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Libyen: Mindestens 2.000 Tote und rund 10.000 Vermisste nach Überschwemmungen


Heftige Überschwemmungen
"Überall liegen Leichen – im Meer, in den Tälern, unter den Gebäuden"

Von dpa, afp, reuters, lw

Aktualisiert am 12.09.2023Lesedauer: 3 Min.
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Ausnahmezustand: Libyen bittet die internationale Staatengemeinschaft um Hilfe. (Quelle: reuters)

Der Sturm "Daniel" hat weite Teile Libyens überschwemmt. Tausende Menschen werden vermisst, die Zahl der Todesopfer steigt. Die Lage ist unübersichtlich.

Bei dem schweren Unwetter und den verheerenden Überschwemmungen im Bürgerkriegsland Libyen sind laut Rettungskräften mindestens 2.300 Menschen ums Leben gekommen. Etwa 7.000 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte am Dienstag ein Sprecher der libyschen Not- und Rettungsdienste der Nachrichtenagentur AFP mit.

Besonders betroffen ist die Stadt Derna. "Die Lage ist sehr katastrophal. Überall liegen Leichen – im Meer, in den Tälern, unter den Gebäuden", sagte Luftfahrtminister der im Osten herrschenden Regierung, Hichem Chkiuat, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters am Telefon.

Er rechne damit, dass die endgültige Zahl der Opfer "sehr, sehr hoch" sein werde. "Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass 25 Prozent der Stadt verschwunden sind." Viele Gebäude seien eingestürzt. Mehr als 300 Opfer wurden in Massengräbern beerdigt, wie das libysche Portal "Babwat Al-Wasat" berichtete.

Neben Darna waren auch andere Städte wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat betroffen. Der Bürgermeister in Schahat sprach von rund 20.000 Quadratkilometern überfluteter Gebiete, einer Fläche etwa so groß wie Sachsen-Anhalt.

"Außer Kontrolle"

Oberhalb der Stadt mit 125.000 Einwohnern waren nach Angaben der Libyschen Nationalarmee Dämme geborsten und ganze Stadtteile daraufhin mit ihren Bewohnern ins Meer gespült worden. Auf Videos war zu sehen, wie Wassermassen durch das Stadtzentrum strömten, wo früher nur ein Bach sich an den Häusern vorbeischlängelte. Auf beiden Seiten des zu einem Strom angeschwollenen Baches wurden Gebäude zerstört.

Ein Reuters-Journalist berichtete auf seinem Weg nach Derna, es seien umgestürzte Fahrzeuge, entwurzelte Bäume und verlassene, überflutete Häuser zu sehen. Er sei auch Konvois mit Hilfsgütern auf dem Weg nach Derna begegnet.

Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und Roten Halbmond werden noch etwa 10.000 Menschen vermisst. Es könnte "Tausende" Todesopfer geben, sagte am Dienstag Organisationsvertreter Tamer Ramadan in einer Videokonferenz zu Journalisten. "Wir bestätigen anhand unserer unabhängigen Informationen, dass die Zahl der vermissten Personen bei etwa 10.000 liegt." Othman Abdel Dschalil, Gesundheitsminister im Osten, sagte dem Fernsehsender Al-Massar, es sei nach wie vor schwer, die genaue Zahl der Toten und Vermissten zu bestimmen.

EU bietet Unterstützung an

Die EU bot Libyen Hilfe an. "Wir sind bereit, unsere Partner vor Ort umgehend zu unterstützen", teilte der für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic am Dienstag auf der Online-Plattform X (früher Twitter) mit. Ähnlich äußerte sich auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

Die Bundesregierung prüft nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt derzeit Hilfsmaßnahmen für Libyen. Allerdings sei die Lage in den von den Fluten besonders betroffenen Gebieten in dem Bürgerkriegsland teils weiterhin unübersichtlich. "Innerhalb der Bundesregierung stimmen wir aktuell ab, wie wir dem Ersuchen der libyschen Regierung um internationale Hilfe nachkommen können, insbesondere was die größten Bedarfe sind und wo wir gezielt Unterstützung leisten können."

Scholz: "Bestürzend"

Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf X, man stehe wegen möglicher Hilfen mit den Vereinten Nationen und Partnern in Kontakt. "Die Nachrichten über die schweren Überschwemmungen in #Libyen sind bestürzend", erklärte Scholz. "Unsere Gedanken sind bei allen Betroffenen und ihren Familien."

Auch der US-Sondergesandte für Libyen, Richard Norton, kündigte an, man werde sich mit libyschen Behörden abstimmen, um die Hilfen seines Landes am besten einzusetzen. Ägypten, Katar und Iran gehörten ebenfalls zu den Ländern, die sich zu Hilfen bereit erklärten. Die Türkei organisierte bereits die Entsendung von Rettungskräften. Man habe Flüge mit Bergungstrupps samt Rettungsbooten, Zelten und Versorgungsgütern an Bord organisiert, teilte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan auf X mit.

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Kampf zwischen verfeindeten Regierungen

Die Regierung im Westen in der Hauptstadt Tripolis unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba sprach von den schwersten Regenfällen seit mehr als 40 Jahren. Am Montag wurde eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen.

In Libyen wurde der Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 gewaltsam gestürzt. Die staatliche Ordnung ist weitgehend zerfallen, zahlreiche Konfliktparteien ringen um Einfluss. Libyen ist durch einen Bürgerkrieg zwischen Ost und West gespalten. Die international anerkannte Regierung in Tripolis kontrolliert die östlichen Gebiete nicht, will dort aber helfen.

Mindestens ein Hilfsflug startete am Dienstag von der westlichen Stadt Misrata aus, berichtete ein Reuters-Journalist, der an Bord war. Dbaiba teilte auf X mit, in der Maschine mit Ziel Bengasi befänden sich 87 Sanitäter und Ärzte, 14 Tonnen Hilfsgüter, Medikamente, Ausrüstung und Leichensäcke.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
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