vom großen Gewinn träumen: "Lotto ist ein Spiel", sagt Glücksforscher Stephan Lermer (Quelle: dpa-bilder)

Am Freitag hat die erste europäische Lotterie, der Eurojackpot, Premiere. Tipper aus sieben Ländern können bis zu 90 Millionen Euro gewinnen. Der Glücksforscher Stephan Lermer spricht im Interview mit t-online.de über den Zusammenhang zwischen Geld und Glück. Er gibt potentiellen Gewinnern Tipps für den Umgang mit einem unerwarteten Geldsegen und er verrät, wie man wirklich und dauerhaft glücklich werden kann.

t-online.de: Was treibt die Lottospieler Woche für Woche in die Annahmestellen?

Stephan Lermer: Lotto ist ein Spiel. Das macht auch keine Probleme, solange es ein Spiel bleibt. Die meisten Menschen leben ja doch enorm vernünftig und haben sich mit ihren Ausgaben ziemlich ausgereizt, sodass wenig übrig bleibt für Luxus. Und beim Lotto gibt es eben mal die Chance – auch wenn sie minimal ist – plötzlich reich zu werden.

Gehört denn der Gewinn unbedingt dazu oder macht das Spielen allein schon glücklicher?

Die meisten Menschen nehmen das Lottospiel sportiv. Allein schon durch die Chancen, die sie sich hier eröffnen, holen sie sich einen Kick.

Die Glücksforschung hat herausgefunden, dass es drei verschiedene Glücksmomente gibt: Einmal ist es das Fiebern während der Ziehung der Gewinnzahlen. Das zweite ist der Gewinn und seine Folgen. Das Wichtigste aber ist die Vorfreude. Die Menschen sagen sich, es könnte doch sein, dass es gelingt. Und dann träumen sie schon. Im Vergleich zu denen, die keinen Lottoschein abgegeben haben, gehören sie zu den potentiellen Gewinnern.

Und wenn man dann tatsächlich gewonnen hat und ist um mehrere Millionen reicher – was passiert dann?

Die Menschen gehen, je nach Persönlichkeitstyp, ganz verschieden mit einem plötzlichen Geldsegen um. Ich kenne sogar Lottogewinner, die das Geld gar nicht haben wollten, weil sie zum einen genug für ihr Auskommen hatten, und zum anderen nicht verwirrt werden wollten durch Geld, das ihr Leben durcheinander bringen könnte.

Ohnehin hält das Glück in der Regel nur ein Jahr an. Forschungen zeigen, dass die Menschen etwa nach dieser Zeit wieder auf demselben Glückslevel sind wie vor dem Gewinn.

Was kann man tun, damit das Glück bleibt?

Viele glauben, Konsum mache glücklich – drei Ferraris, eine riesige Jacht und so weiter wären der Weg zum dauerhaften Glück. Das ist vollkommen unsinnig. Die Forschung sagt: Wenn vor dem Gewinn ein gewisses Grundeinkommen gegeben war, das entspricht etwa 1500 bis 2000 Euro Einkommen für einen Haushalt in Deutschland, dann macht es auf Dauer nicht glücklicher, wenn man stattdessen nun 20.000 Euro im Monat zur Verfügung hat.

Wer vor dem Lottogewinn aber in finanzieller Not, den kann es sehr wohl glücklich machen, wenn er endlich nicht mehr ständig rechnen muss, ob das Geld für die Miete, für die Ausflüge der Kinder reicht.

Ein weiteres Glücksmoment ist, wenn man das Geld in Ereignisse, Erlebnisse investiert, etwa eine Weltreise. Wenn sich also die eigene Lebensqualität deutlich verbessert, weil man aus der durch das Geld finanzierten Zeit etwas macht. Auch Ausbildung und Weiterbildung gehören dazu.

Und eine dritte wirklich reiche Glücksquelle erschließt sich, wenn man eine Vision verfolgt, etwas Soziales tut, oder andere Menschen glücklich macht. Für den, der mit dem Geld etwa Sportler, Künstler, Nachbarn, Freunde sponsert oder unterstützt, kann es dauerhaft Glück spendend sein, wenn er sieht, dass er mit dem Geld tatsächlich etwas bewegen kann.

So kann er die Welt dank dem Lottogewinn ein bisschen so verändern, wie er sie gerne hätte - gemäß seinem eigenen Wertekanon. Es gibt ja das Wortspiel: Derjenige ist wirklich 'vermögend', der etwas 'vermag' damit zu bewegen.

Was würden Sie tun, wenn Sie im Lotto gewinnen würden?

Ich würde mich erst einmal eine Weile zurückziehen und das Ganze verdauen. Und dann würde ich mir zwei Berater nehmen: Einmal einen Coach, weil ich nun mit Möglichkeiten konfrontiert werde, die ich bisher noch nicht hatte. Ich will ja keinen Unsinn machen und Entscheidungen treffen, die ich später einmal bereue. Und natürlich einen Finanzberater.

Und sich vor falschen Freunden schützen?

Der Neid, die deutsche Form der Anerkennung, wuchert in unserer Gesellschaft. Und dann glauben möglicherweise Freunde, Verwandte, Bekannte, dass sie ein Stück vom Kuchen abbekommen müssten. Das schafft natürlich Stress und böses Blut. Man kann es nicht allen recht machen.

Also sollte man sich bedeckt halten. Ich selbst würde nur meiner Partnerin, meiner Tochter, meinem besten Freund von dem Gewinn erzählen und allen anderen nicht.

Ich würde dazu raten, die Situation erst einmal beizubehalten, und dann so mit dem großen Geld umgehen, wie es Altreiche tun - eben nicht damit protzen, es nicht heraushängen lassen. Dann ist die Kidnapping-Gefahr gering, dann ist die Neid-Gefahr gering, und man kann sicher sein, dass man aufgrund seiner Persönlichkeit gemocht wird und nicht wegen des Geldes.

Aber ist die Versuchung nicht groß, erst einmal einen Rundumschlag zu machen, wenn man plötzlich so viel Geld hat?

Wenn jemand seinen gewohnten Lebensstil verlässt, birgt das eine große Gefahr. Zieht er beispielsweise nach Monte Carlo, so ist er dort trotz seiner 90 Millionen nichts besonderes, weil die anderen um ihn herum Milliarden haben....

Man muss ja nicht gleich Milliardär sein. Auch 90 Millionen Euro sind eine unvorstellbar hohe Summe. Wer kann schon damit umgehen?

Ich finde es ein bisschen traurig, dass die Gewinne so geclustert sind – 90 Millionen Euro auf einmal nur für einen. Ich fände es aufregender, wenn 90 Menschen je eine Million gewinnen könnten. Das ist schönes Geld, man könnte sich absichern und hätte keinen Grund für Stress und Not mehr.

Daraus könnte man etwas machen – eine Weltreise, etwas Selbstfindung betreiben, endlich den Traumberuf ergreifen, bei dem man sich optimal entfalten kann. Das ist dann möglich.

Wer also in seiner Wohngegend bleibt, sich aber einen dezenten Traumwagen oder eine gigantische Reise gönnt – der ist im Innern reich, obwohl er zuhause nach außen ganz normal weiterlebt.

Der Psychotherapeut Stephan Lermer ist Manager-Coach, Trainer und Referent. Er lehrt an der Universität Augsburg und ist zudem Autor mehrerer Bücher.

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