Region in Italien macht ernst Illegale Häufchen: DNA soll Hunde überführen
Die Idee ist schlicht: Wenn man durch DNA Verbrecher überführen kann, kann man so auch die Verursacher für Hundehäufchen ausfindig machen. Südtirol macht damit jetzt ernst.
Selbstverständlich gäbe es in Bozen für den Pinscher stillere Örtchen, um sein Geschäft zu verrichten. Aber was muss, das muss. Nun geht er in Südtirols Hauptstadt eben auf dem Waltherplatz in die Hocke, direkt vor dem Dom. Den Besitzer, Mitte 20, pelzbesetzte Daunenjacke, Hund an der Leine, immerhin, scheint das nicht groß zu kümmern. Er schaut nicht einmal vom Mobiltelefon auf. Plumps, dann sind Handy, Hund und Halter wieder weg. Die Hinterlassenschaft bleibt liegen, ziemlich mittig sogar auf dem viel besuchten Platz. Man ahnt, wie die Angelegenheit zu Ende geht.
Solche Szenen sollen in Italiens nördlichster Provinz mit ihrer halben Million Einwohnern - die Mehrheit deutschsprachig - und den vielen Millionen Touristen bald der Vergangenheit angehören. Derzeit baut die Landesregierung mit den Gemeinden eine Datenbank auf, in der das Erbmaterial der mehr als 40.000 hier gemeldeten Hunde erfasst werden soll.
Seit Anfang des Jahres ist die Abgabe einer DNA-Probe von Gesetz wegen Pflicht. Mit den gesammelten Proben können dann Häufchen und Hündchen einander zugeordnet werden soll dann ermittelt werden. Abgesehen davon soll das Genmaterial auch helfen, wenn jemand gebissen wurde oder Hunde in Verkehrsunfälle verwickelt sind.
Ein liegen gelassenes Häufchen kann über 1.000 Euro kosten
Die Datenbank soll nach bisherigen Beschlüssen bis zum Sommer bereit sein. Die vorgesehenen Strafen für Liegenlasser sind happig: Zwischen 292 und 1.048 Euro. So etwas wie eine Hundesteuer gibt es in Südtirol nicht. Zum Vergleich: In Deutschland werden je nach Bundesland zwischen 10 und 150 Euro fällig, wenn Hundebesitzer der Meinung sind, sich nicht bücken zu müssen.
Embed
Auf die Idee, das Problem durch die Speicherung von Gendaten zu lösen, kamen in Europa schon verschiedene Kommunen. Auch in London und Paris wurde darüber nachgedacht. In Deutschland beschäftigten sich eher kleinere Gemeinden wie Weilerswist bei Bonn oder Bad Neualbenreuth in der Oberpfalz damit.
Bislang scheiterte das meist am Datenschutz und anderen juristischen Hürden. In Südtirol, wo auf saubere Bürgersteige und Wanderwege mehr Wert gelegt wird als anderswo, ist man nun vermutlich so weit wie nirgendwo sonst.
Bisher rund 8.000 abgegebene DNA-Proben
In der Bevölkerung ist das Themahöchst umstritten. Von den Hundebesitzern ging bislang nur etwa ein Fünftel zum Veterinär, um dem eigenen Tier per Wattestäbchen Speichel oder mit einer Spritze Blut abnehmen zu lassen. Die Landesregierung spricht aktuell von 7.000 bis 8.000 abgegebenen Proben, die nun zentral gespeichert werden. Viele sind über die 65 Euro Gebühr empört – zumal noch das Honorar für den Arzt hinzukommt. Bei mehreren Hunden kann das teuer werden.
Groß ist unter den Einheimischen auch der Ärger, dass die Tiere von Touristen von der Regelung ausgenommen bleiben. "Drei Viertel von den Urlaubern, die nach Südtirol kommen, haben doch einen Hund dabei", sagt Vanni Campanella (59), der mit seinem Husky unterwegs ist. "Aber die bleiben völlig außen vor. Das ist nicht fair."
Linde Malknecht, die ihren Mischling am Fluss Eisack spazieren führt, fühlt sich ebenfalls ungerecht behandelt. "Ganz Bozen ist dreckiger worden in den letzten Jahren. Aber bezahlen müssen nur wir."
Wichtige Fragen noch ungeklärt
Viele Hundehalter hoffen jetzt, dass das Gesetz noch geändert wird. Die Südtiroler Tierärztekammer verweist zudem darauf, dass wichtige Fragen noch ungeklärt seien. "Wir wissen zum Beispiel überhaupt noch nicht, wer die Probe entnimmt, wenn das Häufchen einmal auf der Straße liegt. Das darf ja nicht jeder", sagt deren Präsident Franz Hintner der Deutschen Presse-Agentur.
Vermutlich werden das vereidigte Beschäftigte der kommunalen Ordnungsämter sein. Die Südtiroler Polizei hat jedenfalls schon deutlich gemacht, dass sie auch so schon genug zu tun habe.
Offen ist auch, wie die Gerichte entscheiden werden, wenn es nach einem DNA-Abgleich Ärger gibt. Hundehalter Campanella gibt zu bedenken: "Was passiert eigentlich, wenn ich alles in den Beutel packe und zum Mülleimer bringe - und dann ein böser Nachbar kommt und alles wieder auf die Straße legt? Wie will man das beweisen?" Trotzdem ist er überzeugt, dass an der Gendatenbank kein Weg mehr vorbeiführt. Er selbst war mit dem Husky jedenfalls schon beim Arzt.
Auch Kammerpräsident Hintner ist sich sicher, dass trotz aller Kritik und Bedenken die große Mehrheit der Südtiroler Hundehalter dem Gesetz folgen wird. "Weil wir halt doch Deutsche sind", meint der Tierarzt aus Meran. "Wir haben eben so eine Mentalität: Wenn man uns was sagt, dann wird das auch gemacht."
- Nachrichtenagentur dpa