Reederei-Chef zu Tumulten um Habeck "Keine Minute mehr, sonst wäre der Mob an Bord gewesen"
Mehrere Personen versuchten, die Fähre mit Vizekanzler Habeck an Bord zu stürmen. Der Reederei-Chef zeigt nun auf, wie kritisch die Lage tatsächlich war.
Eine wütende Menge drängte sich am Donnerstagabend zu einer Fähre am Hafen von Schlüttsiel (Schleswig-Holstein). An Bord: Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). Nur in letzter Sekunde sei es dem Kapitän des Schiffes gelungen, die Demonstrierenden daran zu hindern, die Fähre zu erstürmen, so der Geschäftsführer der Wyker Dampfschiffs-Reederei, Axel Meynköhn, zur Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Demnach habe der Kapitän gerade noch rechtzeitig ablegen können, bevor die wütende Menge das Schiff betreten hätte.
Die etwa 30 Fahrgäste der Fähre seien von den Demonstranten daran gehindert worden, die Fähre zu verlassen. Ein Lastwagenfahrer an Bord der Fähre sei sogar dazu gezwungen worden, wieder zurück auf die Fähre zu fahren. Meynköhn bezeichnet den Vorfall als "schlimmen Vorgang", da auch medizinische Notfälle an Bord hätten sein können.
Der Kapitän des Schiffes traf in Anbetracht der Situation und in Rücksprache mit Habecks Personenschützern sowie der örtlichen Polizei die Entscheidung, wieder abzulegen. Hätte er diese Entscheidung eine Minute später getroffen, wäre die Fähre gestürmt worden, konstatiert Reederei-Geschäftsführer Meynköhn. "Es war keine Minute zu spät, sonst wäre der Mob an Bord gewesen, mit nicht auszudenken Folgen", erklärt er weiter.
Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs und Nötigung
Die Fähre sei dann erst einmal mit allen Passagieren samt Wirtschaftsminister Habeck zurück zur Hallig Hooge gefahren. Laut Meynköhn gehe es nicht nur allein um den Vizekanzler, sondern vielmehr um die Gesamtheit des Schiffes, seiner Passagiere und der Besatzung. Demnach sei hier "ganz klar genötigt" worden. Auch habe es einen solchen Vorfall in der fast 140-jährigen Geschichte der Wyker Dampfschiffs-Reederei noch nicht gegeben, so Meynköhn.
Der Eskalation und der Beinahe-Stürmung der Fähre war ein Aufruf zu einem spontanen Protest von Landwirten aus der Region vorangegangen, wie der "Schleswig-Holsteiner Zeitungsverlag" berichtet. In nur wenigen Stunden sollen sich die Demonstrierenden über private Kommunikationswege und Facebook-Gruppen zusammengeschlossen haben, um gemeinsam mit Traktoren zum Fährhafen Schlüttsiel im Kreis Nordfriesland zu fahren, wo die Fähre des Vizekanzlers erwartet wurde.
Zuvor war der Bundeswirtschaftsminister von einem privaten Besuch von der Hallig Hooge zurückgekehrt. Nun ermittelt die Polizei wegen Landfriedensbruchs und Nötigung. Hier lesen Sie mehr dazu.
- Nachrichtenagentur dpa