"Brandgefährlich" Widerstand gegen rechtsextremen Ex-AfD-Politiker als Richter
Vom Verfassungsschutz wird er als Rechtsextremist eingestuft, trotzdem will Jens Maier in Sachsen jetzt wieder als Richter arbeiten. Politiker und der Zentralrat der Juden protestieren vehement.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hält eine mögliche Rückkehr des umstrittenen AfD-Politikers Jens Maier ins Richteramt für "brandgefährlich". "Es muss ganz deutlich sein: Wir dulden keine Verfassungsfeinde in den Reihen des öffentlichen Diensts", schreibt Georg Maier in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit" (Donnerstag). Der Innenminister hält den sächsischen AfD-Mann für ähnlich radikal wie Thüringens AfD-Chef Björn Höcke, der einst als Lehrer arbeitete. "Ein Jens Maier darf kein Richter sein, ein Björn Höcke kein Lehrer", machte Maier in dem Beitrag für "Die Zeit" klar.
Der AfD-Politiker Jens Maier hat bei der Bundestagswahl im Herbst sein Mandat im Parlament verloren und will nun in die sächsische Justiz zurückkehren. Er hatte vor seiner Abgeordnetentätigkeit als Richter am Landgericht Dresden gearbeitet.
Mitglied des extremistischen Flügels
Der sächsische Verfassungsschutz stuft Maier als Rechtsextremisten ein, wie im Oktober 2020 bekannt wurde. Begründet wurde die Entscheidung mit seiner Zugehörigkeit zum extremistischen "Flügel" der AfD, der sich im Frühjahr 2020 formal aufgelöst hatte. Höcke gilt als Begründer des "Flügels".
Thüringens Innenminister Maier warnt in dem Zeitungsbeitrag vor Gefahren für die Demokratie, die seiner Ansicht nach von außen und von innen angegriffen würde. "Es wird immer offensichtlicher, dass die AfD und andere extremistische Gruppierungen versuchen, in staatlichen Institutionen Land zu gewinnen", schreibt Maier. In Thüringen, wo der 54-Jährige auch Vize-Ministerpräsident ist, wurde der komplette AfD-Landesverband vom Landesverfassungsschutz bereits als gesichert extremistische Bestrebung und als Beobachtungsobjekt eingestuft.
Der SPD-Politiker kritisiert in dem "Zeit"-Beitrag auch den Umgang der sächsischen Justizministerin Katja Meier (Grüne) mit dem Fall Jens Maier. "Das Abwarten der zuständigen Ministerin in Sachsen aus formaljuristischen Gründen wirkt ziemlich unambitioniert", schreibt er. Man müsse das Disziplinarrecht schon als scharfes Schwert begreifen. Er plädiert für einen "härteren Umgang und schärfere" Maßnahmen gegen Extremisten im Staatsdienst. Der Staat brauche wieder "stärkere Möglichkeiten, Bewerber abzuwehren, die Verfassungsfeinde sind."
Vorgehen der Justizministerin "beschämend"
Auch der Zentralrat der Juden drängt darauf, die Rückkehr des AfD-Politikers zu verhindern. "Es erscheint mir, als seien hier die rechtlichen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft", sagte der Präsident des Rats, Josef Schuster, der Zeitung "taz". Dabei zeigt sich er sich ebenfalls unzufrieden mit der Argumentation der Justizministerin, die wiederholt argumentiert habe, ihr Haus könne eine Rückkehr nicht selbst verhindern. Diese Rechtsauffassung sei "wenig verständlich" und "beschämend". "Es ist für mich völlig inakzeptabel, wie eine Person, die nach Auffassung des Verfassungsschutzes rechtsextremistisch einzustufen ist und gegen das Grundgesetz agiert, als Richter eingesetzt werden kann", sagte Schuster.
Voraussetzung für das Richteramt sei das Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes, argumentierte Schuster. "Ich sehe in keiner Weise, wie dies bei einem Rechtsextremisten möglich sein soll. Damit liegen bei Jens Maier nach meiner Überzeugung die erforderlichen Voraussetzungen für eine Befähigung zum Richter nicht vor." Zuletzt hatte sich auch das Internationale Auschwitz Komitee entschieden gegen eine Rückkehr des früheren AfD-Abgeordneten gewandt.
Keine Denkverbote
Justizminiserin Meier selbst ließ ihr Vorgehen zunächst weiter offen. Sie wollte sich am Dienstag nach der Kabinettssitzung mit Verweis auf personalrechtliche Fragen nicht zu Einzelheiten äußern. Allerdings stellte sie klar, dass man sich beim weiteren Vorgehen keine Denkverbote auferlegen, sondern alle denkbaren Möglichkeiten ausschöpfen wolle. Sie spielte damit auf die Möglichkeit disziplinarischer Maßnahmen oder einer Richteranklage an.
Der Ministerin zufolge hat Maier bei einer Rückkehr in die sächsische Justiz einen Anspruch auf die gleiche Besoldung – in diesem Fall auf die Besoldungsstufe R 1 – ,aber nicht auf die gleiche Stelle. Maier war bis zum Einzug in den Bundestag 2017 am Landgericht Dresden tätig. Bis Mitte März muss ihm nun eine Stelle zugewiesen werden.
Landtag prüft Richteranklage
Im Landtag wird auch die Möglichkeit einer Richteranklage ausgelotet. Mit einer solchen Anklage kann das Parlament beim Bundesverfassungsgericht die Versetzung eines Richters in ein anderes Amt oder in den Ruhestand sowie sogar seine Entlassung beantragen. Für diesen Schritt ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag nötig.
Es wäre ein "unerträglicher Zustand, wenn ein Rechtsextremist auf einer Richterbank Recht spricht", erneuerte Grünen-Politiker Valentin Lippmann am Dienstag seine Haltung. Der Landtag sei in der Verantwortung zu prüfen, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland das Instrument der Richteranklage zu nutzen. Das Verfahren sei enorm schwierig und habe hohe verfassungsrechtliche Hürden, umso mehr verlange es eine intensive Prüfung.
- Nachrichtenagentur dpa