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Steinmeier-Vorschlag: Pflichtdienst in Deutschland? "Unersetzlich" | Pro & Kontra


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Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Debatte über Steinmeier-Vorschlag
Was einen Pflichtdienst schier unersetzlich macht

Pro & KontraVon Martin Trotz, Mario Thieme

Aktualisiert am 15.06.2022Lesedauer: 1 Min.
Ein junger Mann betreut eine alte Frau: Ob es einen sozialen Pflichtdienst geben sollte, wird auch bei t-online kontrovers diskutiert.Vergrößern des Bildes
Ein junger Mann betreut eine alte Frau: Ob es einen sozialen Pflichtdienst geben sollte, wird auch bei t-online kontrovers diskutiert. (Quelle: epd/imago-images-bilder)

Frank-Walter Steinmeier spricht sich für die Einführung eines Pflichtdienstes für junge Menschen aus. Damit hat der Bundespräsident eine Debatte entfacht.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier befürwortet die Einführung eines sozialen Pflichtdienstes. Er hat konkrete Vorstellungen, wo junge Menschen ihn leisten sollen. Das müsse nicht bei der Bundeswehr sein, die soziale Pflichtzeit könne "genauso bei der Betreuung von Senioren, in Behinderteneinrichtungen oder in Obdachlosenunterkünften geleistet werden".

Familienministerin Lisa Paus hält dagegen und plädiert dafür, den jungen Menschen die Freiheit zur eigenen Entscheidung zu lassen. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey findet den sozialen Pflichtdienst für junge Menschen "überlegenswert". Steinmeiers Vorschlag hat eine Debatte über eine soziale Pflichtzeit angestoßen.

Sollte in Deutschland ein sozialer Pflichtdienst eingeführt werden?

Pro
Martin TrotzHead of Audiovisuals & Social

Ja, denn das wäre längst nicht nur ein Dienst an der Gesellschaft

Zugegeben, der Zivildienst beim Behindertenverband Neubrandenburg liegt beim Autoren dieses Textes schon 17 Jahre zurück. Trotzdem sind die Erinnerungen allgegenwärtig, tief verankert und prägend für das ganze Leben. Und genau das trifft den Kern, warum es einen sozialen Pflichtdienst braucht, wie ihn Bundespräsident Steinmeier vorschlägt.

Sein Vorgänger Joachim Gauck mahnte einst: "Es gibt in der Demokratie nicht nur eine Bringschuld der Politik, sondern auch eine Holschuld der Bürger." Doch es geht nicht nur um einen Beitrag für unsere Demokratie und das Interesse an den Problemen einer Gesellschaft mit einer der ältesten Bevölkerungen der Welt, um die wir uns kümmern müssen.

Auch wenn unsere Jugend mit starken Werten ausgestattet und sensibel ist für die Herausforderungen unserer Zeit: Orientierung, Horizonterweiterung, persönliche Erfahrungen und Werte machen einen Pflichtdienst schier unersetzlich. Die Nähe zu Menschen mit Behinderung, die Bedeutung der Wehrhaftigkeit unseres Landes in der Praxis, während mitten in Europa ein Krieg tobt, die mögliche berufliche Ausrichtung durch eine Arbeit im Umweltschutz täten gut. Ausdrücklich nicht gewollt ist die Mehrbelastung von Fachkräften auf Intensivstationen in Krankenhäusern oder Heimen, weil Pflichtdienstleistende dort in eine komplexe Arbeit lange eingearbeitet werden müssten. Doch es gibt auch so definitiv genug zu tun und zu helfen.

Darum: raus aus der Blase, rein in den Dienst der Gesellschaft. Der sollte ein Dreivierteljahr oder ein ganzes Jahr dauern. Zeit für die Selbstverwirklichung bleibt genug. Gerade das Pflichtjahr hilft, in unserer Gesellschaft der 1.000 Möglichkeiten und Perspektiven gleichzeitig den eigenen Kurs zu finden.

Kontra
Mario ThiemeCommunity-Redakteur

Nein, denn es widerspricht Individualität und Selbstverwirklichung

Soziales Engagement ist richtig und wichtig. Die Arbeitsbedingungen sowie die Bezahlung von Berufen in diesem Bereich müssen stetig verbessert werden, um erstens schon vorhandenes Personal wertzuschätzen und zweitens die Berufe für junge Leute attraktiv zu machen. Eine Pflicht ist dabei nicht der richtige Weg.

Ja, Solidarität ist spätestens seit Corona das Gebot der Stunde. Da kann schon einmal vergessen werden, dass Freiwilligkeit und Selbstverwirklichung ebenso wichtige Grundsätze sind. Als jemand, der den Dienst an der Waffe verweigerte und stattdessen Zivildienst leisten musste, weiß ich, wie sehr so eine Pflichtzeit den eigenen persönlichen sowie beruflichen Interessen und Wünschen entgegenstehen kann. Dabei wird jungen Menschen in dieser individualistischen und nach Erfolg strebenden Gesellschaft doch schon früh eingetrichtert: Geh deinen Weg, verdien Geld, mach Karriere, steig auf, verwirkliche dich selbst – und zwar zügig, damit du so schnell wie möglich (auch in solidarischem Sinne) in die Sozialkassen einzahlst!

Ein Pflichtjahr kann Pläne verschieben oder gar durchkreuzen, wird in der Regel schlecht vergütet und steht der individuellen Freiheit, sich selbst entfalten zu können, entgegen. Letztere haben die junge Generation Z und die kommende Generation Alpha, um die es bei Steinmeiers Vorstoß ja vorrangig geht, verinnerlicht. Ob sie einen Pflichtdienst überhaupt mitmachen würden, ist fraglich.

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