Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Minister-Wunschliste Das wäre das bestmögliche Kabinett

CDU, CSU und SPD werden künftig regieren, soviel ist klar. Aber wer wird Ministerin oder Minister in der Merz-Regierung? Eine Wunschliste.
Ja, schon klar, über Posten und Personen wird erst ganz am Schluss geredet. Inhalte first! Bis Ostern geht es um Steuern, Renten und Wehrpflicht, nicht um Ministerämter! Glauben wir das? Hinter den Kulissen wird doch längst das Personaltableau der neuen Regierung skizziert. Die Hauptstadtpresse spekuliert munter, wer was wird.
Stellen wir die Frage anders: Wer sollte was werden? Wir bilden uns unsere eigene Regierung. Ein Szenario unter Beachtung des Wahlergebnisses, keine wilde Fantasie. Eine schwarz-rote Regierung, wie sie aussehen könnte.
Friedrich Merz wird Bundeskanzler. Und Lars Klingbeil Vizekanzler. So weit, so sicher. Aber welches Ressort soll Klingbeil führen? Ich sehe ihn als Finanzminister, aus zwei Gründen. Erstens, weil Boris Pistorius Verteidigungsminister bleiben soll. Dann fällt das Auswärtige Amt, das auch für Klingbeil infrage kommt, an die Union. So will es die Koalitionslogik. Auch die Ressorts Inneres und Justiz sowie Wirtschaft und Finanzen werden so aufgeteilt.

Zur Person
Uwe Vorkötter gehört zu den erfahrensten Journalisten der Republik. Seit vier Jahrzehnten analysiert er Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, er hat schon die Bundeskanzler Schmidt und Kohl aus der Nähe beobachtet. Als Chefredakteur leitete er die "Stuttgarter Zeitung", die "Berliner Zeitung" und die "Frankfurter Rundschau". Er ist Herausgeber von "Horizont", einem Fachmedium für die Kommunikationsbranche.
Für Klingbeil als Finanzminister spricht zudem, dass die SPD federführend Verantwortung für die Staatsfinanzen übernimmt. Die Sozialdemokraten neigen ja eher zum Geldausgeben als zum Sparen. Wenn aber ein Partner ständig neue Ausgaben fordert, der andere für den soliden Haushalt zuständig ist, funktioniert das nicht – die Ampel lässt grüßen. Auch Angela Merkel hatte übrigens einen SPD-Finanzminister. Der Mann hieß Olaf Scholz.
Außenminister könnte Armin Laschet werden. Der Christdemokrat war im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, er kennt sich aus in der Welt. Er ist Europäer durch und durch und von seinem Typ her der geborene Chefdiplomat: ausgleichend, freundlich, unaufgeregt. Ihn kann man nach Washington zu Rubio schicken. Auch zu Lawrow, dem Russen.
Das Zwillingspärchen würde sich gut machen
Funfact am Rande: Laschet und Pistorius sehen sich wirklich sehr ähnlich. In der Welt würde man amüsiert über die "German Twins", die deutschen Zwillinge, sprechen. Sympathie und positive Emotionen schaden in der internationalen Politik nicht.
Wenn Klingbeil Finanzminister wird, stellt die Union neben dem Außen- auch den Wirtschaftsminister. Hier wird es tricky. Das bisherige Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz war ganz auf Robert Habeck zugeschnitten, das ist Vergangenheit. Mancher in der CDU wünscht sich einen neuen Ludwig Erhard als Nachfolger. Erhard gilt als Vater des Wirtschaftswunders in der Frühzeit der Bundesrepublik. Sein Ressort hatte wenig Kompetenzen, er überzeugte durch seine Worte. Die Union hat aber keinen neuen Erhard.
Andere träumen von einer ursprünglich sozialdemokratischen Lösung: Wolfgang Clement leitete unter Gerhard Schröder ein Wirtschafts- und Arbeitsministerium. Man nannte ihn den Superminister. Das ist nicht meine favorisierte Lösung.
Sondern: ein Ministerium für Wirtschaft und Infrastruktur. Ein Ressort, in dem die Verantwortung für den 500-Milliarden-Schuldentopf gebündelt wird. Das dafür sorgt, dass zügig und seriös in Schienen, Straßen und Stromleitungen investiert wird. Verkehrs- und Bauministerium würden in diesem Ressort aufgehen. Wirtschaft, groß gedacht. Carsten Linnemann, 47 Jahre alt, einer der Architekten der Nach-Merkel-CDU, ist mein Favorit für dieses Investitions-Ministerium. Ich traue ihm eine Schlüsselrolle in der Regierung zu.
Justiz niemals ohne fachliche Eignung
Klingbeil und Pistorius für die SPD, Laschet und Linnemann für die CDU – wo bleibt die CSU? Hier: Alexander Dobrindt ist mein Innenminister. Söders Mann in Berlin, mit Merz eng verbunden. Ein Innenminister, der für innere Sicherheit steht. Auch für die Begrenzung der Migration. Das entspricht dem Wahlergebnis. Ein Kontrastprogramm zu Nancy Faeser.
Beim Stichwort Faeser fällt mir auf, dass mein Kabinett bisher nur aus Männern besteht. Das ändern wir. Wie wär's mit Katarina Barley als Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz? Sie war das schon einmal, allerdings nur sehr kurz, weil sie dann als Spitzenkandidatin der SPD bei der Europawahl 2019 antrat und nach Brüssel ging. Barley ist Juristin, in diesem Amt lege ich Wert auf die fachliche Ausbildung.
Noch eine andere sozialdemokratische Ex-Ministerin würde ich am liebsten zurückholen: Andrea Nahles. Sie war eine sehr gute Arbeitsministerin. Ihre Partei hat sie weggemobbt, jetzt leitet sie als Beamtin die Bundesagentur für Arbeit. Sie hat Ahnung von der Sache und politisches Format. Bitte nicht noch einmal Hubertus Heil! Der Erfinder des Bürgergelds versteht einfach nicht, dass die Wähler seinen Kurs abgelehnt haben.
Hat eigentlich auch die Union Frauen, die "ministrabel" sind? Ja, einige wenige. Karin Prien (CDU) gilt zu Recht als Favoritin für das Bildungs- und Forschungsministerium. Dorothee Bär (CSU) sehe ich als Nachfolgerin von Lisa Paus. Allerdings nicht wie Paus als Ministerin für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, sondern schlicht als Ministerin für Familie und Gesellschaft. Sie könnte dann auch für heterosexuelle, nicht gebärfähige Menschen der Jahrgänge 1965 und früher zuständig sein. Also für alte weiße Männer wie mich.
Ein bisschen Schwund schadet nicht
Wer und was fehlt noch? Das Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Nein, das fehlt nicht. Die Entwicklungshilfe gehört bei mir ins Auswärtige Amt, auch wenn die Lobbyisten der NGOs bereits mächtig Druck gegen diese Option machen. Mein Kabinett besteht nur noch aus 13 statt bisher 16 Ressorts. Konzentration auf das Wesentliche, auch ein Zeichen der Sparsamkeit.
Offen sind jetzt noch: Gesundheit, Landwirtschaft, Umwelt und der Kanzleramtsminister. Thorsten Frei habe ich fürs Kanzleramt auf der Liste, er war schon Fraktionsmanager bei Merz. Gerade handelt er in vorderster Linie den Koalitionsvertrag mit der SPD aus. Frei kann die Regierungsarbeit professionell koordinieren, da bin ich sicher.
Mein Gesundheitsminister ist und bleibt Karl Lauterbach. Neben Pistorius der einzig Verbliebene aus der Ampelriege. Lauterbach hat das E-Rezept auf den Weg gebracht, die elektronische Patientenakte, die Krankenhausreform. Er legt sich mit den mächtigen Verbandsfürsten und Krankenkassen-Chefs an, mit der Pharmaindustrie und den Ärztefunktionären. Sein Job ist noch nicht erledigt.
Ein Lobbyist als Minister?
Als Agrarminister hatte Markus Söder schon den bayerischen Bauernpräsidenten Günther Fleßner ausgerufen. Der hat sich zurückgezogen, nachdem militante Tierschützer ihm mit einer Protestaktion auf den Hof gerückt sind. Was übrigens keinen Deut besser ist als der Fackelmarsch sächsischer Nazis zum Privathaus eines Bürgermeisters in Halberstadt – auch wenn die Medien im einen Fall empört aufschreien, im anderen nicht.
Allerdings hätte Fleßner aus politischen Gründen meine Zustimmung nicht gefunden. Ich halte nichts davon, einen Lobbyisten zum Minister zu machen. In München hat die CSU eine Landwirtschaftsministerin namens Michaela Kaniber. Vielleicht ist sie auch für Berlin geeignet. Wahrscheinlich werde ich aber Cem Özdemir vermissen. Der einzige Grüne, der mich in der Ampelkoalition überzeugt hat.
Nicht alles ist realistisch
Auch mit dem Umweltministerium tue ich mich schwer. Es fällt nach meinen Vorstellungen der CDU zu, die soll ruhig die Verantwortung für Umwelt und Klimaschutz übernehmen. Sonst bremst sie doch nur. Der einzige Umweltpolitiker, den ich bei der CDU kenne, heißt Andreas Jung. Fachlich ist er zweifellos kompetent. Ob er Minister kann, weiß ich nicht.
Fünfmal CDU, plus Kanzler. Fünfmal SPD, dreimal CSU. Fünf Frauen im Kabinett, mehr ist mit der männlichen Union kaum zu machen. Nicht alles ist realistisch. Dass Merz und Klingbeil drei Ministerien einsparen, glaube ich nicht. Eher wird es noch ein neues Digitalministerium geben oder ein Kulturministerium. Bärbel Bas ist wahrscheinlicher als Andrea Nahles, vielleicht macht Linnemann den Frei und Dobrindt den Linnemann. Aber im Großen und Ganzen: Eine Regierung, die sich nicht verstecken muss. Schon gar nicht hinter der Ampel.
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