Silvester-Bilanz 300 Festnahmen in Berlin – drei junge Männer tödlich verletzt
Die Silvesternacht verlief verhältnismäßig friedlich. Dennoch kam es zu zahlreichen Festnahmen, und zwei 18-Jährige und ein 22-Jähriger verletzten sich tödlich.
In vielen Ländern hat das neue Jahr begonnen – in Deutschland feierten Millionen weitgehend friedlich und ausgelassen. Doch es ist am Silvesterabend auch zu schweren Zwischenfällen gekommen. Drei junge Männer starben an Verletzungen, die sie sich durch Feuerwerk oder Böller zuzogen.
Besonders in Berlin musste die Polizei zu zahlreichen Einsätzen ausrücken; die Einsatzkräfte hatten dem Jahreswechsel besonders angespannt entgegengeblickt.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hatte bereits am Sonntagabend ein hartes Vorgehen bei Randalen angekündigt. "Heute ist die Nacht, wenn's denn notwendig ist, die Nacht der Repression, wo der Rechtsstaat sich versuchen wird, durchzusetzen", sagte der CDU-Politiker beim Besuch einer Polizeiwache in Berlin-Neukölln. In der Silvesternacht vor einem Jahr hatte es bundesweit Ausschreitungen und Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte gegeben, besonders betroffen war Berlin.
CDU-Politiker: "Der Staat darf keine Naivität mehr zeigen"
Der SPD-Innenpolitiker Hakan Demir zieht nach der Silvesternacht eine positive Bilanz. "Zum Glück: Die ganz großen Krawalle blieben aus", sagte der Neuköllner Bundestagsabgeordnete t-online. Die hohe Zahl von Polizei- und Rettungskräften, die Appelle und die Angebote von Jugendclubs in der Nacht hätten einen positiven Beitrag geleistet.
"Das zeigt, dass Repression nicht das einzige Mittel sein kann." 2023 sei auf Prävention gesetzt worden, dieser Weg müsse konsequent weitergeführt werden. "Jugendliche brauchen mehr Räume in der Stadt für sich, um sich zu begegnen und gemeinsam an Projekten zu arbeiten." Dass es dennoch Angriffe auf Einsatzkräfte gegeben hat, verurteilt Demir. "Nichts rechtfertigt diese Gewalt. Diese Menschen werden für ihre Taten die Verantwortung übernehmen."
CDU-Innenpolitiker Alexander Throm sieht eine "neue Härte" von Politik und Behörden als Grund, warum die Silvesternacht relativ ruhig verlief. "Entscheidend war die klare Ansprache im Vorfeld, verbunden mit dem massiven Auftreten der Sicherheitskräfte", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion t-online.
"Es gab eine gewisse neue Härte." So seien Eskalationen gesteuert und in Teilen sogar verhindert worden. Diese Strategie fordert Throm auch in Zukunft: "Der Staat darf keine Naivität mehr zeigen." In bestimmten Gruppen gebe es ein enormes Gewaltpotential, das nicht zuletzt durch den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober weiter mobilisiert worden sei. "Wir brauchen hier auch in Zukunft klare Kommunikation und eine neue Härte."
Böller, Molotowcocktails, Festnahmen in Berlin
Gegen 3 Uhr meldete die Berliner Polizei etwa 300 Festnahmen. "Diverse Angriffe mit Pyro, Schreckschuss & Flaschen auf Einsatz- und Rettungskräfte" würden gemeldet, hieß es.
Am Sonntagabend kam es zu einem Zwischenfall in der Nähe des Alexanderplatzes in Berlin-Mitte mit Hunderten Beteiligten. Nach Angaben der Polizei wurden aus einer Gruppe von rund 500 Menschen Böller geworfen. Die Polizei habe die Gruppe am Neptunbrunnen auseinandergetrieben und auf Feuerwerk kontrolliert, teilte die Polizei auf der Onlineplattform X (vormals Twitter) mit. "Aus einer ca. 200-köpfigen Gruppe, die sich an den Rathauspassagen aufhielt, wurden unsere Einsatzkräfte mit Pyro beschossen", hieß es weiter.
In Neukölln wurden gegen Mitternacht Autos mit Feuerwerkskörpern beschossen, auch Polizei- und Rettungsfahrzeuge, wie die Polizei mitteilte. Außerdem hätten Personen in der Hermannstraße in Neukölln mit Raketen auf Polizisten geschossen.
Mehrere Verdächtige in Gewahrsam nach Kölner Terroralarm
Nach einem Terroralarm ist der Jahreswechsel am Kölner Dom unter hohen Sicherheitsmaßnahmen gefeiert worden. Dabei lief vorerst alles weitgehend ruhig ab. "Ein paar Böllerwerfer, einige Ingewahrsamnahmen, nichts Ungewöhnliches", sagte ein Polizeisprecher gegen 1.30 Uhr. Auf der Domplatte und dem Bahnhofsvorplatz sei es weitgehend friedlich zugegangen. Groß war die Sorge vor einem Zwischenfall. Ein Anschlag habe mit einem Auto verübt werden sollen, sagte der Kölner Polizeipräsident Johannes Hermanns. Es habe sich herausgestellt, dass der schon an Heiligabend in Gewahrsam genommene Tadschike Teil eines größeren Netzwerkes sei, das sich auch auf andere Bundesländer und andere europäische Staaten erstrecke.
Unter massivem Polizeischutz zelebrierte Kardinal Rainer Maria Woelki dann am Abend die gut besuchte Silvestermesse. Rund um die Kathedrale blieb es nach Polizeiangaben am Abend zunächst ruhig. "Ich danke unseren Sicherheitskräften, die schon in den Tagen vor Weihnachten damit begonnen haben, diese Kathedrale zu schützen und auch uns zu schützen, damit wir Gottesdienst feiern können und das Grundrecht der freien Religionsausübung auch in unserem Land weiter gewährleistet bleibt", sagte Woelki zu Beginn der Messe.
Schwere Unfälle mit privatem Feuerwerk
Trotz aller Warnungen kam es auch wieder zu schweren Unfällen mit Feuerwerk. In Koblenz und der Oberpfalz endete das jeweils sogar tödlich. In Koblenz starb ein 18-Jähriger am Sonntagabend beim Zünden eines Böllers, wie die Polizei mitteilte. Der junge Mann sei trotz Reanimation an den Folgen der Explosion gestorben. Die Ermittlungen zu den Umständen dauerten an. Die Polizei wollte zunächst keine weiteren Angaben zu dem Vorfall im Stadtteil Rübenach machen.
In der Oberpfalz in Bayern ist ein ebenfalls 18-Jähriger in der Nacht an Verletzungen aufgrund eines Böllers gestorben. Der junge Mann warf nach bisherigen Informationen der Polizei in Eschlkam im Landkreis Cham einen Böller in ein Kunststoffrohr, um ihn darin explodieren zu lassen, wie ein Sprecher am Montag mitteilte.
Als der junge Mann mit dem Kopf über dem Rohr gewesen sei, sei der Böller explodiert und habe den Mann im Kopfbereich verletzt. Eine weitere Person sei bei dem Vorfall leicht verletzt worden. Die Kriminalpolizei ermittelt zu den Hintergründen des Vorfalls.
Ein 22-jähriger Mann ist im ostsächsischen Boxberg beim Zünden einer verbotenen Kugelbombe getötet worden. Der junge Mann habe bei der Explosion am Silvesterabend so schwere Verletzungen erlitten, dass er trotz Rettungsversuchen noch am Unglücksort starb, teilte ein Sprecher der Polizeidirektion Görlitz am Montag mit. Ein gleichaltriger Begleiter habe leichte Verletzungen erlitten.
Die Berliner Polizei teilte mit, ein 40-Jähriger habe beim Zünden einer Signalrakete im Ortsteil Kaulsdorf eine Hand verloren. Unmittelbar nach der Zündung sei die Rakete in seiner Hand explodiert. Bei einer Durchsuchung sei weitere Pyrotechnik bei ihm gefunden und beschlagnahmt worden.
Polizei rückt in Leipzig mit Wasserwerfer an – um zu löschen
Im linksalternativ geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz seien Gegenstände auf eine Polizeiwache geworfen worden, sagte ein Polizeisprecher am Montagmorgen. Personen seien dabei nicht verletzt worden.
Etwa 3.000 Menschen versammelten sich gegen Mitternacht auf einer Kreuzung, den Angaben nach entzündeten sie aus Pyrotechnik, Müll und Baustellabsperrungen vier Feuer. Die Polizei rückte mit Wasserwerfern an, um zu löschen. Der Polizeisprecher sprach von einer "silvestertypischen Nacht".
Nach Corona-Pause wieder Höhenfeuerwerk in Berlin
Vor dem Brandenburger Tor in der Hauptstadt feierten bei der traditionellen Silvesterparty Zehntausende ausgelassen ins neue Jahr. Erstmals seit der Corona-Pandemie gab es wieder ein Höhenfeuerwerk. Etwa 45.000 Besucherinnen und Besucher waren trotz zeitweisen Regens und hohen Sicherheitsvorkehrungen zur ZDF-Silvesterparty gekommen.
Laut Veranstalter war die Festmeile zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule für 65.000 Menschen ausgelegt. Das ZDF übertrug die Party wieder live als Show mit dem Namen "Willkommen 2024". Für Stimmung sorgten etwa Ayliva, Luca Hänni und Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys.
Zehntausende auf den Straßen in Hamburg und Frankfurt
Auch in Hamburg starteten Zehntausende mit großem Feuerwerk und Party ins neue Jahr 2024. Dicht gedrängt verfolgten die Menschen etwa an den Landungsbrücken das Silvesterfeuerwerk. Rund 8.000 Besucher waren allein dorthin gekommen, wie ein Polizeisprecher um kurz nach Mitternacht sagte. An der Reeperbahn seien es 10.000 bis 15.000 Menschen, es strömten aber immer noch weitere nach.
Auch in der Frankfurter Innenstadt wurde gefeiert – nach Angaben der Polizei vorerst friedlich. Natürlich seien auch wieder Böller und Raketen in Menschenmengen abgefeuert worden, sagte ein Polizeisprecher am frühen Montagmorgen. Die Beamten seien dagegen konsequent vorgegangen.
- Nachrichtenagentur dpa