Landesverbände wenden sich ab "Die Werte-Union ist wie ein totes Pferd"
Ein Landesverband tritt aus, in zwei anderen wirft der Vorstand unter Protest hin: Spaltet sich die Werte-Union? Der neue Vorsitzende Max Otte reagiert gelassen.
Der neue Vorsitzende der Werte-Union, Max Otte, hat auf die Spaltungstendenzen in dem Zusammenschluss konservativer Unionsmitglieder gelassen reagiert. "Ich möchte das richtigstellen: Weder der Landesverband in Bayern noch der in Baden-Württemberg ist ausgetreten. Es sind Vorstände und Funktionäre ausgetreten", sagte Otte am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.
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"Das sind Hinterzimmerpolitiker, die meine Wahl nicht anerkennen wollen. Das sind verletzte Eitelkeiten." Rechtlich gesehen gehörten die Mitglieder zum Bundesverband und nicht zu den Landesverbänden. Otte sagte, Ein- und Austritte hielten sich die Waage. Die Werte-Union werde gestärkt aus diesem Prozess hervorgehen.
Otte: Vorwürfe "unterste Schublade"
Am Samstag hatte die bayerische Werte-Union jedoch bei einem Mitgliedertreffen einstimmig beschlossen, aus dem Bundesverband auszutreten. Sie gründete eine neue Plattform unter dem Namen "Konservativer Aufbruch für Werte und Freiheit", sagte die Landesvorsitzende Juliane Ried. Der Landesvorstand im Südwesten kündigte am Samstag fast geschlossen seinen Rückzug an. In Rheinland-Pfalz hatte der dortige Vorstand der Gruppierung schon im Juni mit sofortiger Wirkung seine Ämter niedergelegt. Grund sei Ottes "toxische" Wirkung auf die Wahrnehmung und Akzeptanz der Werte-Union, erklärte der bisherige Vorsitzende Peter Scholze.
Der rheinland-pfälzische Vorstand hatte erklärt, nach der Wahl Ottes sei eine weiter zunehmende "Bunkermentalität" und eine Radikalisierung zu befürchten. "Eine zielführende politische Arbeit im Sinne unseres Gründungsgedankens ist aus unserer Sicht unter diesen Vorzeichen unmöglich geworden", hieß es in der Erklärung Scholzes, seiner beiden Stellvertreter und dreier Beisitzer vom 6. Juni.
Zuvor Kontakte zur AfD
Otte war Ende Mai im Amt des Vorsitzenden auf den CDU-Mann Alexander Mitsch gefolgt, der seinen Rückzug verkündet hatte. Innerhalb der Werte-Union löste die knappe Wahl Ottes großen Streit aus. Der Fondsmanager war noch bis Januar 2021 Kuratoriumsvorsitzender der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung gewesen. Anfang Juni sagte Otte, dass er vor vier Jahren verkündet habe, er persönlich wähle die AfD, habe daran gelegen, dass er Kanzlerin Angela Merkel nicht habe wählen können. Das sei aber vier Jahre her und Merkel trete nicht mehr an. Das Thema sei abgeschlossen.
Der baden-württembergische Vizelandeschef Oliver Kämpf sagte der Deutschen Presse-Agentur, die von Mitsch gegründete Werte-Union gebe es praktisch nicht mehr. "Der Name ist zerstört." In einem Schreiben an den Bundesvorstand heißt es, es sei eine "Annäherung an völkische und nationalistische Themen" zu beobachten. Das laufe dem wertkonservativen und wirtschaftsliberalen Kurs der Landesvorstandsmitglieder zuwider. Nach Kämpfs Worten löst sich die Werte-Union langsam auf, vor allem im Süden Deutschlands habe es zahlreiche Rück- und Austritte gegeben.
"Die Werte-Union ist wie ein totes Pferd, von dem man absteigen muss", sagte er. Nach seinen Worten hat die Organisation noch etwa 3.700 Mitglieder. Die CDU hat insgesamt rund 400.000 Mitglieder, rund 140.000 sind es bei der CSU. Otte wehrte sich gegen die Vorwürfe aus Baden-Württemberg: "Das ist unterste Schublade. Ich weise das entschieden zurück und lasse rechtliche Schritte dagegen prüfen."
Werte-Union das "Gewissen der CDU"
Der Ökonom betonte: "Ich stehe loyal zur CDU, ich habe nie an einen Austritt gedacht." Nun sagte er mit Blick auf die Bundestagswahl: "Es ist nicht Aufgabe der Werte-Union Wahlkampf für die CDU zu machen. Wir sehen uns als das Gewissen der CDU." Otte erklärte, er sehe "das Ausmaß der Corona-Auflagen sehr sehr kritisch." Er habe auch auf Querdenker-Demonstrationen gesprochen, bevor er Vorsitzender der Werte-Union wurde. "Jetzt als Vorsitzender würde ich das nicht mehr tun."
Positiv äußerte sich Otte über den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet: "Ich habe mich in der CDU-internen Wahl für Herrn Laschet ausgesprochen und gegen Herrn Merz. Laschet steht für einen rheinischen Kapitalismus, die soziale Marktwirtschaft." Er äußerte Verständnis dafür, dass der CDU-Chef derzeit nicht mit der Werte-Union sprechen wolle. Dies sei "taktisch nicht unklug", aber: "Auf Dauer wird Herr Laschet nicht an uns vorbeikommen." Friedrich Merz sei durch seine frühere Lobbytätigkeit belastet und sollte "kein Staatsamt übernehmen, auch wenn die Lobbytätigkeit ruht".
Nachrichtenagentur dpa