Winterwetter in den USA "Arctic Outbreak": Polarwirbel senkt Temperatur auf minus 48 Grad
Temperaturen von bis zu minus 48 Grad, heftiger Schneefall und Blizzards: Winterstürme ziehen über die USA hinweg. Ein kollabierter Polarwirbel fegt eiskalte Luftmassen über das Land.
Ein Wintersturm Anfang Januar veranlasste sieben US-Bundesstaaten, den Notstand auszurufen. Flüge wurden gestrichen, Geschäfte geschlossen. In New York fielen in nur 24 Stunden fast zwei Meter Neuschnee. Eine weitere Welle arktischer Luft brachte bis Mitte Januar niedrigere Temperaturen als üblich. Im Mittleren Westen über die Appalachen bis zur Atlantikküste werden weitere Winterstürme erwartet. Temperaturen von bis zu minus 40 Grad und heftiger Schneefall machen die Lage laut nationalem Wetterdienst lebensgefährlich.
Für Montag gaben die Meteorologen Warnungen vor Winterstürmen heraus, von denen bis zu 70 Millionen Menschen betroffen sein könnten. Die Kälte hat weite Teile der USA seit Tagen im Griff, nun sollen die Temperaturen aber noch einmal von minus 34 Grad auf minus 48 Grad sinken.
Kältewelle auf "Arctic Outbreak" zurückzuführen
Die Kältewelle ist auf den sogenannten "Arctic Outbreak" zurückzuführen. Er bezeichnet den plötzlichen Einzug extremer Kaltluft aus den Polarregionen in Richtung tieferer Breiten. Dieses Phänomen ist zu einem großen Teil auf die Aktivität des arktischen Polarwirbels zurückzuführen. Dieser bildet sich jedes Jahr über dem Nordpol. Es ist ein Ring aus Westwinden, der in seinem Inneren eiskalte Luft einschließt. Je stärker die Winde sind, desto mehr Luft können sie isolieren. Wenn der Wirbel stabil ist, verlagert sich der sogenannte Polar-Jetstream nach Norden. Er hält die kalten Luftmassen über der Arktis.
Wenn der Polarwirbel jedoch schwächer wird, ändert sich sein Windmuster von einem kreisförmigen Ring zu einem wellenförmigen Band, das sich weiter nach Süden erstreckt. Die kalten Luftmassen bewegen sich dann in die mittleren Breitengrade des Planeten und bewirken einen intensiven Kälteeinbruch. Die Folge: Temperaturen in der Höhe stürzen auf bis zu minus 35 Grad ab. Am Boden können es sogar unter minus 40 Grad werden. In Kombination mit starkem Wind entstehen lebensgefährliche Schneestürme, sogenannte Blizzards, die zu chaotischen Zuständen führen.
Der unvorhersagbare Polarwirbel
Die eisigen Temperaturen, die derzeit die USA im Griff halten, seien auf so einen ausgefransten Polarwirbel zurückzuführen, erklärt Brett Anderson, leitender Meteorologe bei AccuWeather, der BBC. "Es ist mit einem großen Stück Eis vergleichbar, das von einem Gletscher abbricht und mit der Strömung nach Süden treibt – wobei die Strömung der Jetstream-Wind ist."
Ob es solche Zusammenbrüche des Polarwirbels in Zukunft häufiger geben wird, lässt sich momentan nicht vorhersagen. "Es gibt viele Aspekte, die die Stärke des Polarwirbels beeinflussen können", erläutert Amy Butler, Atmosphärenwissenschaftlerin bei der National Oceanic and Atmospheric Administration in Maryland und Expertin für Polarwirbel.
Einige Modelle würden nahelegen, dass schmelzendes Meereis eine abschwächende Wirkung auf den Wirbel haben könnte. Die Erwärmung in den oberen Schichten der Atmosphäre könnte den Wirbel aber auch möglicherweise verstärken. Regionale Veränderungen der Meeresoberflächentemperaturen könnten ebenfalls auf den Polarwirbel einwirken. "Aus diesen Gründen zeigen die Modelle keine Übereinstimmung darüber, was in Zukunft mit dem Polarwirbel der nördlichen Hemisphäre passieren wird", sagt Butler.
Aufzeichnungen zeigen: In den USA schneit es immer weniger
In vielen Teilen der USA hat die Gesamtschneemenge seit Beginn der offiziellen Aufzeichnungen in den 1930er-Jahren abgenommen, etwa im pazifischen Nordwesten und in Teilen des Mittleren Westens. Das geht aus den Daten der US-Umweltschutzbehörde hervor. Ein Grund für diesen allgemeinen Rückgang der Schneemenge ist, dass mehr Winterniederschläge in Form von Regen statt Schnee fallen – und das liegt an den höheren Lufttemperaturen aufgrund der Klimakrise.
Zwischen 1949 und 2024 haben mehr als 80 Prozent der Wetterstationen in den 48 territorial zusammenhängenden Staaten einen Rückgang des Niederschlagsanteils gemessen, der als Schnee niedergeht. Überdies ist die Größe der schneebedeckten Landfläche jährlich um durchschnittlich 5.395 Quadratkilometer zurückgegangen – und das seit 1972.
- epa.gov: Climate Change Indicators: Snowfall (Englisch)
- epa.gov: Climate Change Indicators: Snow Cover (Englisch)
- bbc.com: "How the polar vortex fuels intense winter weather in the US" (Englisch)