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Scharfe Kritik an Regierung – so politisch ist der Karneval in Rio


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Keine Kompromisse – so heftig feiert Rio den Karneval

Von afp, jmt

Aktualisiert am 04.03.2019Lesedauer: 3 Min.
Darsteller als Jesus Christus, der von einem römischen Soldaten geschunden wird: Der Karneval in Rio ist vermutlich die größte Party der Welt – und scheut sich auch nicht vor drastischen Szenen.Vergrößern des Bildes
Darsteller als Jesus Christus, der von einem römischen Soldaten geschunden wird: Der Karneval in Rio ist vermutlich die größte Party der Welt – und scheut sich auch nicht vor drastischen Szenen. (Quelle: Pilar Olivares/reuters)

Der Karneval in Rio nähert sich dem Höhepunkt: Das Schaulaufen der Sambaschulen hat begonnen. Einige Formationen schießen mit politischen Botschaften gegen den neuen rechtsradikalen Präsidenten.

Für gewöhnlich ist der brasilianische Karneval unpolitisch, doch in diesem Jahr ist alles anders. Die prachtvollen Züge der Sambaschulen, die im Sambodrom miteinander wetteifern, sind immer wieder mit politischen Botschaften gespickt. Ein deutlicher Kommentar zu Brasiliens neuem Präsidenten Javier Bolsonaro, der die Gesellschaft mit rechtsradikalen Positionen polarisiert.


Als erste Gruppe zog am Sonntagabend Império Serrano durch das Sambodrom, die Karnevalsarena der brasilianischen Millionenmetropole. Ihren ersten Wagen zierte ein gigantischer Kohl, der sich langsam über einer goldenen Krone öffnete. Wegen heftiger Regenfälle begann die spektakuläre Parade mit dreiviertelstündiger Verspätung – der Feierwut der Tänzer, Musiker und Zuschauer tat das aber keinen Abbruch.

Mit einer Ode an die Toleranz machte Rivalin Salgueiro von sich Reden: In einem Land, dessen neuer Präsident als Rassist und als expliziter Gegner von Homosexuellen sowie liberalen Lebensentwürfen generell gilt, grüßte ein schwarzer Papst im Papamobil die über 70.000 Zuschauer im Sambodrom. Tänzer trugen Regenbogen-Fahnen mit sich oder Spruchbänder mit rot durchgestrichenen Aufschriften wie "Korruption" oder "Straflosigkeit".

Alle warten auf die Rekordhalter

Insgesamt ziehen am Sonntag und Montag 14 Sambaschulen durch das 700 Meter lange Sambodrom, das Platz für 72.000 Zuschauer bietet. Bei dem prestigeträchtigen Wettbewerb treten die großen Sambaschulen mit jeweils Tausenden Mitgliedern gegeneinander an.

Mit großer Spannung wird der Auftritt der Schule Portela erwartet. Der Rekordhalter mit 22 Titeln zieht am Montagabend durch das Sambodrom, die Kostüme hat der französische Stardesigner Jean-Paul Gaultier entworfen. Im vergangenen Jahr hatte die Sambaschule Beija-Flor den Wettbewerb gewonnen. Die Samba-Formation Mangueira will an die verborgenen "Volks"-Helden der brasilianischen Geschichte erinnern, zumeist Schwarze oder Indigene, die in den Schulbüchern unerwähnt bleiben. Die Samba-Schule will zudem Rios schwarze Stadträtin Marielle Franco würdigen, die vor einem Jahr ermordet wurde.

Magisch bis märchenhaft

Die Schule Grande Rio spielte bei der Parade auf die Falschnachrichten an, die im brasilianischen Präsidentschaftswahlkampf das Internet überschwemmten. Ein Wagen nahm mit in klebrigen Netzen gefangenen Fischen und Schildkröten zur Verschmutzung der Meere Stellung, ein weiterer ließ einen verrückt gewordenen Einstein mit grünen Haaren und im Astronautenanzug durch das Karnevals-Universum schweben.

Magisch bis märchenhaft ging es bei Viradouro zu. Tänzer im Krötenkostüm verwandelten sich plötzlich in Prinzen, Hexen flogen über einen Wagen, und die Schlagzeuger traten in den sprechenden Hüten aus "Harry Potter" an. Den schönsten Wagen hatte in der ersten Nacht aber Beija-Flor, der Sieger des Vorjahres: Inmitten von blauen und weißen Wolken schwebte ein gigantischer Kolibri, das Symbol der Sambaschule, in der Luft.


Der Startschuss für den Karneval war am Freitagabend gegeben worden. Wie im Vorjahr verweigerte der evangelikale Bürgermeister von Rio, Marcelo Crivella, seine Teilnahme an der traditionellen Eröffnungszeremonie. Der evangelikale Politiker ist wegen seines Glaubens als Karnevalsgegner bekannt, die finanzielle Unterstützung für die Feierlichkeiten strich er um die Hälfte zusammen – und das, obwohl der Karneval rund 1,5 Millionen Touristen aus dem In- und Ausland anlockt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
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