"Bitte alle teilnehmen" Impfgegner manipulieren offenbar systematisch Online-Umfragen
Mit Umfrage-Tools wie "Opinary" fragen Medien das Stimmungsbild ihrer Leser ab. Nun zeigt sich: Impfgegner verabreden sich auf Telegram und Facebook, um die Ergebnisse in ihrem Sinn zu beeinflussen.
Impfgegner versuchen offenbar systematisch, Umfragen von Online-Medien zu Corona-Themen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Nach Recherchen von "tageschau.de" werden Links zu Umfragen in einschlägigen Gruppen auf Telegram und Facebook geteilt – mit dem Aufruf, sich massenhaft daran zu beteiligen. So sollen gesellschaftliche Mehrheiten simuliert werden, die gar nicht existieren.
Ende Januar startete beispielsweise "faz.net" eine Umfrage zu einer möglichen Impflicht in Deutschland. Geteilt wurde sie auch in einem Telegram-Kanal, der laut Selbstbeschreibung "alle bekannten Umfragen aus den Mainstream-Medien veröffentlicht". Das Ergebnis der Umfrage: 65 Prozent der Teilnehmenden sagten "Nein, auf keinen Fall" zur Impfpflicht – eine deutliche Abweichung von repräsentativen Umfragen, laut denen die Mehrheit eine Impfpflicht für Erwachsene befürwortet.
Auf Umfragen von t-online werden auf Telegram geteilt
Laut "tagesschau.de" hat der Telegram-Kanal 6.000 Abonnenten, wenn die Aufrufe in größeren Kanälen geteilt werden, würden aber bis zu einer halben Million Nutzer erreicht. Auch Links zu Umfragen auf t-online würden dort geteilt. Bisweilen führten die Massenaufrufe dazu, dass Umfragen offline gestellt wurden.
So habe beispielsweise "merkur.de" eine Umfrage zu einem "Versammlungs-Lockdown" nach einer mutmaßlichen Beeinflussung offline gestellt. Ein Funktionär der rechtsextremen "Querdenker"-Partei "Die Basis" hatte die Umfrage geteilt mit den Hinweisen "bitte alle teilnehmen" und "ganz super fleißig teilen". Mehr als 440.000 Personen hätten den Aufruf gesehen, mehr als 50.000 Stimmen hätten sich schließlich gegen das Versammlungsverbot ausgesprochen. "Wie viele davon auf diesen und weitere Aufrufe zu der Umfrage auf anderen Telegramkanälen zurückgehen, lässt sich allerdings nicht feststellen", so "tagesschau.de".
Viele Medien – auch t-online – nutzen für ihre Umfragen das Tool der Berliner Firma "Opinary". Deren Mitgründerin Pia Frey sagte "tagesschau.de", dass täglich etwa 500 Stimmen herausgefiltert würden, die unter "bestätigtem Manipulationsverdacht stehen". Das System schlage Alarm, wenn "mehrfaches Abstimmen von einer IP-Adresse registriert wird, sich ein auffallender Wechsel im Stimmungsbild in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum vollzieht, oder wir überdurchschnittlich viele Stimmen auf einer Umfrage verzeichnen".
- tageschau.de: Stimmungsmache mit Online-Umfragen