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Europawahl 2024: Rechte Fraktionen im EU-Parlament gewinnen trotz Rissen dazu


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Trotz Rissen
Rechtes Lager könnte gestärkt abschneiden


Aktualisiert am 10.06.2024Lesedauer: 5 Min.
Maximilian Krah (Archivbild): Die Skandale rund um den Spitzenkandidaten haben zu einem Bruch innerhalb der Europäischen Rechten geführt.Vergrößern des Bildes
Maximilian Krah (Archivbild): Die Skandale rund um den Spitzenkandidaten haben zu einem Bruch innerhalb der Europäischen Rechten geführt. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)
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Skandale rund um Maximilian Krah haben zu einem Bruch zwischen der AfD und dem Rassemblement National geführt. Bei der Europawahl könnten die europäischen Rechten dennoch dazugewinnen. Doch was bringt ihnen das?

Spionagevorwürfe, mutmaßliche Gelder aus Russland, Verharmlosung der SS – trotz der Skandale rund um die AfD und ihre ehemalige ID-Fraktion im Europaparlament zeigen aktuelle Umfragen, wovor Experten seit Monaten warnen: Die beiden rechtspopulistisch bis rechtsextremen Fraktionen des EU-Parlaments werden voraussichtlich deutlich dazugewinnen, die Parteien der sogenannten politischen Mitte hingegen teils deutlich verlieren.

Die Umfragen bestätigen damit einen Trend, der auch bei vielen nationalen Wahlen Europas sichtbar ist: Rechtspopulisten und -extremisten werden immer stärker. Doch wie viel Macht können die beiden Rechtsaußen-Fraktionen ID und EKR im EU-Parlament nach dem Bruch des französischen Rassemblement National (RN) mit der deutschen AfD tatsächlich noch hinter sich vereinen und was streben sie an? Ein Überblick.

Wie ist das äußere rechte Spektrum im EU-Parlament vertreten?

Aktuell gibt es im Europaparlament zwei Fraktionen, die dem äußeren rechten Spektrum zuzuordnen sind: die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) und die extremere Fraktion Identität und Demokratie (ID).

Der EKR gehören unter anderem Mitglieder der PiS-Partei aus Polen und Mitglieder der italienischen Fratelli d'Italia an. Die ID besteht unter anderem aus Abgeordneten der italienischen Partei Lega, dem französischen Rassemblement National (RN) und der FPÖ aus Österreich.

Bis Mitte Mai gehörte auch die deutsche AfD mit neun Mitgliedern der ID-Fraktion an, allerdings beschloss die Fraktion nach mehreren Skandalen um den AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und einem Bruch zwischen RN und AfD, die Partei aus ihren Reihen auszuschließen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Nach dem Ausschluss der AfD hat die ID aktuell noch 49 der insgesamt 705 Sitze des EU-Parlaments inne, die EKR 68 Sitze.

Wie stark könnten die Fraktionen bei der EU-Wahl werden?

Die prognostizierten Sitze der ID sind nach dem Ausschluss der AfD deutlich gesunken. Die Fraktion könnte laut einer aktuellen europaweiten Umfrage von "Europe Elects" auf 67 Sitze kommen. Anfang Mai lag die Prognose für die ID noch bei etwa 83 Sitzen. Die EKR-Fraktion könnte der Umfrage zufolge auf etwa 73 Sitze kommen. Damit würden beide Fraktionen trotz allem noch Sitze dazugewinnen.

Sind noch Mehrheiten ohne die rechten Fraktionen möglich?

Zwar gibt es im Europaparlament keine festen Koalitionen, wie es beispielsweise auf Bundes- und Länderebene der Fall ist. Allerdings gibt es unverbindliche Absprachen für ein gemeinsames Abstimmungsverhalten zwischen den Fraktionen der Mitte – also der christlich-demokratischen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der liberalen Renew-Fraktion und der sozialdemokratischen S&D-Fraktion. Einen Fraktionszwang gibt es aber nicht, sodass diese "informelle Koalition" deutlich mehr als nur die absolute Mehrheit benötigt, um Entscheidungen durchsetzen zu können.

Nach den Umfragen von "Europe Elects" könnte die liberale Renew-Fraktion etwa 21 von derzeit 102 Sitzen im EU-Parlament verlieren und auch die Grünen kommen den Prognosen zufolge nur noch auf 55 ihrer aktuellen 72 Sitze. Die Sozialdemokraten der S&D-Fraktion könnten etwa vier ihrer aktuell 139 Sitze verlieren, die EVP-Fraktion der aktuellen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird demnach etwa sechs Sitze zu ihren aktuell 176 Sitzen dazugewinnen.

Mit insgesamt knapp 400 der für 2024 insgesamt 720 zu vergebenden Sitze könnte die informelle Koalition also weiterhin Mehrheiten ohne die rechten Fraktionen erreichen. Im Vergleich zu den insgesamt 420 Sitzen in der aktuellen Legislatur wird der Puffer für Entscheidungen allerdings deutlich kleiner.

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Ursula von der Leyen schloss allerdings zumindest mit der EKR-Fraktion eine künftige Zusammenarbeit nicht aus. "Es hängt sehr stark davon ab, wie sich das Parlament zusammensetzt und wer in welcher Fraktion sitzt", sagte sie bei einem Zusammentreffen von Spitzenvertretern der großen europäischen Parteifamilien im April. Von der Leyen möchte in der kommenden Legislatur erneut Kommissionspräsidentin werden.

Könnten sich die beiden Fraktionen zusammenschließen?

Die Fraktionsbildung findet in den Tagen nach der Wahl statt. Genau zu prognostizieren, welche Abgeordneten sich welcher Fraktion anschließen, ist allerdings nahezu unmöglich. Spätestens seit dem Ausschluss der AfD aus der ID sind Änderungen innerhalb der Fraktionen aber sehr wahrscheinlich. Unklar ist derzeit noch, ob die AfD in der kommenden Legislatur in eine der beiden Fraktionen aufgenommen wird, fraktionslos bleibt oder sich möglicherweise mit anderen Parteien zu einer neuen Fraktion zusammenschließt.

Ein Zusammenschluss der ID- und der EKR-Fraktion gilt allerdings als unwahrscheinlich, weil sich viele Positionen der beiden Fraktionen zu sehr unterscheiden. Für die ID würde es aber zum Problem werden, wenn eine Partei die Fraktion verlässt, denn dann wären nur noch Mitglieder aus sechs Staaten vertreten. Eine formell anerkannte Fraktion muss allerdings aus 23 Mitgliedern bestehen, die aus mindestens sieben Mitgliedsstaaten stammen.

Obwohl die beiden Fraktionen den Prognosen zufolge Sitze dazugewinnen, sind ID und die EKR von einer einflussreichen Position also weit entfernt.

In welchen Positionen unterscheiden sich die beiden Fraktionen?

Besonders groß sind die Differenzen in der Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die polnische PiS-Partei und die italienische Fratelli d'Italia aus der EKR-Fraktion stehen fest an der Seite der Ukraine, während die österreichische FPÖ und die italienische Lega aus der ID-Fraktion immer wieder Sympathien für Russland zeigen. Auch innerhalb der AfD gibt es eine Nähe zu Russland, weshalb eine Aufnahme der Partei in die EKR-Fraktion eher als unwahrscheinlich gilt.

Auch in ihrer Haltung zur EU selbst unterschieden sich die Fraktionen bisher teils deutlich. So hat AfD-Chefin Alice Weidel im Januar beispielsweise den Austritt Deutschlands aus der EU gefordert. Mehr dazu und zu möglichen Konsequenzen einer solchen Entscheidung lesen Sie hier. Die ehemaligen Fraktionskollegen der italienischen Lega und die französische RN vertraten in der Vergangenheit ähnliche Positionen. Nachdem sie festgestellt hatten, dass damit keine Wahlen zu gewinnen sind, schlagen die beiden Parteien bei diesem Thema mittlerweile allerdings gemäßigtere Töne an.

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Die EKR betont auf ihrer Webseite ihre liberalere Position, "nicht antieuropäisch" zu sein. Sie fordert ganz allgemein eine neue Ausrichtung der EU und übt Kritik an "übermäßiger Bürokratie" und zu hohen Regulierungen.

Ein weiterer wichtiger Ausschlussgrund für eine Kooperation zwischen den beiden Fraktionen ist, dass beispielsweise Frankreich und Belgien jeweils zwei rechtspopulistische bis -extremistische Parteien haben, die jeweils in unterschiedlichen EU-Fraktionen sitzen. Es besteht also eine Konkurrenz zwischen den jeweiligen Parteien auf nationaler Ebene, ein Zusammenschluss auf europäischer Ebene wäre für sie daher kontraproduktiv.

Gibt es Einigkeit innerhalb der ID-Fraktion?

Im Umgang mit Russland sind sich die Parteien innerhalb der ID-Fraktionen hingegen deutlich einiger. Der RN zeigt sich pro-russisch, Marine Le Pen erklärte im Mai sogar, dass die von Russland annektierte Halbinsel Krim russisch bleiben sollte. Seitens der österreichischen FPÖ gibt es ebenfalls Sympathien gegenüber Russland: Ende April verabschiedete das EU-Parlament eine Resolution, in der die Nähe der Partei zu dem von Putin geführten Land verurteilt wurde. Und auch Lega-Chef Matteo Salvini gilt als langjähriger Putin-Verehrer. Anfang April distanzierte er sich nach zunehmender Kritik aber offiziell von Russland.

Uneinig sind sich die Parteien der Fraktion allerdings im Umgang mit der AfD. Zwischen dem französischen RN und der AfD hat sich spätestens seit der Veröffentlichung der "Correctiv"-Recherchen zu dem Treffen in Potsdam eine Distanz entwickelt, die sich schließlich Mitte Mai nach den Skandalen um den AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah zum Bruch ausgeweitet hat. Der Ausschluss der AfD aus der ID war jedoch nicht einstimmig – die FPÖ und die estnische Partei EKRE stimmten dagegen, die Dänische Volkspartei äußerte sich zu dem Verfahren nicht. Wie entscheidend die Positionierung zu den deutschen Rechtspopulisten bis -extremisten für die Zusammenarbeit der Fraktion ist, ist allerdings zumindest fraglich.

Verwendete Quellen
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