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TV-Duell zwischen Björn Höcke und Mario Voigt: So verlief der Schlagabtausch


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TV-Duell
Da ist selbst Höcke baff

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

Aktualisiert am 12.04.2024Lesedauer: 5 Min.
Mario Voigt (CDU) und Björn Höcke (AfD, r.): Die Parteichefs debattieren live.Vergrößern des Bildes
Björn Höcke (r.) und Mario Voigt: "Gehacktes" zur besten Sendezeit. (Quelle: t-online, Partner: IMAGO / Funke Foto Services, Nordphoto)
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Mettbrötchen, rassistische Parolen und kanzlerhafte Erinnerungslücken: So lief das TV-Duell zwischen den Thüringer Spitzenkandidaten Björn Höcke (AfD) und Mario Voigt (CDU).

Der bekannteste Rechtsextremist des Landes zur besten Sendezeit im Fernsehen: Selten wurde ein TV-Duell so viel beachtet wie das zwischen dem Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke und CDU-Landeschef Mario Voigt. Experten warnten, Kritiker zerfetzten es bereits vorab. Der Tenor: Voigt kann nur wenig richtig, aber fast alles falsch machen. So lief das Duell ab:

Die heißesten Themen

Die EU: Ein Streit zwischen Höcke und Voigt über den Höcke-Satz: "Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann" führte überhaupt erst zum TV-Duell. Die Moderatoren steigen deswegen mit dem Thema in das Streitgespräch ein, geben ihm viel Raum – vor allem angesichts der Tatsache, dass hier zwei Landespolitiker diskutieren.

Für Höcke die perfekte Vorlage für populistische Parolen: Er wettert gegen das "zentralistische Bürokratiemonster", die Klimapolitik der EU, den Green Deal, nennt die EU eine "Globalisierungsagentur", ein "Europa der Lobbyisten und Großkonzerne" und die CDU eine "Wohlstandsvernichterpartei".

Voigt betont die Vorteile des Binnenmarkts, die Nachteile des Brexits, rechnet Nachteile eines EU-Austritts für den durchschnittlichen Thüringer aus. Doch Höcke hat mehr Redeanteile, er dominiert.

Migration: Höcke schießt gegen die CDU, kritisiert Merkels "Willkommenskultur" und sagt: "Das Weltsozialamt Deutschland ist geschlossen." Mehrfach verwendet er den Begriff "Remigration", will ihn offensichtlich noch weiter verbreiten.

Unter Rechtsextremisten ist "Remigration" ein wichtiger Kampfbegriff – und meint in der Regel die Vertreibung, mindestens aber Rückführung von Zuwanderern und Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland, auch von solchen mit deutschem Pass. Breiter bekannt wurde der Begriff durch das Treffen von AfD-Politikern mit Martin Sellner in Potsdam im November 2023, das wegen der dort offenbar diskutierten rechtsradikalen Vertreibungspläne bundesweit Entsetzen und Massendemos auslöste.

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Im TV-Duell definiert Höcke den Begriff plötzlich neu, wesentlich freundlicher: nämlich als das Zurückholen von deutschen Fachkräften, die Deutschland verlassen haben. Voigt aber lässt ihm das nicht durchgehen, wirft ihm Feigheit vor: "Sie reden hier anders als auf ihren Parteitagen", sagt er. "Ich hätte wenigstens erwartet, dass Sie zu dem stehen, was sie wollen."

Voigt betont: Die CDU habe im Saale-Orla-Kreis gerade die Arbeitspflicht für Flüchtlinge eingeführt, im einzigen AfD-geführten Landkreis (Sonneberg) aber passiere: "NICHTS". Wer arbeite, wer sich an Recht und Gesetz halte, wer sich ein besseres Leben aufbauen wolle, der sei willkommen in Thüringen – und Fachkräfte brauche das Land dringend. Jeder vierte Arzt in Thüringer Krankenhäusern komme aus dem Ausland, Höcke vertreibe diese Menschen.

Er ledert richtig los, bezeichnet Höcke als "Reichskanzler" und als "Gift für das Land, das meine Heimat ist". Da ist selbst der rechtsradikale Höcke baff: "Jetzt werden Sie aber radikalpopulistisch."

Höckes Buch und die NS-Vergangenheit: Angesprochen auf sein Buch "Nie zweimal in denselben Fluss" hat Höcke plötzlich kanzlerhafte Erinnerungslücken.

Dort schreibt er, dass "wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind mitzumachen". Und meint mit dem "Aderlass": jene Deutsche, die nicht dieselben Ziele teilen wie er – also schlicht Andersdenkende, die Opposition. Und: Die heutige Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz habe in Deutschland "nichts verloren".

Konfrontiert mit den Stellen rudert Höcke zurück, wird dünnhäutig, wirkt gereizt und unsouverän. Das Buch sei "jetzt sechs Jahre her", er habe das "Zitat jetzt nicht parat", habe die "Dame jetzt nicht mehr auf dem Schirm".

Die absurdeste Szene

Streit ums Mett: Beim Lieferkettengesetz kommt Höcke auf Thüringer Fleischer zu sprechen, er will ein konkretes Beispiel bringen und redet dabei erst von "gehacktem Brötchen", dann von "Mett-Brötchen". Voigt korrigiert ihn prompt: "In Thüringen heißt das Gehacktes, wenn Sie sich in der Heimat auskennen würden …". Höcke, der aus dem Westen stammt, reagiert allergisch, sagt laut: "Ich hab gerade gesagt: GEHACKTES Brötchen."

Die Körpersprache

Höcke geht immer wieder in die Denkerpose, legt seinen Handrücken unters Kinn, es wirkt eingeübt und seltsam abgegriffen, wie eine Postkarte. Während Voigt redet, schaut Höcke ihn nicht an, stattdessen blickt er nur starr nach vorne.

Voigt agiert dagegen deutlich zugewandter, versucht den Blickkontakt mit Höcke zu halten. Vor allem in der ersten Hälfte des Duells spricht er allerdings zu langsam und wirkt mitunter roboterhaft.

Die Moderatoren: Schlechter geht es kaum

Über weite Strecken sind Welt TV-Chefmoderatorin Tatjana Ohm und Chefredakteur Jan Philipp Burgard gar nicht spürbar – obwohl es dringend nötig wäre. Fakten ordnen sie nicht ein, wirken kaum vorbereitet. Verwiesen wird stattdessen auf einen Faktencheck, der am nächsten Tag auf der Homepage von Welt TV erscheinen soll – viel zu spät, und bei einem umstrittenen Gast wie Höcke fatal.

Gegen Ende des Duells steuern die Moderatoren dann über, fallen Höcke immer wieder ins Wort. Zwar haken sie scharf nach, als es um die SA-Parole "Alles für Deutschland" geht, wegen deren wiederholter Verwendung Höcke ab nächster Woche in Halle vor dem Landgericht steht. Aber dem Durchschnittszuschauer machen Ohm und Burgard nicht klar, warum die "Ich habe von nichts gewusst"-Taktik des Geschichtslehrers und Faschisten Höcke vollkommen unglaubwürdig ist. Schlechter geht es kaum.

Voigt: Faktencheck und Populismus

CDU-Spitzenkandidat Voigt startet schwach, rappelt sich dann auf, zur Hälfte der Sendung bekommt er die Kurve. Was die Moderatoren an kritischer Einordnung nicht liefern, übernimmt Voigt: Er konfrontiert Höcke immer wieder mit einem "Faktencheck" sofort am Pult und zeigt sich gut vorbereitet.

Keine schlechte Strategie, für den Zuschauer ist das hilfreich. Noch stärker als durch inhaltlichen Widerspruch bringt Voigt sein Gegenüber allerdings durch populistische Angriffe ins Schwitzen. „Weinen Sie jetzt nicht“, wirft er Höcke einmal an den Kopf – der Diskussion hilft das inhaltlich nicht.

Höcke: Plötzlich schwacher Strippenzieher

Der in der AfD so mächtige Strippenzieher Höcke erhält viel Platz für rechtspopulistische bis -radikale Kampfbegriffe. Allerdings wirkt er auch schlecht vorbereitet und ab der Hälfte des Duells zeigt er sich schwach, wird patzig und scheint in die Enge getrieben.

Höcke dürfte das nicht schaden, immerhin kann er so die Opferrolle ausspielen; eine Rolle, die die AfD so liebt. Schon während des Duells deutet er an, dass Voigt die Fragen der Moderatoren im Gegensatz zu ihm wohl vorab gekannt habe – und verweist dann auf einen alternativen Faktencheck mit AfD-Politikern auf X.

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Fazit: Voigt weist Höcke in die Schranken

Die von manchen Experten befürchtete Vollkatastrophe ist ausgeblieben. Zumindest streckenweise weist Voigt den AfD-Rechtsaußen Höcke auffallend deutlich in die Schranken und benennt dessen Extremismus klar. Auch mancher Zuschauer dürfte so profitiert haben: Die Unterschiede zwischen CDU und AfD werden deutlich, auch in Thüringen, wo sich die beiden zuletzt – zumindest inhaltlich – immer mehr annäherten.

Aber auch Höcke zieht seinen Nutzen aus dem Format: Er schafft es, falsche Zahlen und wichtige rechtspopulistische bis -radikale Begriffe für ein Massenpublikum zu platzieren. Und er bekommt so prominente Sendezeit wie nie.

Verwendete Quellen
  • WELT TV: Duell zwischen Björn Höcke und Mario Voigt
  • Eigene Beobachtung
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