Internes Papier So will Kanzler Scholz für mehr Abschiebungen sorgen
Platzt jetzt der Knoten bei den Probleme in der Flüchtlingspolitik? Vor dem Bund-Länder-Gipfel zeichnet sich immerhin eine Lösung beim Thema Abschiebungen ab.
Seit Monaten schwelt der Streit zwischen Bund und Ländern um die wachsende Zahl der Flüchtlinge in Deutschland. Besonders bei der Frage der Unterbringung der geflohenen Menschen und deren Finanzierung schieben sich die Bundesregierung und die Länderchefs die Verantwortung hin und her.
Am Mittwoch treffen sich deshalb Vertreter beider Ebenen zum Bund-Länder-Flüchtlingsgipfel. Dort wird es aber nicht nur ums Geld gehen, sondern auch um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber, die aktuell häufig noch lange in Deutschland leben, obwohl sie eigentlich das Land verlassen müssen.
In der zweiten Angelegenheit prescht das Kanzleramt jetzt nach vorne. In einer Beschlussvorlage, die t-online vorliegt, führen Beamte aus dem Haus von Olaf Scholz (SPD) mehrere Punkte auf, um Abschiebungen künftig zu beschleunigen.
Scholz' Abschiebe-Plan
"Bund und Länder werden die Zahl der Rückführungen ausreisepflichtiger Personen steigern", heißt es in dem Papier. Konkret seien dafür eine ganze Reihe "gesetzgeberischer Maßnahmen" erforderlich, um die "Rahmenbedingungen für Abschiebungsmaßnahmen zu verbessern":
- Schnelle Abschiebungen: Um Ausreisepflichtige direkt abzuschieben, befürwortet das Kanzleramt die "Einrichtung zentraler Ankunftseinrichtungen". Aus diesen heraus sollen Rückführungen "auch direkt" möglich sein. Hierbei, so die Beschlussvorlage, sollen die Länder Abschiebungshaftplätze "in ausreichender Zahl einrichten und vorhalten".
- Abschiebehaft: "Die Haftgründe im Asylrecht sollen erweitert werden." Die Haft soll auch dann weitergehen können, wenn ein Asylbewerber einen Folgeantrag für Asyl gestellt hat. Neu und umstritten dürfte folgender Satz sein: "Der Verstoß gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote wird als eigenständiger Haftgrund außerhalb der Fluchtgefahr geregelt." Das heißt: Personen, die trotz entsprechendem Verbot (wieder) nach Deutschland einreisen, "werden so künftig in Abschiebungshaft genommen werden können".
- Längere Gewahrsamszeit: "Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll verlängert werden." Aktuell beträgt die maximale Gewahrsamszeit zehn Tage, künftig sollen es 28 Tage sein. Das Ziel des Kanzleramts: "So können künftig Abschiebungsmaßnahmen sorgfältig vorbereitet und besser durchgeführt werden."
- Zugang zu Gemeinschaftsunterkünften: Bislang scheitern Abschiebungen in der Praxis oft daran, dass Beamte Flüchtlingsunterkünfte nur nach langwierigen Verfahren überhaupt betreten dürfen. Damit soll nun Schluss sein: "Den Behörden soll es erleichtert werden, Gemeinschaftsunterkünfte zu betreten. Es soll geregelt werden, dass die Behörden Abschiebungen effektiver vorbereiten und durchführen können, indem sie auch andere Räumlichkeiten als das Zimmer des Betroffenen in der Unterkunft betreten können."
- Laufende Klagen: Bislang können Abschiebungen scheitern, wenn gegen den Flüchtling Klage erhoben ist oder ein Ermittlungsverfahren läuft – es muss also die Staatsanwaltschaft an der Abschiebung beteiligt werden. "Dies erschwert es, die Ausreisepflicht durchzusetzen." Diese Fälle sollen deshalb "reduziert werden".
Das Papier ist noch nicht verabschiedet. Es handelt sich lediglich um Vorschläge für neue Abschieberegeln – gerade beim Thema Haft dürfte es aus einigen Ländern, in denen SPD, Grüne oder Linkspartei regieren, Gegenwind geben.
Der Flüchtlingsgipfel ist für Mittwoch geplant. Eine Einigung in den ebenso hart umstrittenen Finanzfragen zeichnet sich auf Basis des Beschlusspapiers noch nicht ab. Stattdessen rechnet das Kanzleramt den Ländern in der Vorlage nur vor, wie viel der Bund ihnen bereits an Geld zu Verfügung gestellt hat.
- Eigene Recherchen