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COP27: Deutschland soll Reparationen an mehrere Staaten zahlen – Milliardensummen


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Es geht um Milliarden
Weshalb Deutschland Reparationen an Vanuatu zahlen soll


Aktualisiert am 10.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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t-online in Ägypten: Beim Klimagipfel wird diskutiert, ob und wie reiche Länder Entschädigungen zahlen müssen. (Quelle: t-online)
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Wer Zerstörung verursacht, muss zahlen – dieses Prinzip wollen viele Staaten auch auf die Klimakrise anwenden. Für Deutschland geht es um Milliardensummen.

Mehr als 1.700 Tote, acht Millionen Vertriebene, ein Drittel des Landes stand zeitweilig unter Wasser: So lautet die katastrophale Bilanz der Fluten in Pakistan in diesem Sommer. Rund 30 Milliarden Euro Schaden sind entstanden. Das Land bittet die internationale Gemeinschaft allerdings nicht nur um Hilfe – Pakistan verlangt Entschädigung.

Bereits 1991 forderte der kleine Inselstaat Vanuatu: Die Länder, die die Klimakrise hauptsächlich verursacht haben, sollen dafür zahlen – an die Staaten, die hauptsächlich an den Folgen leiden, für die Klimakrise aber keine oder kaum Verantwortung tragen. Erstere sind vor allem die Industrieländer, zweitere vor allem die Schwellen- und Entwicklungsländer.

Seitdem machen immer mehr Nationen einen solchen Anspruch geltend, die Industriestaaten ließen sie bislang aber abblitzen. Nun wird die derzeit stattfindende Weltklimakonferenz Schauplatz für diesen Konflikt.

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Entschädigung, wo keine Anpassung möglich ist

Bei den vergangenen Klimakonferenzen stand noch eher die Frage im Fokus, wie die Maßnahmen zur Anpassung an die Erderhitzung finanziert werden können. Die Entschädigungsforderungen beziehen sich nun aber auf jene Folgen der Klimakrise, die sich auch durch Anpassung nicht vermeiden lassen.

Bei den Vereinten Nationen läuft die Debatte unter dem Stichwort "Loss and Damage" – Verluste und Schäden. Verstanden werden darunter einerseits die Folgen langfristiger Veränderungen, wie die des steigenden Meeresspiegels oder der sich ausbreitenden Wüsten. Andererseits sind auch Katastrophen durch Extremwetterereignisse gemeint, die durch die Klimakrise häufiger und heftiger auftreten – wie die Fluten in Pakistan. Eine allgemeingültige Definition gibt es allerdings nicht.

Auch woher das Geld kommen soll, wie viel gezahlt werden müsste und an wen – alles noch unklar. So hatte sich etwa China schon vor Jahren den Entschädigungsforderungen angeschlossen, zählt aber mittlerweile selbst zu den größten Emissionsverursachern. Unter anderem aus der EU wird deshalb gefordert, dass die Volksrepublik zu einem Geber-Staat werden müsste, statt Geld zu erhalten.

Video | "Die Klimaschänder müssen die Welt entschädigen"
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Quelle: t-online

Ein Fünftel weniger Wohlstand durch die Klimakrise

Einen Eindruck des finanziellen Ausmaßes schafft ein Bericht der V20-Gruppe, die aus mittlerweile 58 besonders verwundbaren Staaten besteht. Demnach wären diese Nationen heute zwanzig Prozent wohlhabender, gäbe es die Klimakrise nicht. Ihre Forderungen gehen daher weit in die dreistellige Milliardenhöhe. Die Länder beziffern ihre Kosten für Klimaschäden zwischen 2000 und 2019 auf rund 522 Milliarden Euro.

Und das ist erst der Anfang: Bis 2050 könnte die Summe, die zum Ausgleich der Klimaschäden benötigt wird, laut einer Studie der London School of Economics auf jährlich bis zu 1,8 Billionen Euro steigen. Die Industrieländer befürchten darum, dass enorme Zahlungen auf sie zukommen würden. Also treten sie auf die Bremse.

Ayisha Siddiqa, Klimaaktivistin aus Pakistan, kritisiert das. Seit Jahren fordern die Staaten nun Kompensation, sagt sie t-online. "Aber die Regierungen nehmen das Thema bisher nicht ernst und auch international ist es immer noch umstritten."

Tatsächlich hat sich in den vergangenen 30 Jahren nur rhetorisch etwas getan: Einrichtungen für Dialog, Erfahrungsaustausch und technische Unterstützung wurden gegründet, konkreter wurde es aber nicht – bis zum vergangenen Jahr. Als erster und einziger Staat kündigte Dänemark bei der Klimakonferenz in Glasgow 2021 an, 100 Millionen Dänische Kronen (13,4 Millionen Euro) für "Loss-and-Damage"-Forderungen bereitzustellen.

Deutschland in Ägypten im Fokus

Und auch die diesjährige Klimakonferenz begann mit einem Teilsieg für die Entwicklungsländer: Entgegen der ursprünglichen Planung wurde "Loss and Damage" erstmals mit förmlichen Verhandlungen auf die Agenda gesetzt. Von einem "historischen Schritt" sprach die ägyptische Präsidentschaft. Und das Augenmerk liegt nun auch auf Deutschland: Zusammen mit der chilenischen Umweltministerin Maisa Roja ist Jennifer Morgan, Staatssekretärin im Außenministerium, offizielle Vermittlerin für das Thema.

Bereits im Oktober sendete Morgan das Signal, Deutschland würde nun mehr Verantwortung übernehmen: "Die Industrieländer müssen wirklich mehr tun, um die vulnerabelsten Länder zu unterstützen", sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir sind lösungsorientiert, aber es braucht Zeit." Konkreter wollte das Auswärtige Amt, welches die deutsche Delegation in Scharm el-Scheich leitet, trotz mehrerer t-online-Anfragen nicht werden.

170 Millionen für einen Klima-Schutzschirm

Bundeskanzler Olaf Scholz verkündete in seiner Rede vor dem Konferenzpublikum am Montag allerdings gleich einen Erfolg: Unter der deutschen Präsidentschaft hatten die G7-Staaten gemeinsam mit der V20-Gruppe im Oktober den Globalen Schutzschirm gegen Klimarisiken ("Global Shield") gegründet. Es handelt sich vorrangig um eine Versicherungslösung. Die Idee: Staaten sollen auf unvermeidbare Klimakatastrophen besser vorbereitet werden, um so die entstehenden Schäden einzudämmen.

Scholz verspricht eine deutsche Beteiligung von 170 Millionen Euro – deutlich mehr als der erwartete zweistellige Millionenbetrag. Diese Mittel sollen zusätzlich zu bereits geplanten Mitteln für den Kampf gegen die Klimakrise bereitgestellt werden, bestätigte das Entwicklungsministerium t-online. "Wir arbeiten daran, dass sich weitere Staaten an der Finanzierung beteiligen", sagte eine Sprecherin.

Deutschland werde "die vom Klimawandel am schwersten betroffenen Länder gezielt im Umgang mit Verlusten und Schäden unterstützen", erklärte der Kanzler. Kritiker sprechen hingegen von einem Tropfen auf den heißen Stein. Auch ist in den Plänen keine Kompensation für bereits entstandene Schäden inbegriffen.

Video | Scholz bei der Klimakonferenz
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Quelle: reuters

Jochen Flasbarth, Staatssekretär des Entwicklungsministeriums, betont, dass mit dem Schutzschirm allein das Thema "Loss and Damage" für Deutschland nicht abgehakt sei. Der Schutzschirm sei "nur ein Beitrag, der uns voranbringt, und wir brauchen natürlich auch die Verhandlungsfortschritte hier bei der Konferenz".

Die Forderung der Entwicklungsländer ist klar: eine eigene Finanzeinrichtung, die einen "Loss-and-Damage"-Fonds verwaltet. Noch im vergangenen Jahr blockierten die Industrieländer, allen voran die USA und die EU, allerdings diesen Vorschlag.

Ein Nachgeben der von Klimakatastrophen gebeutelten Ländern ist allerdings nicht absehbar. "Deutschland muss Reparationen an den globalen Süden zahlen", sagt auch die pakistanische Aktivistin Ayisha Siddiqa. Denn trotz der großen Worte in Scharm el-Scheich zeichnet sich eine wirksame Bekämpfung der Klimakrise derzeit nicht ab. Und Katastrophen wie jene in Pakistan dürften in der Zukunft noch verheerender werden.

"Loss and Damage"-Pionier Vanuatu nimmt die Industriestaaten unterdessen noch auf anderem Weg in die Pflicht: Der Inselstaat hat den Internationalen Gerichtshof um eine Einschätzung gebeten. Die Richter könnten dabei feststellen, dass es ein Recht auf Schutz vor negativen Klimaauswirkungen gibt. Juristisch wäre das nicht bindend. Der moralische Druck aber würde steigen.

Verwendete Quellen
  • Anfragen an Ayisha Siddiqa, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und das Auswärtige Amt
  • europarl.europa.eu: "Understanding Loss and Damage" (Briefing des Europa-Parlaments, Englisch, PDF-Datei)
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