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Lindner soll Notlage erklären: DIW-Chef


Druck wegen Schulden wächst
Spitzenökonom: Lindner soll Notlage erklären

Von t-online, wan

17.05.2024Lesedauer: 3 Min.
Bundesfinanzminister Christian Lindner bei der Vorstellung der Steuerschätzung (Archivbild): Die Rufe nach mehr Schulden werden immer lauter.Vergrößern des Bildes
Bundesfinanzminister Christian Lindner bei der Vorstellung der Steuerschätzung (Archivbild): Die Rufe nach mehr Schulden werden immer lauter. (Quelle: Liesa Johannssen)
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Weniger Steuern, mehr Ausgaben, doch Bundesfinanzminister Christian Lindner will nicht mehr Schulden machen. Druck kommt jetzt von Ökonomen und der SPD.

DIW-Präsident Marcel Fratzscher hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nach der jüngsten Steuerschätzung dazu aufgefordert, seinen Widerstand gegen das Aussetzen der Schuldenbremse aufzugeben. "Die Steuerschätzung vergrößert das Problem des Bundesfinanzministers. Er sollte nun die Unvereinbarkeit seines Austeritätskurses mit der Schuldenbremse eingestehen und sich einen Ruck geben, eine pragmatische und zukunftsorientierte Lösung zu finden", sagte Fratzscher der "Rheinischen Post".

Weiterhin schlug Fratzscher vor, dass die Bundesregierung für den Ukraine-Krieg und die Ausgaben für Verteidigung eine erneute Notlage erklärt, um sich den notwendigen Spielraum für den Abschluss des Haushalts 2025 zu schaffen. Laut dem Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) müssten andernfalls die notwendigen Einsparungen weit über die bisher genannten 25 Milliarden Euro hinausgehen – und keine noch so drastischen Kürzungen würden diese Lücke füllen.

Fratzscher argumentierte weiter, ein solcher Minimalkonsens würde es dem Bundesfinanzminister erlauben, das Gesicht zu wahren und gleichzeitig das Signal zu senden, dass er weiterhin einen harten Sparkurs fährt. Lindner lehnt jedoch ein Aussetzen oder Aufweichen der Schuldenbremse bisher strikt ab.

Ökonom fordert Sondervermögen und Umschichtung

Aus München kommt derweil ein anderer Ansatz, um das Haushaltsproblem zu lösen. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, hat sich für ein neues kreditfinanziertes Sondervermögen für den Ausbau der Infrastruktur ausgesprochen. "Finanzpolitisch spricht derzeit viel dafür, öffentliche und private Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Dekarbonisierung, die Förderung sowie Verteidigungsausgaben zu priorisieren", sagte Fuest der "Rheinischen Post".

Fuest schlug weiterhin vor, dass Ausgaben aus anderen Bereichen umgeschichtet werden sollten und dass man neue Kredite aufnehmen könnte. Seine Anregung: Die Ampelkoalition solle auf die Union zugehen und gemeinsam ein Sondervermögen im Grundgesetz verankern.

Sollte keine Einigung mit der Union erzielt werden, stehe die Bundesregierung vor der schwierigen politischen Aufgabe, Kürzungen im Sozialbereich und Steuererhöhungen vorzunehmen, so der Ökonom. Das aber ist kaum machbar: Kürzungen im Sozialbereich sind mit SPD und Grünen kaum umzusetzen und Steuererhöhungen mit der FDP nicht. Es könnte dazu kommen, dass der Bund bei Subventionen und investiven Ausgaben Abstriche machen müsse, erklärte der Münchner Ökonom.

In der SPD regt sich Unmut

Der Sparkurs von Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner (FDP) sorgt in der SPD auf zunehmend Kritik. "Die SPD wird diesen Sparkurs auf keinen Fall mitmachen", sagte der Bochumer Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer dem Magazin "Stern". "Gegen die permanenten Sticheleien der Liberalen müssen wir uns wehren. Ich wünsche mir einen Befreiungsschlag vom Kanzler."

Auch der Wirtschaftspolitiker Sebastian Roloff, Mitglied im SPD-Parteivorstand, kritisierte den Sparkurs. "Mir fehlt langsam endgültig die Fantasie, wie man unter den gegebenen Umständen einen vernünftigen Haushalt aufstellen will", sagte Roloff dem "Stern". Er warnte davor, nun beispielsweise bei Investitionen, Integrationsmaßnahmen und Konsulaten zu sparen. "Im Gegenteil: Dieses Land braucht dringend Investitionen." Zuletzt hatte sich Kanzler Olaf Scholz im Haushaltsstreit an die Seite von Lindner gestellt und die Minister an die Sparvorgaben erinnert. Es sei jetzt mal Schwitzen angesagt, so Scholz.

Widerstand auch aus Ministerien

Mehrere Bundesministerien wollen sich aber nicht an die Vorgaben halten. Er akzeptiere einige Einreichungen nicht, sagte der Finanzminister. Harte Gespräche erwartet werden etwa über den Etat von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD).

Für den Haushalt gibt es auch noch weitere Risiken. Lindner verwies auf mögliche Milliarden-Mehrausgaben für die Förderung der erneuerbaren Energien. Bis Anfang Juli will er im Kabinett eine Einigung über den Haushalt 2025 hinbekommen. Dann folgen die Beratungen im Bundestag, die sich bis in weit in den Herbst ziehen dürften.

Der Minister sprach von einer Lücke im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich. Er hat Leitplanken eingezogen: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse soll unbedingt eingehalten werden – bei SPD und Grünen sehen das viele anders. Lindner sagte bei der Vorstellung der Steuerschätzung, auch eine zusätzliche Unterstützung der Ukraine könne ohne eine Ausnahme der Schuldenbremse geleistet werden.

In dem Fall wären dann aber vermutlich größere Umschichtungen im Etat nötig. Die Schuldenbremse sieht vor, dass nur in einem begrenzten Rahmen neue Schulden gemacht werden dürfen. Allerdings steigen vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur hier die Spielräume.

Verwendete Quellen
  • Vorabmeldungen von Rheinischer Post und Stern
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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